Koalitionskrach um Glyphosat: SPD stellt sich quer

Glyphosat ist weit verbreitet und steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Foto: Patrick Pleul/Archiv
Glyphosat ist weit verbreitet und steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Foto: Patrick Pleul/Archiv

In der großen Koalition ist ein offener Streit um das Unkrautgift Glyphosat ausgebrochen. Die SPD-Minister wollen einer Verlängerung der Zulassung in der EU nicht zustimmen - damit müsste sich Deutschland in Brüssel der Stimme enthalten. Agrarminister Christian Schmidt (CSU) zeigte sich erbost: Mit den SPD-geführten Umwelt- und Wirtschaftsressorts habe es eine abgestimmte Regierungsposition mit dem Ziel einer Zulassung gegeben. «Zuverlässiges und belastbares Regierungshandeln sieht anders aus.»

 

Umweltministerin Barbara Hendricks hatte zuvor die Position der SPD-Minister klar gemacht. «Solange wir nicht zweifelsfrei wissen, ob Glyphosat für die Gesundheit unbedenklich ist, sollten wir diese Chemikalie auch nicht zulassen», sagte Hendricks. In Deutschland und Europa gelte zurecht das Vorsorgeprinzip. Unter Wissenschaftlern sind die Forschungsergebnisse zu Glyphosat umstritten. Die Zulassung in der EU läuft Ende Juni aus.

 

Bisher hatte die Umweltministerin der erneuten Zulassung nur unter Auflagen zustimmen wollen. Hendricks' Forderungen seien in einen neuen Verordnungsentwurf aufgenommen worden, sagte Schmidt. «Ich habe überhaupt kein Verständnis für die «Rolle rückwärts» der Kollegen Gabriel und Hendricks bei der Zulassungsverlängerung von Glyphosat.»

 

In der jüngsten Beschlussvorlage der EU-Kommission zum Glyphosat ist von einer Verlängerung der Zulassung um neun Jahre die Rede. Frankreichs Umweltministerin Ségolène Royal hatte angekündigt, dass Frankreich die erneute Zulassung ablehnen werde. Einstimmigkeit ist für die Entscheidung des Fachausschusses nicht notwendig. Eine Mehrheit für die Ablehnung bleibt trotz des deutschen Sinneswandels unwahrscheinlich. Zudem könnte die EU-Kommission sich über das Votum hinwegsetzen. Das EU-Parlament hatte im April zahlreiche Auflagen und eine Zulassung für nur sieben Jahre verlangt.

 

Die Grünen hatten Glyphosat für Donnerstagabend auf die Tagesordnung des Bundestags gebracht. Er freue sich sehr, dass Hendricks endlich Farbe bekenne, sagte Harald Ebner, Grünen-Obmann im Agrarausschuss des Bundestags. Die Koalitionsfraktionen lehnten es jedoch ab, über einen Grünen-Antrag zur Ablehnung der Zulassung noch am Donnerstag abzustimmen, und überwiesen ihn an den Fachausschuss.

 

Deutschland hat im Zulassungsprozess die Rolle des Berichterstatters, der einen Bewertungsbericht erstellt. «Hier geht es grundsätzlich um die Frage, dass wir uns gezielt über das gesetzliche Verfahren hinwegsetzen, auf Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu entscheiden», sagte Schmidt.

Experten deutscher Behörden waren zu dem Schluss gekommen, dass bei sachgerechter Anwendung von Glyphosat keine Schäden für die Gesundheit zu erwarten seien. Die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Glyphosat dagegen als «wahrscheinlich krebserregend» eingestuft. (DPA)