Wieder vielbeachtete Pressekonferenz von Haus+Grund München

Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender Haus+Grund München/Foto: ©immostar.de
Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender Haus+Grund München/Foto: ©immostar.de

Der Haus- und Grundbesitzerverein München und Umgebung e.V. hatte am 8. Mai 2017 anlässlich der Jahreshauptversammlung zur Pressekonferenz in die Sonnenstraße 13 eingeladen. Zahlreiche Medienvertreter folgten mit großem Interesse den Ausführungen von Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender bei Haus + Grund München, vor allem bei seiner Kritik gegenüber der Stadt München.

Stürzer wies deutlich auf den Münchner Mietspiegel und den neuen Städtischen Wohnungsmarktbericht und die damit, nach seiner Meinung, verbundenen Missstände hin. Der Hausbesitzerverein fühlt sich von der Stadt getäuscht und stellt abermals die Frage, warum die wichtigsten Daten und die Kriterien, die den Veröffentlichungen zugrunde liegen, nicht offengelegt werden. Der Vorsitzende wies weiter auf die Fehlerhaftigkeit der Mietpreisverordnung und auf die Nachverdichtung als Mietpreistreiber im Wohnungsbau ebenso deutlich hin. Hier der genaue Wortlaut Stürzers zu den immobilienrelevanten Themen:

 

 

„Münchner Mietspiegel 2017 - Stadt täuscht und trickst“

 

 

Hat das Münchner Sozialreferat die Adressdaten des Münchner Mietspiegels 2017 nun vernichtet oder nicht? Auf diese Frage gibt es gegensätzliche Antworten; allerdings von ein und derselben Stelle – dem Sozialreferat der Stadt München. Haus + Grund München hat das Münchner Sozialreferat mit Schreiben vom 03.02.2017 zur Offenlegung der in den Mietspiegel 2017 eingeflossenen Mietdaten aufgefordert. Daraufhin teilt das Sozialreferat mit Schreiben vom 03.03.2017, unterzeichnet von der Behördenleiterin Dorothee Schiwy mit, dass „die Adressdaten aus datenschutzrechtlichen Gründen bereits gelöscht wurden und die Informationen daher nicht mehr vorhanden sind“ (wörtliches Zitat). Auf den daraufhin beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gestellten Eilantrag (§ 123 VwGO), der Stadt die (weitere) Datenvernichtung zu untersagen und die Daten offenzulegen, teilt die Stadt dem Gericht mit Schreiben vom 27.03.2017 mit, dass die Adressdaten noch in einer Datenbank vorliegen.

 

„Diese sollten ursprünglich routinemäßig zum Monatsende gelöscht werden, die Löschung wurde jedoch zwischenzeitlich bereits ausgesetzt“ (wörtliches Zitat). Ob die behauptete „routinemäßige Löschung“ zum Monatsende tatsächlich beabsichtigt war, kann dahingestellt bleiben. Bei Abfassung des Schreibens vom 03.03.2017 an Haus + Grund München waren die Adressdaten jedenfalls noch vorhanden. Dies hat die Stadt wahrheitswidrig verneint. Mit dieser wahrheitswidrigen Behauptung sollte Haus + Grund offensichtlich von der Geltendmachung der Auskunftsansprüche abgehalten werden: „Was nicht mehr da ist, kann man schließlich nicht mehr offenlegen“.

 

Ein bundesweit einmaliger Vorgang: Nicht nur, weil die Stadt ihre Bürger anlügt. In allen anderen bundesdeutschen Großstädten, in denen es qualifizierte Mietspiegel gibt, ist es selbstverständlich, dass die Daten, aus denen der Mietspiegel generiert wird, allen Beteiligten bekannt sind. Selbstverständlich schon deshalb, weil nur derjenige der die in den Mietspiegel eingeflossenen Daten kennt, beurteilen kann, ob der Mietspiegel richtig ist. Dies gilt für uns; dies gilt für den Münchner Stadtrat, der den Mietspiegel als qualifiziert beschließen soll und letztlich auch für die Gerichte, die nur dann über den Mietspiegel zutreffend entscheiden können, wenn ihnen die eingeflossenen Daten bekannt sind.

