Verbindung zu NSU-Terrorist: DNA von Böhnhardt an Leichenfundort von ermordeter Peggy

Gedenkstein mit  Porträt von Peggy auf dem Friedhof in Nordhalben. Vor 15 Jahren verschwand in Oberfranken das Mädchen spurlos - nun sind DNA-Spuren von NSU-Terrorist Böhnhardt am Fundort ihrer sterblichen Überreste gefunden worden. Foto:  David Ebener/dp
Gedenkstein mit Porträt von Peggy auf dem Friedhof in Nordhalben. Vor 15 Jahren verschwand in Oberfranken das Mädchen spurlos - nun sind DNA-Spuren von NSU-Terrorist Böhnhardt am Fundort ihrer sterblichen Überreste gefunden worden. Foto: David Ebener/dp

Der Fall Peggy war an sich schon mysteriös: Jahrelang galt die Schülerin als verschollen. Vor wenigen Monaten tauchen plötzlich Skelettteile der Schülerin auf. Jetzt zeichnet sich eine spektakuläre Wende ab - mit Bezug zum NSU.

Das teilten das Polizeipräsidium Oberfranken und die Staatsanwaltschaft Bayreuth mit. Zuerst hatte die «Bild»-Zeitung darüber berichtet.

Am Fundort der Leiche in einem Waldgebiet an der Grenze zwischen Bayern und Thüringen seien zahlreiche Spurenträger sichergestellt worden, teilten die Behörden weiter mit.

Es bedarf weiterer umfassender Ermittlungen in alle Richtungen

Bei der Untersuchung sei DNA festgestellt worden, «die Uwe Böhnhardt zuzuordnen ist». Allerdings: «In welchem Zusammenhang diese DNA-Spur gesetzt wurde, wo sie entstanden ist und ob sie in Verbindung mit dem Tod von Peggy K. steht, bedarf weiterer umfassender Ermittlungen in alle Richtungen, die derzeit geführt werden und ganz am Anfang stehen.» Die Anwältin von Peggys Mutter äußerte sich bislang nicht.

Die damals Neunjährige war am 7. Mai 2001 im nordbayerischen Lichtenberg auf dem Heimweg von der Schule verschwunden. Am 2. Juli dieses Jahres hatte ein Pilzsammler Teile ihres Skeletts in einem Waldstück im Saale-Orla-Kreis in Thüringen gefunden - nur rund 15 Kilometer vom Heimatort des Mädchens entfernt. Mehrfach hatte die Polizei anschließend den Fundort abgesucht, weil das Skelett nach Angaben der Ermittler nicht vollständig gewesen war.

Der Rechtsextremist Böhnhardt gehörte dem «Nationalsozialistischen Untergrund» (NSU). Zusammen mit Uwe Mundlos und Beate Zschäpe soll er laut Bundesanwaltschaft jahrelang unerkannt gemordet haben. Die Gruppe erschoss zwischen 2000 und 2007 nach Erkenntnissen der Ermittler neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer und eine Polizistin. Mundlos und Böhnhardt töteten sich im November 2011 nach einem Banküberfall, um einer drohenden Festnahme zu entgehen. Zschäpe stellte sich der Polizei. Seit Mai 2013 muss sie sich vor dem Münchner Oberlandesgericht verantworten.

 

Im NSU-Wohnmobil wurden Kindersachen gefunden

Mehrere Mitglieder des Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses reagierten entsetzt auf die Nachricht des spektakulären Funds. Sie verwiesen auch darauf, dass im ausgebrannten NSU-Wohnmobil Kindersachen gefunden worden seien, deren Herkunft bis heute unklar sei.

Die Linke-Obfrau des Ausschusses, Katharina König, forderte, nun müsse es einen Abgleich der DNA von Böhnhardt sowie der DNA der weiteren mutmaßlichen NSU-Terroristen Mundlos und Zschäpe mit allen ungeklärten Fällen geben, bei denen Kinder und Menschen mit Migrationshintergrund zu Tode gekommen seien. Zudem sei aus ihrer Sicht derzeit völlig offen, ob der Münchner NSU-Prozess gegen Zschäpe so weitergehen könne wie bisher.

Der Münchner Rechtsanwalt Yavuz Narin sagte der Deutschen Presse-Agentur, im Umfeld des NSU seien «mehrere Personen mit Sexualstraftaten an Kindern in Erscheinung getreten». So habe einer der mutmaßlichen NSU-Waffenbeschaffer Böhnhardt des Mordes an einem neun Jahre alten Jungen in Jena bezichtigt. In den Prozessakten fänden sich weitere Namen von Männern, die zum Freundeskreis Böhnhardts zählten und zu denen sich Hinweise auf Kindesmissbrauch in den Akten fänden. Narin verwies außerdem auf den früheren Anführer des «Thüringer Heimatschutzes», Tino Brandt, der wegen Missbrauchs von Jungen im Gefängnis sitzt. Narin vertritt im NSU-Prozess die Familie eines in München ermordeten Geschäftsmannes.

 

Zschäpe soll sich zu den neuen Erkenntnissen im Fall Peggy äußern

Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler hat einen neuen Beweisantrag im NSU-Prozess angekündigt. Dabei sollen Einzelheiten über Kinderporno-Dateien auf einem Computer des NSU untersucht werden, sagte Daimagüler, ein Vertreter der Nebenklage, der Deutschen Presse-Agentur. Im Brandschutt der Fluchtwohnung des NSU-Trios in Zwickau war ein Datenträger mit Kinderpornomaterial gefunden worden. Man müsse herausfinden, «wer Kenntnis hatte und wer es draufgeladen hat – Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe oder alle drei». 

Darüber hinaus forderte Zschäpe auf, sich zu den neuen Erkenntnissen im Fall Peggy zu äußern. «Ich würde mir wünschen, dass Frau Zschäpe auch in diesem Fall an der Aufklärung mitwirkt und auspackt, was sie dazu weiß», sagte er dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Freitag).

Neben dem Generalbundesanwalt sind nach Angaben der Bayreuther Ermittler auch das Bundeskriminalamt, das bayerische Landeskriminalamt und die thüringische Polizei über die neuen Erkenntnisse unterrichtet worden und in die Ermittlungen eingebunden. «Weitere Informationen können derzeit aus ermittlungstaktischen Gründen noch nicht erteilt werden», hieß es weiter. dpa