re:publica: Die Zukunft der Arbeit steht auf dem Prüfstand

Markus Beckedahl, Gründer und Chefredakteur von netzpolitik.org, spricht auf der Digitalkonferenz re:publica in Berlin. Foto: Sophia Kembowski
Markus Beckedahl, Gründer und Chefredakteur von netzpolitik.org, spricht auf der Digitalkonferenz re:publica in Berlin. Foto: Sophia Kembowski

Intelligente Maschinen gewinnen beim Brettspiel Go gegen den amtierenden Weltmeister, Roboter produzieren vollautomatisch Autos ohne menschliches Zutun. Und digitale Assistenten auf dem Smartphone wissen alles über die Vorlieben des Nutzers. Müssen wir uns darauf einstellen, dass intelligente Maschinen künftig auch kognitive Aufgaben bewältigen, die bislang den Menschen vorbehalten waren? Sind wirklich 40 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland durch die Entwicklung der Industrie 4.0 in Gefahr?

Die die tiefgreifenden Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt werden in der kommenden Woche auch auf der re:publica in Berlin eines der zentralen Themen sein. Der klassische Arbeitsplatz im Büro dürfte auf jeden Fall bald der Vergangenheit angehören, sagte Sabine Bendiek, Chefin von Microsoft Deutschland, im Gespräch mit der dpa. Doch die technologischen Fortschritte eröffneten dafür eine Vielzahl neuer, attraktiver Möglichkeiten.

 

Werden wirklich alle Arbeitnehmer vom technologischen Wandel auch profitieren? Das Weltwirtschaftsforum in Davos veröffentlichte im Januar eine Studie, wonach bis 2020 mehr als fünf Millionen Jobs weltweit durch die Digitalisierung verschwinden werden. Die «Vierte Industrielle Revolution» werde mit anderen Faktoren zusammen einen «perfekten Sturm der Veränderung» auf die Geschäftsmodelle in allen Industriebereichen hervorbringen» heißt es dort. Es würden jedoch auch ganz neuartige Jobs entstehen, die altbekannte ersetzen. In Deutschland werden demnach vor allem Arbeitsplätze in Büro und Verwaltung, im Handel sowie im Bereich Transport und Logistik von den Veränderungen erfasst.

 

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wird sich am kommenden Dienstag der Diskussion auf der re:publica stellen. In der Vergangenheit seien durch technologische Innovationen zwar immer wieder Tätigkeiten in großem Umfang weggefallen, gleichzeitig seien aber auch neue Beschäftigungsfelder hinzugekommen, stellt das Ministerium in seinem «Grünbuch Arbeiten 4.0» fest. «Für die künftige Entwicklung werden die positiven Beschäftigungseffekte von einigen Experten jedoch infrage gestellt.»

 

Das Ministerium stützt sich dabei unter anderem auf eine US-Studie aus dem Jahr 2013. Während durch die Computerisierung in der Vergangenheit meist Routine-Arbeiten von Maschinen übernommen wurden zeichnen die Forscher für die aktuelle Zukunft ein düsteres Bild. Demnach werden diesmal intelligente Maschinen und Roboter auch eine große Bandbreite von kognitiven Arbeiten übernehmen. In Deutschland könnten durch neue Technologien 42 Prozent der Beschäftigten dadurch ihren Job verlieren, resümiert ein Gutachten für das Ministerium.

 

Dass durch Industrie 4.0 und die fortschreitende Digitalisierung auch zunehmend höherwertige Tätigkeiten durch intelligente Maschinen übernommen werden, davon geht auch Bendiek aus. «Die Arbeit verändert sich, und der Trend wird sich beschleunigen», sagt die Microsoft-Managerin. Es gebe jedoch auch etwas, was den Menschen in seiner Arbeit auszeichne: Kreativität, Empathie und Intuition. «Ich bin überzeugt, dass es immer große Chancen für die Menschen geben und die Arbeit immer interessanter werden wird.»

 

Die Hannover Messe habe eine ganze Bandbreite von neuen Möglichkeiten präsentiert, wie mit intelligenten und mit dem Internet verbundenen Maschinen neue Möglichkeiten über viele Branchen hinweg entstehen. Allein im Gesundheitswesen ergäben sich durch den Einsatz von Cloud-Technologien enorme Entlastungen. Intelligente Datenauswertungen (Big Data) würden zahlreiche Industrien radikal umwälzen und ganz neue Geschäftsmodelle entstehen lassen. Der klassische Büroarbeitsplatz gehöre der Vergangenheit an, hierarchische Strukturen würden durchgeschüttelt und abgeschafft.

 

Doch derzeit dominierten vielfach Angst und Vorsicht die Diskussion. Das könne sich schnell zum Nachteil wenden. «Wir müssen die Arbeitnehmer mit in die Zukunft nehmen», sagt Bendiek. Die Entscheider in Unternehmen seien vielfach gedanklich auf sehr gutem Weg. Aber es fehle noch an Zutrauen. «Sie stehen am äußersten Rand des Sprungbrettes.» Jetzt gelte es, einfach auszuprobieren und sich eventuell auch die Füße nass zu machen.» Im internationalen Wettbewerb sei das Timing ein wichtiger Faktor. (DPA)