Treffen mit deutschen Soldaten: Bundestagsdelegation reist zu erstem Besuch in Incirlik

Ein Pilot und ein Techniker arbeiten im Rahmen des Einsatzes Counter DAESH in Incirlik (Türkei) an einem Recce-Tornado der Luftwaffe der Bundeswehr. Foto: Bundeswehr/Falk Bärwald/Archiv
Ein Pilot und ein Techniker arbeiten im Rahmen des Einsatzes Counter DAESH in Incirlik (Türkei) an einem Recce-Tornado der Luftwaffe der Bundeswehr. Foto: Bundeswehr/Falk Bärwald/Archiv

 

Die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland waren schon einmal besser. Nun reisen Bundestagsabgeordnete nach monatelangem Besuchsverbot zur Luftwaffenbasis Incirlik. Ein Zeichen der Normalisierung der Beziehungen zwischen Berlin und Ankara?

Vor der Reise zum Luftwaffenstützpunkt Incirlik hofft eine Delegation von Bundestagsabgeordneten auf eine dauerhafte Besuchserlaubnis für deutsche Parlamentarier.

 

Soldaten im Einsatz besuchen

Er habe den Eindruck gewonnen, dass der Besuch in Incirlik keine einmalige Sache sei, «sondern dass auch in diesem Punkt wieder Routine und Normalität einkehren kann», sagte Delegationsleiter Karl Lamers (CDU) nach Gesprächen mit türkischen Abgeordneten am Dienstagabend in der türkischen Hauptstadt Ankara. Es sei zudem selbstverständlich, dass deutsche Abgeordnete die Soldaten im Einsatz besuchten.

Der deutschen Delegation gehören sieben Mitglieder des Verteidigungsausschusses aus allen Fraktionen an. Nach den politischen Gesprächen in Ankara geht es am Mittwoch mit einem Militärflugzeug weiter nach Incirlik. Auf dem Luftwaffenstützpunkt treffen die Abgeordneten nach einem viermonatigen Besuchsverbot die dort stationierten deutschen Soldaten. Diese unterstützen mit «Tornado»-Aufklärungsflugzeugen und einem Tankflugzeug die Bombardements von Stellungen der Terrororganisation Islamischer Staat in Syrien und im Irak. Die Abgeordneten werden auch mit den Kommandeuren der türkischen und US-amerikanischen Streitkräfte sprechen.

 

Gespräche sind positiv verlaufen

Am Dienstag hatte die Delegation zunächst Gespräche mit Vertretern des türkischen Verteidigungsausschusses geführt. Diese seien positiv verlaufen, sagte Lamers. «Wir sind Verbündete, wir sind Partner und wir sind Freunde und so war die Atmosphäre heute.» Man wolle den Dialog fortsetzen und habe die türkischen Abgeordneten nach Berlin eingeladen.

Die türkische Regierung hatte einen Besuch von deutschen Abgeordneten in Incirlik wegen der Armenier-Resolution des Bundestags monatelang untersagt. Im Juni hatte das Parlament die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren als Völkermord verurteilt. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs wehrt sich massiv gegen diese Einstufung. Die türkische Regierung hob das Besuchsverbot für die Abgeordneten erst auf, als die Bundesregierung die Resolution für rechtlich nicht bindend erklärte. Der Bundestag habe durchaus das Recht, sich zu Vorgängen vor 100 Jahren zu äußern, betonte Lamers mit Blick auf die Resolution.

 

«Leiser Triumph der Demokratie»

Grünen-Chef Cem Özdemir wertete den Besuch der Abgeordneten in der Türkei als «leisen Triumph der Demokratie». «Der Bundestag fasst seine Beschlüsse ohne Einflussnahme ausländischer Regierungen. Dies hat nun auch Ankara erkannt», sagte Özdemir dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Die Bundeswehr gilt als Parlamentsarmee. Im Dezember werden die Abgeordneten über eine Verlängerung des Türkei-Einsatzes abstimmen. «Einer Verlängerung steht nichts im Wege, wenn Besuche bei den Soldaten routinemäßig möglich sind», sagte SPD-Verteidigungsexperte und Delegationsmitglied Rainer Arnold dem RND.

Den Putschversuch vom 15. Juli verurteile er «aufs Schärfste», sagte Lamers. Nun sei deutlich geworden, dass die Türken sich eine stärkere Anteilnahme gewünscht hätten. Mit Blick auf die Aufarbeitung des Putschversuchs fügte er hinzu: «Wir sind überzeugt, dass dies nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geschieht.»

 

«Grundwerte mit Füßen» getreten

Delegationsmitglied Alexander Neu (Die Linke) sah das anders. «Ich hatte den Eindruck, dass die deutsche Seite zu defensiv war in ihrer Kritik», sagte er. Es könne nicht sein, dass ein politischer Partner «mit Samthandschuhen» angefasst werde, wenn dieser Partner «Grundwerte mit Füßen» trete.

Die Türkei macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich und hat einen Ausnahmezustand verhängt. Per Notstandsdekret gehen die Behörden gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger vor, aber auch gegen mutmaßliche Unterstützer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK sowie Oppositionelle.