 

Datenvernichtung vereitelt gerichtliche Nachprüfung

 

Mit der Vernichtung bzw. Löschung von Daten würde die Stadt nicht nur gegen die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen von 10 Jahren verstoßen. Damit würde auch das Informationsrecht – nicht nur der Münchner Bürger(innen) – sondern auch der Mitglieder auch des Münchner Stadtrats unterlaufen, die berechtigt sind, alle Akten einzusehen, die mit dem Mietspiegel in unmittelbarem Zusammenhang stehen (§ 38 Abs. 2 Geschäftsordnung des Münchner Stadtrats). Die Vernichtung der Daten insbesondere der Adressdaten würde auch den Anspruch von Mietern und Vermietern auf Überprüfung des Mietspiegels vereiteln, da dann nicht mehr feststellbar ist, ob für den Mietspiegel überproportional viele Mieten in Anwesen mit besonders niedrigen Mieten oder sogar Mieten in Anwesen erhoben wurden, deren Mieten überhaupt nicht in den Mietspiegel einfließen dürfen, z.B. weil es sich um Sozialwohnungen, Genossenschaftswohnungen oder Wohnungen in den zahlreichen Münchner Erhaltungssatzungsgebieten handelt, deren Mieten durch Vereinbarung mit der Stadt begrenzt sind.

 

Sozial– und Genossenschaftswohnungen im Mietspiegel

 

Die Stadt weiß, warum sie sich mit „Händen und Füßen“ gegen eine Offenlegung der Daten sträubt: In den Mietspiegel 2017 sind - unzulässigerweise – auch Daten von solchen Wohnungen eingeflossen. Ein Nachweis soll mit allen Mitteln verhindert werden. Bereits zum Mietspiegel 2015 hat die damalige Sozialreferentin Brigitte Meier im Schreiben vom 13.07.2015 an Haus + Grund München eingeräumt, dass in den Mietspiegel Daten von Sozial- und Genossenschaftswohnungen eingeflossen sind, da ein Mietspiegel nur dann ein „wirklicher“ Mietspiegel sei. Seither versucht die Stadt, diese Aussage als „missverständlich“ darzustellen. Zum Mietspiegel 2017 liegt nun die Stellungnahme eines Interviewers vor, der genau diese Aussage bestätigt. Er sei gezielt in Sozial- und Genossenschaftswohnungen geschickt worden, um dort die entsprechenden Mietdaten zu erheben. Dies würde auch die Diskrepanz zwischen der Durchschnittsmiete des neuen Mietspiegels 2017 - € 11,23/qm – und der tatsächlichen Münchner Durchschnittsmiete erklären, die bereits Mitte 2016 von 6.700 Lesern zweier großer Münchner Tageszeitungen mit durchschnittlich € 13,58/qm ermittelt wurde und aktuell bei € 14,10/qm d.h. um ca. 25% über den Mietspiegelwerten liegt.

 

Zum Vergleich: In den Mietspiegel 2017 durften lediglich 3.154 Mietdaten (von 41.289! durchgeführten Interviews) einfließen – 1.079 Neuvertragsmieten mit durchschnittlich € 12,51/qm und 2.075 Bestandsmieten mit durchschnittlich € 10,57/qm. Jeder, der den Münchner Mietwohnungsmarkt kennt, weiß, dass Wohnungen in München nicht für durchschnittlich (!) € 12,51/qm vermietet werden. Die Neuvertragsmiete beträgt nach dem städtischen Wohnungsmarktbarometer € 15/qm; lt. der neuesten Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), über die u.a. die Süddeutsche Zeitung am 16.03.2017 berichtet hat, sogar € 15,65/qm d.h. 25 % über den Mietspiegelwerten. Im Erhebungszeitraum zum Mietspiegel lag die Neuvertragsmiete nur geringfügig darunter. Gleiches gilt für die in den Mietspiegel eingeflossenen Bestandsmieten von durchschnittlich € 10,57/qm.

 

Dies würde bedeuten, dass Mieten, die in den letzten vier Jahren erhöht worden sind, auf durchschnittlich € 10,57/qm erhöht (!) wurden – ein völlig praxisfremder Wert. Wenn Mieterhöhungen in den letzten vier Jahren stattgefunden haben, betrug die erhöhte Miete durchschnittlich € 13/qm. Generiert werden diese praxisfremden Werte auch dadurch, dass von den 41.289 mit Mieter(innen) geführten Interviews nur die Daten von 3.154 Wohnungen d.h. 8 % in den Mietspiegel einfließen durften. 92 % der erhobenen Daten wurden vorab eliminiert, weil sie „nicht mietspiegelrelevant“ waren. Dazu gehören z.B. selbstgenutzte Wohnungen und Häuser, aber auch möblierte Wohnungen und Wohnungen in Studenten- und Altenheimen. Dazu können aber auch Wohnungen mit Mieten gehören, die man nicht im Mietspiegel sehen will. Wie viele Wohnungen aus welchen Gründen eliminiert wurden – auch darüber hüllt sich das Sozialreferat in Schweigen. Tatsache ist, dass im Bundesdurchschnitt bei qualifizierten Mietspiegeln 60 % bis 70 % der erhobenen Daten in die örtlichen Mietspiegel einfließen; in München dagegen nur 8 %.

