Nur Gomez trifft - Löw freut sich auf K.o.-Spiele

Dank des Tores von Mario Gomez geht Deutschland als Gruppensieger in die K.o.-Runde. Foto: Yoan Valat
Dank des Tores von Mario Gomez geht Deutschland als Gruppensieger in die K.o.-Runde. Foto: Yoan Valat

Trotz fahrlässiger Chancenverwertung hat Deutschland sein erstes Zwischenziel bei der Europameisterschaft erreicht. Durch das erste Pflichtspieltor von Mario Gomez seit 2012 kam die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw zu einem viel zu niedrigen 1:0 (1:0) gegen Nordirland in Paris. Mit einem flotten Sprung vom Pressepodium im Pariser Prinzenpark ließ Löw die «zähe» EM-Gruppenphase hinter sich und blickte mit Vorfreude auf die nun kommenden Alles-oder-nichts-Spiele, für die er sein Team bereit sieht. «Ich war zufrieden, wir haben das Spiel total dominiert», sagte Löw.

 

Allein die Chancenverwertung ärgerte ihn: «Wir müssen schon zur Halbzeit 3:0, 4:0 führen. Dann hätten wir den einen oder anderen Spieler schonen können», sagte er mit Blick auf das Achtelfinale am kommenden Sonntag (18.00 Uhr) in Lille gegen die Slowakei oder Albanien.

 

Nur Gomez hatte eine der insgesamt elf Großchancen genutzt. «Natürlich ärgert uns das», sagte der als «Man of the Match» ausgezeichnete Spielmacher Mesut Özil. Trotz des Chancenwuchers reichte der viel zu knappe Erfolg zum Gruppensieg. Immerhin zeigte das deutsche Team eine deutliche spielerische Leistungssteigerung im Vergleich zu den vorangegangenen Auftritten gegen die Ukraine (2:0) und Polen (0:0). «Wenn die K.o.-Spiele kommen, muss man die wenigen Chance eiskalt verwerten und nicht damit spaßen», forderte Löw mehr Konzentration vor dem Tor.

 

Gomez verwertete in der 29. Minute die da bereits sechste große Einschussmöglichkeit des Weltmeisters. Vor 44 125 Zuschauern schoss der Matchwinner den 25. deutschen Sieg in der EM-Geschichte heraus. «Mario Gomez hat das Tor gemacht, das war gut. Wir brauchten in der Spitze heute einen anderen Stürmertyp», lobte Löw seinen echten Neuner. Zugleich blieb der dreimalige Europameister in der gesamten Vorrunde ohne Gegentor, was letztmals beim EM-Titel 1996 gelang.

 

«Wir sind Gruppenerster, das ist, was zählt bei einer EM. Jetzt hoffen wir, dass wir auch noch die Tore schießen. Vielleicht haben wir uns die Tore für die K.o.-Phase aufgehoben», meinte Gomez. Der im Abschluss glücklose Thomas Müller, der unter anderem Pfosten und Latte getroffen hatte, betonte: «Wir haben das umgesetzt, was wir trainiert haben. Nur die Tore haben gefehlt. Allein ich hätte in der ersten Halbzeit mit Gareth Bale gleichziehen können. Wir waren aber gierig und haben uns reingebissen.»

 

Die Spielweise stimmte auch Löw hoffnungsvoll. Mehr Bewegung, mehr Durchschlagskraft und deutlich mehr Abschlüsse brachte seine zuletzt kritisierte Mannschaft zustande. Özil gab endlich einen überzeugenden Spielmacher, Gomez erledigte seinen Hauptjob als Torjäger und auch die Hereinnahme von Turnierneuling Joshua Kimmich auf der rechten Seite erwies sich als taktischer Volltreffer.

 

«Ich bin mit seinem ersten Spiel auf der großen Bühne sehr zufrieden», lobte Löw den Bayern-Youngster. Sorgen machte vor der Heimreise ins Quartier am Genfer See allein die Wade von Jérôme Boateng. Den Abwehrchef holte Löw vorzeitig vom Platz, um keine schlimme Muskelverletzung zu riskieren: «Ich gehe davon aus, dass er im Achtelfinale spielen kann.»

 

Pechvogel im deutschen Team war Müller, der vier Tore hätte machen können. Der Münchner wartet weiterhin auf sein erstes Tor bei einer EM-Endrunde. «Ich denke, dass es das nächste Mal bei ihm klappt», kommentierte Löw gelassen. Der Auftritt seines Teams hatte ihm gefallen. Extrem offensiv hatte er sein Team ausgerichtet.

 

Die Außenverteidiger Kimmich und Jonas Hector agierten fast schon als Flügelstürmer. Einzig Mario Götze fiel in einer starken deutschen Mannschaft ab. Das Sorgenkind vom FC Bayern leistete sich viele Ballverluste und vergab zudem drei gute Torchancen (12./52./53.).

 

Die deutsche Abwehr war kaum gefordert. Ein harmloser Torschuss von Jamie Ward (26.), mehr hatte der EM-Neuling nicht zu bieten. An der Unterstützung des eigenen Anhangs lag es jedenfalls nicht. Lautstark feuerten die Fans die Green & White Army an, auch Edelfan und Golfstar Rory McIlroy war eingeflogen. Und richtig gejubelt wurde gut zwei Stunden später. Durch das 2:0 der Türken gegen Tschechien war klar: Die drei Punkte reichen den Nordiren zum Einzug ins Achtelfinale.

 

«Wir sind schon allein stolz, hier gegen den Weltmeister gespielt zu haben», hatte Trainer Michael O'Neill nach dem Spiel erklärt. Besonders Torwart Michael McGovern verhinderte ein mögliches Debakel. «Seine Teamkollegen haben ihm in der Kabine applaudiert», berichtete Nordirlands Coach.

 

Die deutschen Spieler um den für 24 Minuten eingewechselten Kapitän Bastian Schweinsteiger hakten ihre erste erfüllte Pflicht bei der EM emotionsloser ab. Nur kurz gingen sie in die Fankurve, nahmen den Applaus entgegen und bedankten sich für die Unterstützung. Für den Weltmeister geht das Turnier jetzt erst so richtig los. (DPA)