Europa blickt auf Österreichs Präsidentenwahl

Seit rund einem Jahr liegt die FPÖ in allen Meinungsumfragen vor SPÖ und ÖVP. Foto: Christian Bruna
Seit rund einem Jahr liegt die FPÖ in allen Meinungsumfragen vor SPÖ und ÖVP. Foto: Christian Bruna

Bei der österreichischen Präsidentenwahl könnte heute erstmals in Europa ein rechtspopulistischer Politiker zum Staatsoberhaupt aufsteigen. Der 45-jährige Norbert Hofer von der FPÖ geht als Favorit in die Stichwahl. Sein Gegenkandidat ist der 72-jährige Alexander Van der Bellen, der von den Grünen unterstützt wird. Da die FPÖ einen europakritischen Kurs verfolgt und Stimmung gegen Ausländer schürt, wird der Urnengang international stark beachtet. Ein Sieg Hofers wäre ein großer Triumph der Rechtspopulisten in Europa.

Amtsinhaber Heinz Fischer scheidet nach zwei sechsjährigen Amtszeiten aus, wie von der Verfassung vorgesehen. Zur Wahl seines Nachfolgers sind 6,4 Millionen Bürger aufgerufen. Die Wahllokale öffnen um 7.00 Uhr, nach ihrer Schließung um 17.00 Uhr gibt es erste Prognosen und Hochrechnungen. Sollte es ein knappes Rennen werden, könnte das Ergebnis erst spät am Montag feststehen, wenn auch die Briefwahlstimmen ausgezählt sind.

 

Praktisch alle bekannten Gesichter aus Theater, Fernsehen und Literatur stehen hinter Van der Bellen, viele von ihnen unterstützen den links-liberalen Wirtschaftsprofessor öffentlich. Wegen dessen europafreundlicher Haltung hofft unter anderem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf einen Sieg Van der Bellens.

 

Beide Kandidaten hatten im Wahlkampf betont, ihr Amt aktiver als bisherige Präsidenten ausüben zu wollen. Hofer warb sogar mit der Ankündigung um Stimmen, die Regierung zu entlassen, wenn er mit ihrer Arbeit unzufrieden wäre. Das österreichische Staatsoberhaupt hat zumindest auf dem Papier mehr Macht als zum Beispiel der deutsche Bundespräsident.

 

Aus Sicht des österreichischen Parteienforschers Peter Filzmaier ist der Wahlausgang noch keineswegs entschieden, obwohl Hofer die erste Abstimmungsrunde überraschend deutlich gewonnen hatte. Die Hoffnung Van der Bellens beruhe auf den über zwei Millionen Wählern, die im ersten Wahlgang zu Hause geblieben seien, sagte Filzmaier im Deutschlandradio Kultur. Der Grund für den Aufschwung der Rechtspopulisten liege vor allem in der Unzufriedenheit mit der großen Koalition aus sozialdemokratischer SPÖ und konservativer ÖVP.

 

Erstmals hat es kein Kandidat von SPÖ und ÖVP in die Stichwahl geschafft - ein Umstand, über den der bis vor kurzem regierende Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann ein paar Tage nach dem ersten Wahlgang stürzte. Inzwischen hat der ehemalige Bahnchef Christian Kern Faymanns Nachfolge angetreten.

 

Deutschland würde laut Bundestagspräsident Norbert Lammert auch die Wahl des FPÖ-Politikers Hofer zum österreichischen Bundespräsidenten respektieren. «Wie auch immer es ausgeht, werden wir selbstverständlich mit dem gewählten Staatspräsidenten ein ordentliches, faires Verhältnis haben», sagte der CDU-Politiker dem Deutschlandfunk. Er sei nach den jüngsten Entwicklungen in Österreich «heilfroh, dass wir in Deutschland den Bundespräsidenten in einer eigens zu diesem Zweck zusammengerufenen Bundesversammlung wählen und nicht in einer Direktwahl».

 

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der Deutschen Presse-Agentur, er hoffe nicht nur für Österreich, sondern auch für ganz Europa, dass sich die Wähler für einen Bundespräsidenten entscheiden, «der sich für Zusammenhalt statt Angst und für Hoffnung statt Spaltung einsetzen wird».

 

Sachsen-Anhalts AfD-Chef André Poggenburg hofft auf einen Erfolg Hofers. «Nicht nur weil er, sondern weil die FPÖ es verdient hat», sagte Poggenburg der Deutschen Presse-Agentur. «Die FPÖ vertritt ja eine sehr klare Position zur Asylkrise.» Da Schnittmengen zwischen FPÖ und AfD bestünden, wäre ein Triumph Hofers aus Sicht von Poggenburg auch ein Signal für Deutschland. (DPA)