 

 

 

„Neuer Städtischer Wohnungsmarktbericht: Warum verschweigt er die wichtigsten Daten?“

 

 

Wer die regelmäßigen Berichte in den Medien über „Horrormieten“ und „Mietenwahnsinn“ verfolgt, bekommt tatsächlich den Eindruck, München wäre nur noch für Wohlhabende und Bestverdiener bezahlbar. Dabei gibt es zur Frage der Bezahlbarkeit der Münchner Mieten zahlreiche Statistiken; allerdings keine einzige, die diesen Eindruck bestätigen könnte. Im Gegenteil: Der letzte Städtische Wohnungsmarktbericht (Ausgabe Dez. 2012), in dem die Mietbelastung der Mieter(innen) in bundesdeutschen Großstädten verglichen wurden, schließt mit der Feststellung (wörtliches Zitat): „So hat München trotz des Spitzenmietniveaus aufgrund der hohen Kaufkraft eher eine mittlere Mietbelastung im nationalen Vergleich“.

 

Neuer Städtischer Wohnungsmarktbericht

 

Der aufmerksame Leser wird sich jetzt fragen: Warum wird hier aus einem 4 Jahre alten Wohnungsmarktbericht zitiert? Gibt es zur Mietbelastung keine neueren Zahlen? Diese Zahlen gibt es! Sie werden von der Stadt nur nicht mehr veröffentlicht. Der Hintergrund: Seit 1994 erscheint im Turnus von 2 Jahren der Städtische Bericht zur Wohnungssituation in München. Diese Berichte enthalten regelmäßig interessante Zahlen über den Münchner Wohnungsmarkt so z. Bsp. über die Entwicklung des Wohnungsbestandes, der Wohnungsnachfrage, der Immobilienpreise und der Mieten und jedenfalls bis zur Ausgabe 2012 - auch Zahlen über die Mietbelastung von Münchens Mieter(innen) d.h. zur Frage, wie viel Prozent ihres verfügbaren Einkommens die jeweiligen Einkommensgruppen für die Miete aufwenden müssen – letztlich also Zahlen über die viel diskutierte „Bezahlbarkeit“ der Mieten. Auf diese Zahlen wurde bereits in der letzten, Ende 2014 veröffentlichten Ausgabe – erstmals seit 20 Jahren – „verzichtet“. Auch die neueste Ausgabe, die das Sozialreferat vor kurzem dem Stadtrat präsentiert hat und in den nächsten Wochen veröffentlicht wird, enthält keine Angaben mehr zur Mietbelastung in München.

 

1994 – 2011: Sinkende Mietbelastung

 

Nach den früheren Städtischen Berichten zur Wohnungssituation in München lag die Mietbelastung im Jahr 1994 noch bei 30 %; 2007 betrug sie nur noch 25 % und ist im Jahre 2011 auf 23 % gesunken. Der Grund: Zwar sind sowohl die Bestandsmieten als auch die Neuvertragsmieten in diesem Zeitraum deutlich gestiegen; allerdings weniger stark als Löhne, Gehälter und die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Dazu wurde im Städtischen Bericht zur Wohnungssituation, Ausgabe 2012 ausgeführt (wörtliches Zitat: „Gegenüber der letzten Mikrozensus- Erhebung sank erfreulicher Weise die Münchner Mietbelastungsquote. Dies gilt für nahezu alle Haushaltsgrößen, ausgenommen der der 4-Personen-Haushalte, hier erhöhte sich die Quote um ein halbes Prozent. Bei Münchner Haushalten, die keine Transferleistungen erhalten, liegt die Mietbelastung bei 20,8 %.“(Zitatende). Damit lag die Mietbelastungsquote bei Haushalten ohne Transferleistungen (z.B. Hartz IV) sogar unter dem Bundesdurchschnitt von 22 %. In einigen Großstädten wie z.B. Berlin müssen Mieter laut dem Städtevergleich des Wohnungsmarktberichtes 2012 mit 28 % einen größeren Teil Ihres Einkommens für die Miete aufwenden als in München.

