Beste Stimmung in der bayerischen Wirtschaft: Geschäftslage stellt Rekordwert ein / Fachkräftemangel bremst weiteres Wachstum

Weiterhin positiver Ausblick für die bayerische Wirtschaft  (Foto: pixabay.com / geralt)
Weiterhin positiver Ausblick für die bayerische Wirtschaft (Foto: pixabay.com / geralt)

Die Konjunktur in Bayern läuft auf Hochtouren. Die Geschäftslage erreicht Rekordniveau und die Unternehmen sind davon überzeugt, dass der Aufschwung anhält. Der Index der Bayerischen Industrie- und Handelskammer- tages (BIHK) bleibt konstant bei starken 128 Punkten, so das Ergebnis der vorgestellten Konjunkturumfrage unter rund 4.000 Betrieben im Freistaat.

 

„Die bayerische Wirtschaft geht mit bester Stimmung in einen sonnigen Konjunktur-herbst“, sagte BIHK- Haupt- geschäftsführer Peter Driessen bei einer Pressekonferenz in München. Mehr als jeder zweite Betrieb bezeichnet seine aktuelle Lage als „gut“.

Nur bei sieben Prozent laufen die Geschäfte schlecht. Bei den Geschäftserwartungen sieht das Bild ebenfalls positiv aus: Ein Viertel der bayerischen Betriebe erwartet eine Verbesserung und nur jedes zehnte Unternehmen eine Eintrübung seiner Geschäfte.

 

Die Aussichten für den Arbeitsmarkt bleiben günstig

 

18 Prozent der Unternehmen wollen Personal einstellen. „Ob die Wirtschaft die Fachkräfte findet, ist jedoch fraglich. Fast jedes zweite Unternehmen sieht im leergefegten Arbeitsmarkt ein Risiko für die Geschäftsentwicklung“, unterstrich der BIHK-Chef. Der Risikofaktor Fachkräftemangel ist seit Jahresbeginn 2015 zum vierten Mal in Folge angestiegen. Ein weiterer Wermutstropfen für die Unternehmen sind die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. „Die Politik wird immer mehr zum Dauerrisiko“, kritisierte Driessen. Gründe für diese hohe Unsicherheit sind die zunehmende Bürokratie, die Niedrigzinspolitik, die hohe Steuerbelastung sowie internationale Spannungen wie in der Türkei, Russland oder durch das Brexit-Votum.

 

Digitale Bildungsoffensive

 

Die gute Konjunkturlage sieht BIHK-Chef Driessen als idealen Zeitpunkt für wirtschaftspolitische Reformen und Zukunftsinvestitionen. Bayern müsse der gerade anbrechenden „digitalen Epoche“ seinen Stempel aufdrücken und den sich abzeichnenden Strukturwandel am Arbeitsmarkt vorbereiten und abfedern. „Die Digitalisierung wird alle Tätigkeiten verändern, die automatisiert werden können. Der Arbeitsmarkt wird sich völlig neu ordnen und die Fachkräfte werden sich umorientieren müssen“, so Driessen. Der BIHK-Chef begrüßt deswegen die digitale Bildungsoffensive von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). Bayern müsse nun seine Schulen, darunter vor allem auch die Berufsschulen, zu digitalen Kompetenzzentren ausbauen. „Die heutigen Schüler werden auf eine weitgehend automatisierte Arbeitswelt treffen“, sagte Driessen.

 

Flexiblere Regelungen

 

Außerdem forderte der BIHK-Chef weniger Bürokratie, um den Unternehmen mehr Flexibilität für die Einführung von digitalen Arbeitsprozessen und Geschäftsmodellen zu geben. „Viele Regelungen passen nicht mehr zur Arbeitsrealität in den Unternehmen“, meinte Driessen. Flexiblere Arbeitszeitregelungen und weniger Aufzeichnungspflichten fordern deswegen 86 Prozent der Betriebe. Einschränkungen bei Werk- und Dienstverträgen lehnen 60 Prozent der Unternehmen ab, weil diese Arbeitsmodelle zum Beispiel für die projektweise Beschäftigung von gefragten IT-Spezialisten immer wichtiger werden. Für 82 Prozent der Unternehmen im Freistaat hat die Bürokratie ein Ausmaß erreicht, das ihre unternehmerische Tätigkeit stark einschränkt.

 

Ausgewählte Branchenergebnisse

 

Bauwirtschaft: Das Baugewerbe präsentiert sich in Bestform: 63 Prozent der Unternehmen sind mit ihrer Lage zufrieden und lediglich 3 Prozent unzufrieden. Dies ist ein neuer Rekord. Haupttreiber ist der Wohnungsbau. Er boomt, denn dank sicherer und steigender Einkommen sowie niedriger Zinsen

 wollen die Haushalte Immobilien kaufen. Zusätzlich zieht der Immobilienmarkt immer mehr Investoren an, die eine sichere Geldanlage suchen. Auch der Wirtschaftsbau und der öffentliche Bau haben in den vergangenen Monaten zugelegt.

