Hexen und Zauberer: Harry Potter zaubert wieder - «Happy Harry Day»

Fans in Hamburg: Harry Potter (ver)zaubert wieder. Foto: Georg Wendt
Fans in Hamburg: Harry Potter (ver)zaubert wieder. Foto: Georg Wendt

Magisches für Muggels um Mitternacht:

Für den Verkaufsstart von «Harry Potter und das verwunschene Kind» öffneten Buchhändler zur Geisterstunde. Das englische Original erschien vor acht Wochen und hat es bereits in den deutschen Bestsellerlisten nach oben geschafft.Für Harry-Potter-Fans war es fast wie Eulenpost aus Hogwarts: Als wartete ihr persönlicher Aufnahmebrief aus der Schule für Hexerei und Zauberei auf sie, haben sich viele Ungeduldige in Deutschland pünktlich um Mitternacht das neue Buch aus dem von Joanne K. Rowling geschaffenen Universum gesichert.

Das neue Abenteuer ist ein Skriptbuch zum Theaterstück

Die achte Geschichte rund um Harry, Hermine und Ron und neuerdings deren Kinder ist in der Nacht zu Samstag auf Deutsch erschienen - knapp acht Wochen nach dem englischen Original. Für den Verkauf der ersten Exemplare von «Harry Potter und das verwunschene Kind» öffneten Buchhändler teils schon in der Nacht oder früher als sonst am nächsten Morgen.

Magisches für Muggels um Mitternacht - damit hatte zuletzt 2007 das Erscheinen des siebten und letzten Romans der Reihe um den berühmtesten aller Zauberschüler einen Hype ausgelöst. Das neue Abenteuer ist ein Skriptbuch zum Theaterstück, das seit dem 30. Juli in London zu sehen ist. In jeweils zwei Aufführungen wird «Harry Potter and the Cursed Child» dort gezeigt - das Buch enthält Teil 1 und 2. Bei der Entwicklung der Geschichte ließ sich J.K. Rowling von Theaterregisseur John Tiffany und dem Dramatiker Jack Thorne unterstützen, das Skript stammt von Thorne.

 

Die Zauberformel geht auf

Seit dem 31. Juli - dem Geburtstag von Harry und seiner Erfinderin Rowling - ist es auf Englisch auch in Deutschland erhältlich und führte zwischenzeitlich auch hierzulande die Bestsellerlisten an. «Harry Potter auf Platz eins aller Bestsellerlisten - noch nie zuvor hat das ein Theaterstück jemals geschafft», sagte Renate Herre, Chefin des Carlsen Verlags. Mit 800 000 Exemplaren auf Deutsch startete der Hamburger Verlag nun, weitere 100 000 sind in Arbeit.

Doch geht die Zauberformel auf, wenn das englische Original bereits seit Wochen gekauft wird und die neue Geschichte in Dialogform mit Regieanweisungen geschrieben ist? «Wir sind sehr positiv überrascht», sagte Andrea Weiß, Leiterin Einkauf und Verkauf der Mayerschen Buchhandlung. Rund 40 ihrer Filialen hätten um Mitternacht für etwa 45 Minuten geöffnet gehabt - «und auch sehr ordentlich verkauft». Dabei hatte sie die Sorge, dass die Fans von damals inzwischen lieber ausschlafen würden. «Sie sind ja auch alle ein bisschen erwachsen geworden.» Auch am Tag sei das Interesse groß gewesen. «Das hat heute Morgen noch mal richtig Fahrt aufgenommen.»

