Seehofer vor Klausur: hart in der Sache, moderat im Ton

Horst Seehofer (M) wartet auf den Beginn der CSU-Vorstandsklausur. Foto: Daniel Karmann
Horst Seehofer (M) wartet auf den Beginn der CSU-Vorstandsklausur. Foto: Daniel Karmann

Vor dem Koalitions-Spitzentreffen am Sonntag zeichnet sich keine rasche Einigung im unionsinternen Streit über die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab. CSU-Chef Horst Seehofer äußerte sich am Freitag zwar moderater im Ton, blieb in der Sache aber hart: «Wir brauchen jetzt klare, verlässliche Regeln für die Zuwanderung auch für die Zukunft», sagte er vor Beginn einer zweitägigen CSU-Vorstandsklausur im oberpfälzischen Schwarzenfeld. Er betonte: «Ohne Begrenzung werden wir es nicht schaffen - das ist meine tiefe Überzeugung.»

Seehofer beschwor aber auch die Einigkeit der Union. Er verwies auf die jahrelange Regierungsarbeit von CDU/CSU und von ihm persönlich. «Deshalb ist diese Union mein Leben. Und ich möchte den Erfolg dieser Union, und dafür arbeiten wir. Aber wir möchten den Erfolg, das ist der Maßstab, und nicht irgendwelche angedichteten Scharmützel.»

 

In der Sitzung sagte Seehofer nach Teilnehmerangaben, es solle «Geschwisterlichkeit» mit der CDU gesucht werden - und betonte das Miteinander mit Merkel. Er habe schon immer zu ihr gesagt: «Wir wollen mit Dir gewinnen. Aber wir wollen gewinnen. Und das Zweite ist das Wichtigste.» Seehofer äußerte sich demnach noch nicht konkret zu einer möglichen weiteren Kanzlerkandidatur Merkels, schloss sein eigenes Antreten aber quasi aus. «Eine Kanzlerkandidatur gehört nicht zu meiner Gedankenwelt», sagte er in der Sitzung. Grundsätzlich betonte er dabei auch, niemand sei unersetzlich - auch er nicht.

 

Für Wirbel sorgte ein Medienbericht über eine angebliche Ausladung Merkels vom CSU-Parteitag im November. Seehofer nannte dies «eine unglaubliche Gespensterdiskussion». Merkel und er würden besprechen, wie man mit den Parteitagen von CSU und CDU umgehe. Jetzt gehe es «um die Klärung der Koordinaten zwischen CDU und CSU, um die Inhalte».

 

Die «Bild»-Zeitung hatte berichtet, Seehofer habe Merkel bei einem Telefonat ausgeladen. Dem «Focus» sagte Seehofer zu einem möglichen Auftritt Merkels: «Ich will keine Wiederholung des letzten Jahres. Und ich nehme an, sie will es auch nicht.» Er erwarte, dass sich CDU und CSU bis dahin «in den wesentlichen Positionen verständigt haben».

 

Beim CSU-Parteitag 2015 hatte der bayerische Ministerpräsident die Kanzlerin auf offener Bühne düpiert. Ohne Einigung will er selbst nicht beim CDU-Parteitag sprechen. Dem «Spiegel» sagte der CSU-Chef: «Ohne einen Konsens wäre mein Auftritt nur ein Medienspektakel.»

 

Merkel und Seehofer kommen am Sonntagnachmittag zum ersten Treffen der Koalitionsspitzen nach der Sommerpause mit SPD-Chef Sigmar Gabriel zusammen. Zuvor ist ein Gespräch von Merkel und Seehofer geplant. Dabei dürfte es auch darum gehen, wie man nach der Eskalation im Flüchtlingsstreit wieder mehr zueinander finden könnte.

 

SPD-Generalsekretärin Katarina Barley forderte von Merkel, die Blockade in der Union aufzulösen: «Der Streit zwischen CDU und CSU darf nicht zur Belastung für die Arbeit der Bundesregierung werden.»

 

Bei dem Treffen am Sonntag dürfte es auch um den Umgang mit der AfD gehen. Erwartungen an konkrete Beschlüsse im Erbschaftsteuerstreit und bei den Bund-Länder-Finanzen wurden in Koalitionskreisen gedämpft. Zudem soll es im Kanzleramt um die strittigen Punkte einer gleichen Bezahlung von Frauen und Männern sowie um die Rente gehen.

 

Ungeachtet des Widerstands von Merkel pochte Seehofer auch am Freitag auf eine Obergrenze für neu eintreffende Flüchtlinge. Mit dieser Politik richte man sich aber nicht gegen die CDU. Die CSU sei aber eine eigenständige Partei und brauche ein eigenständiges Profil.

 

Seehofer rief Merkel angesichts der Bundestagswahl 2017 zum Einlenken auf. «Wenn wir's richtig machen, haben wir eine ganz große Chance - wir müssen es nur richtig machen. Und jetzt ist der richtige Zeitpunkt, auch darüber nachzudenken und klug zu entscheiden.» Dabei bezeichnete er die Wahl als «Mutter aller Wahlen». Für die CSU habe diese zudem eine strategische Bedeutung, «weil sie sozusagen die Stimmung vorprägt für unser bayerisches Landtagswahljahr».

 

Kritik an dem Forderungskatalog der CSU für die Flüchtlingspolitik, den die CSU in Schwarzenfeld beschließen will, und an der Ausrichtung der Partei wies Seehofer zurück. «Wir machen eine Politik auf unserem demokratischen Grundboden. Wir bilden die gesellschaftliche Mitte ab und das rechte demokratische Spektrum. Das ist unser Standort.» Auch National- und Wertkonservativen biete man eine politische Heimat. «Wenn wir dies gut besetzen als Volkspartei, dann werden wir auch gut abschneiden in der Bundestagswahl», sagte er. «Wir müssen's nur tun.» (DPA)