Dirigenten-Desaster in Bayreuth: Lücke im Graben

Turbulente Tage in Bayreuth vor der Eröffnung der Festspiele. Foto: Nicolas Armer
Turbulente Tage in Bayreuth vor der Eröffnung der Festspiele. Foto: Nicolas Armer

Die Bayreuther Festspiele zeigen sich bei der Suche nach einem Nachfolger für den abgesprungenen Dirigenten Andris Nelsons zuversichtlich. «Wir finden schon einen», sagte der Festspiele-Sprecher Peter Emmerich am Freitag. Die Suche nach einem Ersatz laufe intensiv. Nelsons sollte die Richard-Wagner-Festspiele am 25. Juli mit dem «Parsifal» eröffnen. Bis zur Premiere bleiben nur etwas mehr als drei Wochen. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass der Lette und die Festspiele den gemeinsamen Vertrag beenden - auf Bitte des Dirigenten.

Bemühungen der Festspielleitung, Nelsons zu halten, waren erfolglos geblieben.

 

Der «Parsifal»-Regisseur Uwe Eric Laufenberg, dessen Neuinszenierung die Festspiele eröffnen soll, wies Spekulationen zurück, Nelsons habe Probleme mit den verstärkten Sicherheitsvorkehrungen am Festspielhaus gehabt. «Das habe ich nicht gesehen», sagte Laufenberg der Deutschen Presse-Agentur. «Ich bedauere sehr, dass er gegangen ist, weil er ein großartiger Dirigent ist. Der «Parsifal» braucht Einfühlung.»

 

Nelsons' Management hatte erklärt, unterschiedliche Auffassungen in verschiedenen Angelegenheiten hätten zu einer Atmosphäre geführt, die für alle Beteiligten nicht angenehm gewesen sei. Weitere Kommentare, darauf einigten sich Festspielleitung und Nelsons, sollten beide Seiten nicht abgeben.

 

Um die Formulierung habe das Management hart mit der Leitung gerungen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus dem engsten Kreis des Grünen Hügels. Man habe deutlich machen wollen, dass es um Differenzen mit der Leitung gegangen sei. In einer Mail an die Kollegen zum Abschied habe Nelsons ausdrücklich betont, dass seine Entscheidung nichts mit dem Team zu tun habe, das unmittelbar mit ihm am «Parsifal» arbeitete.

 

Vielmehr sei der musikalische Leiter Christian Thielemann mit ständiger Einmischung in Nelsons' Arbeit negativ aufgefallen, hieß es weiter. «Aber Nelsons hat sich nicht gewehrt, er ist konfliktscheu», sagte der Bayreuth-Vertraute, der nicht namentlich genannt werden wollte. «Das führt dazu, dass man dann irgendwann die Reißleine zieht.» Über einen solchen Zwist hatten bereits mehrere Medien berichtet. Thielemann war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, wies im «Münchner Merkur» aber alle Vorwürfe zurück.

 

Der renommierte Dirigent wird von vielen als fachlich grandios beschrieben - als Führungsperson aber sei er eher ungeeignet, sagte ein weiterer Insider aus dem Festspiele-Kreis. «Nelsons hat sehr viel Erfahrung. Er braucht keinen Co-Dirigenten, der ihn bewacht.» Mit dem Letten habe Bayreuth für dieses Jahr einen der wenigen Künstler verloren, die noch der alten Aura wegen auf dem Grünen Hügel sein wollten. (DPA)