 

Auch etliche andere Buchhandlungen knipsten zur Geisterstunde das Licht an

In Berlin drängten sich gut 100 Fans im Kulturkaufhaus Dussmann, um zu den Ersten zu gehören. Der echte Harry-Hype wollte jedoch nicht mehr aufkommen. Dennoch zeigte Dussmann-Sprecherin Bianca Krömer sich zufrieden mit dem nächtlichen Fan-Auftrieb. «Harry Potter verkauft sich immer, das geht jetzt durch bis Weihnachten.» Dutzende verkleidete Fans fieberten auch im Haupthaus der Hamburger Heymann-Filiale um Mitternacht dem Verkaufsstart entgegen. «Die Stimmung unter den Kindern und Erwachsenen war klasse», sagte Friederike Wolters. Auch tagsüber sei die Nachfrage groß geblieben. «Wir sind absolut zufrieden, das läuft richtig gut.»

In Deutschlands Harry-Potter-Zentrale beim Carlsen Verlag kam Silvesterstimmung auf, als Verlagschefin Herre um Mitternacht den ersten Bücherstapel enthüllte - mit Countdown im Goldkonfetti-Regen und unter dem Jubel der Fans. Zur Lesenacht hatte das Haus mehr als 200 Gäste geladen, darunter viele Blogger im Hexen- oder Zauberer-Kostüm. «Als Harry Potter 1997 zu Carlsen kam, waren wir ein kleiner Verlag. «Mit dem riesigen Erfolg, der mit jedem Band noch größer wurde, hatte keiner gerechnet», erinnerte Herre an die Anfänge. «Carlsen hat sich seit 1997 mehr als verdoppelt», sagte sie.

 

Die Nacht der Nächte beging Carlsen ganz stilecht:

vom «sprechenden Hut» über Vielsafttrank und Amortentia-Liebestrank bis hin zur Warnung vor der «Maulenden Myrte» an der Toilettentür. Zur Einstimmung gab es ein Trimagisches Turnier, bei dem sich Vertreter der Häuser Gryffindor, Slytherin, Hufflepuff und und Ravenclaw im Potter-Quiz, in Zaubersprüchen und im Tisch-Quidditch beweisen mussten. Die Übersetzer Klaus Fritz und Anja Hansen-Schmidt feierten mit. Beide hatten jeweils zwei Wochen Zeit für ihre Arbeit. «Nach den Publikationen in England und den USA sind wir der erste Verlag, der eine Übersetzung herausbringt», betonte Herre.

Kein neuer Rowling-Roman, sondern das Thorne-Skriptbuch - beim Online-Händler Amazon etwa reichten die Rezensionen am Wochenende von «ganz anders zu lesen, aber trotzdem genial» und «einfach zauberhaft» bis zu «vermutlich mehr sehenswert als lesenswert» oder gar «das Schlechteste von Harry Potter». Die einen störten sich nicht an der Skriptform: «Ungewöhnlich, aber trotzdem super» und «trotz des Stils des Buches zurück in eine zauberhafte Welt entführt», hieß es etwa. Die anderen bemängelten die «lieblosen Regieanweisungen» anstelle der «Bilder, die J.K. Rowling mit Worten zu malen verstand» und kritisierten: «Als Script geschrieben kommt kein Harry-Gefühl auf.» Viele aber freuten sich einfach wie Nina K.: «Nach all den Jahren endlich zurück nach Hogwarts. Danke dafür!»

 

«Happy Harry Day»

Potter-Entdecker Barry Cunningham schickte eine Videobotschaft an Carlsen und wünschte via SMS an seine Verlegerkollegin Herre allen einen «Happy Harry Day». «Die Serie verbindet eine ganze Generation von Lesern», betonte Herre. Viele von ihnen hätten früher dem Erscheinen des nächsten Bandes mehr entgegengefiebert als ihrem eigenen Geburtstag. «Und waren doch letztendlich todtraurig, dass sie nie einen Brief von Hogwarts bekommen haben.» Immerhin magische Luftpost gab es für die Geschwister Sarah (7) und Noah (5) in München: Schnee-Eule Hedwig lieferte pünktlich um Mitternacht die Fortsetzung in den Garten - allerdings als E-Book auf Reader. Ein richtiges Buch wäre für die Eule zu schwer gewesen. dpa