Eigenbedarf - Darf ich als Vermieter Eigenbedarf für gewerbliche Zwecke anmelden?

Foto: ©helmutvogler - Fotolia
Foto: ©helmutvogler - Fotolia

Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Wohnraum wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Räume für sich oder seine Familien- oder Haushaltsangehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Benötigt der Vermieter die Räume nur teilweise für Wohnzwecke, überwiegend aber für gewerbliche bzw. freiberufliche Zwecke (z.B. Anwaltskanzlei, Architekturbüro), kann der Vermieter die Kündigung zwar nicht auf Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB), aber auf ein allgemeines berechtigtes Interesse i.S. von § 573 Abs. 1 stützen, da der Wunsch des Vermieters, seine Wohnung auch für eigene berufliche Zwecke zu nutzen, im Hinblick auf die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit grundsätzlich zu beachten ist.

 

Durch die Formulierung „insbesondere“ in § 573 Abs. 2 BGB kommt nämlich zum Ausdruck, dass die Aufzählung dort nicht abschließend ist und § 573 Abs. 1 BGB auch dann als Generalklausel anwendbar bleibt, wenn die besonderen Kündigungstatbestände (z.B. Eigenbedarf, § 573 Abs. 2 BGB) nicht vorliegen. Dieses allgemeine berechtigte Interesse des Vermieters nach § 573 Abs. 1 BGB ist aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als der gesetzlich geregelte Eigenbedarf in § 573 Abs. 2 BGB (so bereits BGH, Beschluss v. 05.10.2005, VIII ZR 127/05, WuM 2005 S. 779; Urteil v. 26.09.2012, VIII ZR 330/11, WuM 2013 S.47).

 

Will der Vermieter die Wohnung zwar überwiegend für seine geschäftliche Tätigkeit, aber auch zu Wohnzwecken nutzen und in der Wohnung somit seinen persönlichen Lebensmittelpunkt begründen, ist es für ein Kündigungsrecht regelmäßig ausreichend, dass der Vermieter bei verwehrtem Bezug ein beachtenswerter Nachteil entstünde, was – so der BGH – bei einer auf nachvollziehbaren und vernünftigen Erwägungen der Lebens- und Berufsplanung des Vermieters häufig der Fall sein dürfte.

 

Entsprechendes gilt, wenn die Mischnutzung durch den Ehegatten oder Lebenspartner des Vermieters erfolgen soll. Strengere Voraussetzungen an das Kündigungsrecht sind zu stellen, wenn der Vermieter die Wohnung ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken nutzen möchte. Weil der Mieter in diesem Fall allein aus geschäftlich motivierten Gründen von seinem räumlichen Lebensmittelpunkt verdrängt werden soll, ist ein Kündigungsrecht nur dann gegeben, wenn der Fortbestand des Mietverhältnisses für den Vermieter einen Nachteil von einigen Gewicht darstellen würde z.B. wenn die wirtschaftliche und rentable Durchführung der geschäftlichen Tätigkeit des Vermieters gefährdet wäre oder die konkrete Lebensgestaltung des Vermieters die Nutzung der Mietwohnung erfordert (z.B. wenn der Vermieter die Räume benötigt, um sein Büro näher am Eigenheim zu platzieren und so Familie und Beruf besser in Einklang bringen kann oder bei gesundheitlichen Einschränkungen des Vermieters, Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen).

 

Diese Voraussetzungen sind z.B. dann nicht erfüllt, wenn der Vermieter die Wohnung nur zur Auslagerung eines (teilweise dreißig Jahre zurückreichenden) Aktenbestandes für seine im selben Haus befindliche Beratungsfirma nutzen will. Hier stellt die Lagerung der Akten in einer anderen, etwas weiter entfernteren Räumlichkeit für den Vermieter keinen erheblichen Nachteil dar (BGH, Urteil v. 29.03.2017, VIII ZR 45/16).

 

Mehr Informationen finden Sie auch unter:

www.haus-und-grund-muenchen.de