England verpasst ersten EM-Auftaktsieg

Englands Keeper Joe Hart winkt vergeblich: das Tor für Russland fällt spät, aber regulär. Foto: Ali Haider
Englands Keeper Joe Hart winkt vergeblich: das Tor für Russland fällt spät, aber regulär. Foto: Ali Haider

Durch einen Ausgleich in vorletzter Minute hat England auch im neunten Anlauf den ersten Auftaktsieg bei einer Fußball-EM verpasst. Russlands Wassili Beresuzki schockte die Three Lions in der Nachspielzeit und erzielte per Kopfball das schmeichelhafte 1:1 (0:0) in einer Partie. Eric Dier hatte die überlegenen Engländer in der 73. Minute in Führung gebracht. «Natürlich ist es enttäuschend. Wir waren so nah an einem ganz wichtigen Sieg dran. Unsere Emotionen gingen ganz schnell von ganz oben nach unten», sagte der Torschütze.

Trainer Roy Hodgson meinte: «Zu sagen, dass wir bitter enttäuscht sind, wäre untertrieben. Wir werden die Erinnerung an das Last-Minute-Tor hoffentlich hinter uns lassen.» Auch Torhüter Joe Hart fand: «Wir haben gut gespielt und hätten den Sieg verdient gehabt.» Angetrieben von Kapitän Wayne Rooney in ungewohnter Mittelfeldrolle fehlte aber zu oft die letzte Genauigkeit.

 

Der kürzlich eingebürgerte Schalker Bundesliga-Profi Roman Neustädter gab bei Russland ein ordentliches Pflichtspieldebüt. «Wenn man in der letzten Minute das 1:1 macht, ist die Freude riesengroß», sagte Neustädter, war aber auch kritisch. «Wir müssen noch mal genau gucken, was nicht funktioniert hat.» Trainer Leonid Sluzki dankte seinen Spielern. Sie hätten auch dem Druck nach dem Gegentor standgehalten. «Sie haben bis zum Ende alles gegeben und noch einen Punkt geholt. England hat das Spiel dominiert, aber wir haben es geschafft, sie aufzuhalten», resümierte Sluzki.

 

Nach Spielende gab es in einem Teil des Stadions Ärger, weil offenbar russische Zuschauer auf in benachbarten Blöcken sitzende englische Fans losstürmten. Einige Zuschauer mussten sogar in den Innenraum springen, um sich in Sicherheit zu bringen. Bei teils brutalen Fan-Zusammenstößen vor dem Spiel waren am Samstag mindestens fünf Menschen verletzt worden.

 

Während des Spiels waren die 40 000 englischen Fans gewohnt sangesfreudig - lange mit Recht. Ihre Mannschaft dominierte von Beginn an mit einem ultraoffensiven 4-1-2-3-System. Adam Lallana vom FC Liverpool bot sich in der siebten Minute die erste der beiden besten Chancen der ersten Hälfte: Bei seinem Schuss aus elf Metern bekam Akinfejew gerade noch rechtzeitig die Fäuste hoch. In der 22. Minute verzog Lallana, sein Flachschuss ging am langen Eck vorbei. Auch Rooney prüfte Schlussmann Akinfejew, der erneut faustete (35.).

 

Einziges Manko beim Weltmeister von 1966: Bis zur Pause gelangen keine Treffer. Torjäger Harry Kane - einer von fünf Spielern von Tottenham im Team - bekam keinen brauchbaren Ball und blieb gegen die erfahrene Innenverteidigung ohne Wirkung.

 

Russland verlegte sich aufs Kontern. Ein Kopfball von Sergej Ignaschewitsch (17.) blieb bis zur Pause der einzige Versuch auf das Tor. Keeper Hart musste erst wieder bei einem Kopfball-Aufsetzer von Dier auf den eigenen Kasten eingreifen (59.). Ein Schlenzer von Fjodor Smolow (63.), der am Pfosten vorbeiging, war noch gefährlicher. Zu diesem Zeitpunkt verlief die Partie vor den 62 343 Zuschauern nicht mehr so einseitig. Die Engländer hatten das Tempo ein wenig herausgenommen und waren weiterhin nicht zielstrebig genug.

 

Bis 20 Minuten vor Schluss: Rooney sah seinen Flachschuss aus 14 Metern schon auf dem Weg ins Tor, Akinfejew bugsierte den Ball noch an die Latte (71.). Diers Freistoß rauschte dann an ihm vorbei ins Netz. Zu diesem Zeitpunkt sahen die Engländer wie die Sieger aus, freuten sich aber zu früh. (DPA)