SpaceNet und eco klagen gegen Vorratsdatenspeicherung

Die anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten war in Deutschland im März 2010 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden. Foto: Matthias Balk
Die anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten war in Deutschland im März 2010 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden. Foto: Matthias Balk

Der Internetprovider SpaceNet hat gegen die Vorratsdatenspeicherung zusammen mit dem Internetverband eco eine Klage vor dem Verwaltungsgericht in Köln eingereicht. Ziel sei es, grundlegende Rechtsfragen zu klären und die Entscheidung als Richtervorlage für den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu nutzen, sagte Matthias Bäcker, Professor für Öffentliches Recht am Karlsruher Institut für Technologie und Verfasser der Klage in Berlin. Die anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten war in Deutschland im März 2010 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden.

Im April 2014 befand der Europäische Gerichtshof eine entsprechende EU-Richtlinie nicht mit der Charta der Grundrechte der EU vereinbar und somit ungültig. Seit Dezember 2015 ist in Deutschland ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft, gegen das inzwischen mehrere Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht laufen.

 

Nach dem neuen Gesetz sollen Telekommunikationsanbieter die IP-Adressen von Computern und Verbindungsdaten zu Telefongesprächen künftig zweieinhalb Monate aufbewahren. Standortdaten bei Handy-Gesprächen sollen vier Wochen gespeichert werden, Daten zum E-Mail-Verkehr nicht. Die Datensammlung soll Fahndern bei der Jagd nach Terroristen und anderen Schwerverbrechern helfen. Kommunikationsinhalte sollen nicht erfasst werden.

 

Dass bei der Speicherfrage die IP-Adressen immer gern mit Telefonnummern verglichen würden, sei jedoch irreführend, sagte Bäcker. Heute sei es auch üblich, IP-Adressen etwa an mehrere Anschlüsse gleichzeitig zu vergeben. Die entsprechenden «Übersetzungen» enthielten dann vielfach auch Informationen über die Ziele. Man könne inzwischen die Verwendung eines PCs in Millisekunden beobachten. «Daraus lassen sich auch Rückschlüsse auf den Inhalt ziehen.»

 

Anders als bei den Verfassungsbeschwerden, bei denen ein beschränkter Prüfungsrahmen angelegt werde, könne vor dem Verwaltungsgericht das gesamte maßgebliche Recht berücksichtigt werden, erklärte Bäcker. Mit der Klage sei ein Eilantrag verbunden. Am Ende solle eine Klärung im Rahmen der Europäischen Union angestrebt werden. Er sei überzeugt, dass auch die Neuregelung des Gesetzes gegen Grundrechte verstößt, sagte Bäcker. Sie werde sich jetzt «sowohl am Grundgesetz als auch an den Unionsgrundrechten messen lassen müssen».

 

Mit dem Gesetz würden Unternehmen gezwungen, «ein Millionengrab zu graben», beklagte eco-Vorstands-Mitglied Oliver Süme. Es gehe dabei um rund 600 Millionen Euro, die an Kosten auf die Unternehmen zukämen. Dabei seien kleinere Anbieter überproportional betroffen, betonte Sebastian von Bomhard, Vorstand der SpaceNet AG. Die Kosten stünden in keinem Verhältnis zum Nutzen der Vorratsdatenspeicherung.

 

Die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung erhoffen sich von der Speicherung der Verbindungsdaten eine bessere Aufklärung vor allem bei schweren Verbrechen und Terrorismus. Den wenigen dazu vorliegenden Studien sei aber deutlich zu entnehmen, dass die Auswertung von Verbindungsdaten vorrangig für die Verfolgung einfacher Cyberkriminalitätsdelikte wie Stalking, illegaler Pornografie oder Urheberrechtsverletzungen ausgelegt sei, sagte Bäcker. Bei den schwereren Verbrechen sei eine Zuordnung zu Personen in den meisten Fällen nicht gelungen. (DPA)