 

Ein IHK-eigener Indikator zeigt uns, dass der Bau-Boom noch lange nicht zu Ende ist. Die bayerischen IHKs haben in ihrer Rolle als Träger öffentlicher Belange bis Ende September rund 2.500 Stellungnahmen zu Flächennutzungs- und Bebauungsplänen von bayerischen Städten und Gemeinden abgegeben. Dies entspricht bereits dem Volumen des gesamten Vorjahres. Es zeigt, wie stark die Kommunen Planungen für Bauprojekte vorantreiben.

 

Der Boom am Bau wird derzeit nur durch den Fachkräftemangel gebremst. Für drei Viertel der Betriebe ist die dünne Personaldecke das Geschäftsrisiko Nummer eins. Dies ist ein neuer (Negativ-)Rekord.

 

Handel: Neben dem Baugewerbe profitiert insbesondere der Handel von der robusten Inlands- nachfrage. Im Vergleich zum Frühjahr laufen die Geschäfte sogar nochmals besser. Die Lageurteile erreichen den höchsten Stand seit fünf Jahren. Für die kommenden Monate haben die Unternehmen jedoch ihre Prognosen reduziert. Sowohl für das In- als auch das Auslandsgeschäft sind sie zurückhaltender als zuletzt. Dies betrifft vor allem den Großhandel. Damit wird die Branche weiter wachsen, jedoch nicht mehr so kräftig wie in den letzten Monaten.

 

Industrie: Die bayerische Industrie startet ebenfalls stark in das Winterhalbjahr: Mit ihrer Geschäfts- lage zufrieden sind 51 Prozent der Unternehmen, unzufrieden sind nur 8 Prozent. So positiv haben sich die Unternehmen zuletzt zu Jahresbeginn 2012 geäußert. Auch für die kommenden zwölf Monate bleiben die Aussichten günstig: Eine stabile Entwicklung erwarten zwei Drittel der Unternehmen, 25 Prozent rechnen sogar mit einem weiteren Zuwachs. Die Erwartungen sind damit nur etwas niedriger als im Frühjahr. Dies liegt vor allem am Inlandsgeschäft, für das die Unternehmen ihre Prognosen etwas reduziert haben. Optimistisch bewerten sie hingegen das Auslandsgeschäft. Vor allem Nordamerika verspricht Wachstum. Für den asiatischen sowie den größten Absatzmarkt, die EU, rechnen sie weiterhin nur mit einer moderaten Entwicklung. Große unmittelbare Auswirkungen des Brexit-Votums auf die Auftragserwartungen der Industrieunternehmen sind derzeit noch nicht erkennbar. Etwas angestiegen ist die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Unverändert positiv sind hingegen die Beschäftigungspläne: 17 Prozent der Unternehmen suchen zusätzliches Personal und 11 Prozent wollen Stellen abbauen. Allerdings klagen auch in der Industrie 45 Prozent der Betriebe über den Fachkräftemangel. Auch dies ist ein neuer Rekord.

 

Dienstleistungen: Im bayerischen Dienstleistungsgewerbe laufen die Geschäfte so gut wie unmittelbar vor Beginn der Finanzkrise. Rund jedes zweite Unternehmen ist mit seiner aktuellen Lage zufrieden und lediglich 5 Prozent sind unzufrieden. Per Saldo wird der Rekord vom Frühjahr 2007 egalisiert. Unternehmensnahe Dienstleister, wie zum Beispiel aus der IT- Branche, profitieren von der insgesamt guten wirtschaftlichen Entwicklung und die personenbezogenen Dienstleister von der Ausgabenfreude der privaten Haushalte.

 

Die Aussichten für die kommenden zwölf Monaten bleiben auch für das bayerische Dienstleistungs-gewerbe grundsätzlich positiv: 26 Prozent der Unternehmen blicken optimistisch in die Zukunft, nur 11 Prozent pessimistisch. Vor gänzlich anderen Problemen stehen hingegen die Kreditinstitute. Die Branche fällt mit ihren Einschätzungen aus dem positiven Gesamtbild heraus. Mehrheitlich blicken die Institute pessimistisch auf die kommenden Monate. Wie stark das Kreditgewerbe momentan unter Druck ist, zeigen auch die Risikobewertungen: Fast jedes Unternehmen sieht in den gegenwärtigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Geschäftsrisiko. Neben der Niedrigzinspolitik der EZB ist dies auch die weiter zunehmende Regulierung. Der Fachkräftemangel ist dagegen kaum ein Thema, die Mehrheit der Kreditinstitute will Personal abbauen. Diese Ergebnisse sind problematisch, da der Bankensektor von großer gesamtwirtschaftlicher Bedeutung ist und Finanzmarktkrisen für Volkswirtschaften am schwersten zu verdauen sind.

 

(IHK / AK)