Flüchtlinge drängen ab Spätsommer auf den Arbeitsmarkt

Ein Büro der Agentur für Arbeit in einer Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge. Foto: Sebastian Kahnert
Ein Büro der Agentur für Arbeit in einer Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge. Foto: Sebastian Kahnert

Die deutschen Jobcenter müssen sich nach Experteneinschätzung voraussichtlich von Spätsommer an auf einen Andrang arbeitssuchender Flüchtlinge einstellen. Bis dahin dürften viele der im Vorjahr nach Deutschland gekommenen Zuwanderer das Asylverfahren durchlaufen und sich arbeitslos gemeldet haben, prognostizierten Konjunktur-forscher und Volkswirte deutscher Großbanken in einer dpa-Umfrage. Die Arbeitslosenzahl für Mai will die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag (31. Mai) veröffentlichen.

 

Commerzbank-Volkswirt Eckart Tuchtfeld verweist dabei auf verschiedene von ihm durchgerechnete Szenarien. «Egal, wovon ich bei meinen Berechnungen ausgegangen bin, bei jedem Szenario kam ich zum Ergebnis, dass wir ab Spätsommer kräftige Impulse in Sachen Flüchtlingsarbeitslosigkeit sehen werden», berichtet er.

 

Ähnlich sieht das auch Heiko Peters von der Deutschen Bank. War die Zahl der Arbeitslosen aus den Asylzugangsländern seit Ende 2015 monatlich um rund 10 000 gestiegen, rechnet er künftig mit einem Anstieg von 15 000 bis 20 000 pro Monat. Im April waren 136 000 Männer und Frauen aus Asylzugangsländern arbeitslos gemeldet.

 

Felix Schröter vom Münchner Ifo-Institut verweist dabei auf die immer noch relativ lange Bearbeitungszeit von Asylanträgen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF): «Wenn man sich die jüngsten BAMF-Zahlen anschaut mit rund 50 000 Bescheiden im Monat, ist mit dem Flüchtlingseffekt auf dem Arbeitsmarkt wohl erst in der zweiten Jahreshälfte zu rechen», ist er überzeugt.

 

Spätestens zum Jahresende dürfte sich diese Entwicklung dann auch in den Arbeitslosenstatistiken stärker niederschlagen, glauben die Ökonomen. Fast alle von ihnen haben daher für 2016 ihre Arbeitslosenprognose nach unten korrigiert. Die meisten rechnen nur noch mit einem Rückgang der durchschnittlichen Jahresarbeitslosigkeit um 50 000 bis 70 000 Menschen - statt 80 000 bis 100 000, wie sie bisher angenommen hatten.

 

Angesichts der stabilen Konjunktur, die nach Einschätzung von Allianz-Volkswirt Rolf Schneider derzeit über Erwarten gut läuft, sehen die Ökonomen den deutschen Arbeitsmarkt weiterhin in guter Verfassung. Vor allem in den Dienstleistungsbranchen dürften daher in den kommenden Monaten weiterhin neue Arbeitsplätze entstehen - allerdings nicht mehr in dem Tempo wie in den vergangenen Jahren, sind die Fachleute überzeugt.

 

Für den Mai gehen die Volkswirte von einem Rückgang der Arbeitslosigkeit um 70 000 bis 80 000 Menschen auf 2,66 bis 2,67 Millionen aus. Lediglich Deutsche Bank-Ökonom Heiko Peters rechnet für Mai mit einer etwas gedämpfteren Entwicklung; nach seiner Berechnung dürfte die Erwerbslosenzahl lediglich um 47 000 unter dem April-Niveau liegen - auch als Folge der verstärkt auf den Arbeitsmarkt drängenden Flüchtlinge. Weitaus optimistischer ist dagegen Stefan Kipar von der BayernLB: Er rechnet im Mai mit einem Rückgang von 104 000. Schließlich entstünden mit der rund laufenden Konjunktur weiterhin neue Jobs. (DPA)