Bauern wehren sich gegen Kritik: «Brauchen keine Agrarwende»

Joachim Rukwied, alter und neuer Präsident des Deutschen Bauernverbandes eröffnet den Deutschen Bauerntag in Hannover mit einer kämpferischen Rede. Foto: Sebastian Gollnow
Joachim Rukwied, alter und neuer Präsident des Deutschen Bauernverbandes eröffnet den Deutschen Bauerntag in Hannover mit einer kämpferischen Rede. Foto: Sebastian Gollnow

Bauernpräsident Joachim Rukwied sieht die Landwirtschaft zu Unrecht in der Kritik. Zum Auftakt des zweitägigen Deutschen Bauerntages in Hannover erklärte er in einer betont kämpferischen Rede: «Die Angriffe in letzter Zeit sind schärfer geworden.» Sowohl Umweltverbände wie den Bund, aber auch den grünen Spitzenpolitiker Anton Hofreiter ging er unter dem Applaus der 600 Delegierten scharf an. Er warnte davor, die deutsche Agrarwirtschaft mitten in der Marktkrise durch ein immer enger werdendes Regulierungs-Korsett zu ersticken:

«Wir brauchen keine Agrarwende - die deutschen Bauern wirtschaften nachhaltig.» Sie hätten auch das Tierwohl im Blick.

 

Derzeit leiden Bauern unter niedrigen Preisen und wegbrechenden Märkten. Gesunkene Weltmarktpreise und der russische Importstopp für EU-Agrarprodukte haben bei vielen Betrieben zu heftigen finanziellen Einbußen geführt.

 

Betroffen sind vor allem Milchbauern, doch auch bei Schweinefleisch sowie bei Obst und Gemüse ist die Lage kritisch. Rukwied warnte: «Ein Land ohne Landwirtschaft hat keine Zukunft.» Die Bauern bräuchten gerade in der Krise ermutigende Signale und Impulse, die zeigten, dass sie eine Zukunft hätten.

 

In der Diskussion um Hilfen für notleidende Milchbauern hat der DBV die Forderung nach verordneten Mengenreduzierungen abgelehnt. «Wir brauchen keinen Staat oder Verband, der uns sagt, wie viel wir zu produzieren haben, das ist Aufgabe der Wirtschaft», sagte am Mittwoch der Vorsitzende des Fachausschusses Milch beim Deutschen Bauernverband, Udo Folgart, bei einem Fachforum.

 

Diskussionen um allgemeinverbindliche Mengenreduzierungen seien «politische Geisterdebatten.» Gleichwohl erneuerte er die Forderung nach kurzfristigen Unterstützungsmaßnahmen. Die angekündigten 100 Millionen Euro seien dabei bei weitem nicht genug. Nötig seien auch Liquiditätshilfe- und Bürgschaftsprogramme.

 

«Wir haben viele Steine aus dem Weg zu legen», sagte Rukwied, bevor der bisherige DBV-Präsident mit 88,76 Prozent der abgegebenen Stimmen im Amt als Chef des Deutschen Bauernverbands (DBV) bestätigt wurde. Im DBV sind nach dessen eigenen Angaben etwa 300 000 deutsche Landwirte und ihre Familien organisiert.

 

Als Rukwieds Stellvertreter wurden die Funktionäre Walter Heidl aus Bayern (92,75 Prozent der abgegebenen Stimmen), der niedersächsische Landvolk-Präsident Werner Hilse (83,59 Prozent), der aus Schleswig-Holstein stammende Werner Schwarz (95,71) sowie der Sachse Wolfgang Vogel (75,49) gewählt.

 

Rukwied betonte, die Bauern dürften auch Respekt und Anerkennung erwarten. Er mahnte zugleich: «Wenn der Rahmen, den man uns setzt, immer enger wird, wird das nicht funktionieren.» Zukunft für die deutsche Landwirtschaft bedeute auch den Export heimischer Agrarprodukte in Drittländer außerhalb der EU. Namentlich wandte er sich auch gegen Vorschläge des grünen Spitzenpolitikers Anton Hofreiter für eine Agrarwende. Unter dem Beifall der Delegierten hielt er ihm vor, von der Landwirtschaft nur wenig Ahnung zu haben.

 

Auf die Folgen des britischen EU-Ausstiegs eingehend warnte er davor, nun die bisherigen EU-Mittel für die deutschen Bauern zu reduzieren oder zugunsten von NGO's umzuschichten. In einem Fachforum zum gemeinsamen europäischen Markt forderten mehrere Redner dazu auf, schnellstmöglich Planungssicherheit zu schaffen. Zudem wurden Forderungen nach einem vereinfachten und einheitlichen Antragssystem sowie einer stärkeren Nachwuchsförderung laut. Es gelte, der europäischen Landwirtschaft Zukunftsperspektiven aufzuzeigen. (DPA)