 

Amtliche Zahlen sind „politisch unkorrekt“

 

Diese – amtlichen – Zahlen passen nicht in das Konzept von Politikern – inzwischen aller großen Parteien – die immer gerne von der „dramatischen Mietenentwicklung“ in München sprechen, um weitere Beschränkungen der Eigentümerrechte fordern zu können, z.B. durch Streichung des 4-Jahres-Zeitraums bei der Erstellung des Mietspiegels, Reduzierung der Modernisierungsumlage etc. Mit solchen Forderungen sind die städtischen Zahlen über das laufende Sinken der Mietbelastungsquote in München nicht vereinbar. Nachdem Vertreter der Stadt bis hin zur Stadtspitze bei öffentlichen Diskussionen über Münchens hohe Mieten niemals ihre eigenen – nicht ins politische Konzept passenden – Zahlen erwähnten, hat Haus + Grund München nach Veröffentlichung des Wohnungsmarktberichtes 2012 die Frage gestellt, ob die Vertreter der Stadt ihre eigenen Publikationen nicht kennen oder nur nicht darüber reden wollen. Die Konsequenz: Bereits im Wohnungsmarktbericht 2014 wurden zur Mietbelastung in München keine Zahlen mehr veröffentlicht. Damalige Begründung der Stadt: Man habe keine aktuellen Zahlen. Auch die neue vor Kurzem erschiene Ausgabe – inzwischen 154 Seiten stark mit ansonsten detaillierten Ausführungen zum Wohnungs-  markt – enthält keine Angaben zur Mietbelastung in München d.h. zur „Bezahlbarkeit“ der Mieten – dem wohl bedeutsamsten Kriterium in der Wohnungspolitik.

 

Die Begründung der Stadt für das Fehlen konkreter Zahlen wird vermutlich gleichlautend, aber ebenso unzutreffend sein. Umfangreiche und detaillierte Studien zur Mietbelastung gibt es nämlich sehr wohl. Neue Studien zur „Bezahlbarkeit“: Aktuelle Zahlen zur Mietbelastung in bundesdeutschen Städten und Gemeinden enthalten die kürzlich veröffentlichten Studien von IMMOBILIENSCOUT24 und dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, die auf den Daten u.a. des Deutschen Mieterbundes beruhen. Danach müssen Münchens Mieter(innen) durchschnittlich 27 % ihres verfügbaren Nettoeinkommens für die Miete aufwenden. Somit zwar 4 % mehr als noch im Jahre 2011 und auch 3 % mehr als im Bundesdurchschnitt (24 %).

 

Münchens Mieter leisten sich große Wohnflächen

 

Zu berücksichtigen ist nach diesen Studien allerdings, dass Münchner Haushalte bundesweit mit 40 qm/ Person auch über die größte Wohnfläche verfügen. Diesen unterschiedlichen Flächenkonsum hat das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in seiner neuesten Studie über die Mietbelastung in bundesdeutschen Städten und Gemeinden berücksichtigt. Ergebnis: Haushalte, die 25 % ihres verfügbaren Einkommens für die Miete aufwenden, bekommen in München 70 qm Wohnfläche; in Hamburg u. Berlin nur 68 qm, in Würzburg 64 qm, in Freiburg 61 qm, in Trier nur 59 qm. Mehr Wohnfläche bei gleicher Mietbelastung gibt es z.B. in Augsburg (74 qm), Nürnberg (77 qm), Bayreuth (81 qm), Landshut (92 qm), Wolfsburg (98 qm), Mühlheim a.d. Ruhr (98 qm). Soweit die neuesten Zahlen. Diese waren für eine Übernahme in den aktuellen Wohnungsmarktbericht wohl zu unspektakulär.

 

 

„Mietpreisbremse – Verfassungsgericht bestätigt Fehlerhaftigkeit der Bayerischen Verordnung: Mietgerichte müssen über Wirksamkeit entscheiden“

 

 

In seiner Entscheidung vom 04.04.2017 hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Auffassung von Haus + Grund München bestätigt, dass die bayerische Mietpreisbremseverordnung die Anforderungen missachtet, die der Bundesgesetzgeber an eine solche Verordnung stellt. Weil die Verordnung aber nicht zugleich auch gegen die Grundrechte und das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung verstößt, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit abgewiesen und ausgeführt, dass die Beurteilung der Frage, ob der Verstoß gegen die bundesrechtlichen Vorgaben zur Unwirksamkeit der Verordnung führt, in erster Linie Aufgabe der hierfür zuständigen Mietgerichte ist. Nach den Anforderungen, die der Bundesgesetzgeber an eine solche Verordnung stellt (§ 556d Abs. 2 S. 6 BGB) muss aus der Begründung der Verordnung für jeden Bürger ersichtlich sein, aus welchen Gründen in seiner Stadt/Gemeinde eine Mietpreisbremse eingeführt worden ist, wonach bei der Neuvermietung einer Wohnung eine Mietpreisbegrenzung (maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete) gilt.

 

Begründet werden kann dies z.B. damit, dass die Mieten dort besonders stark gestiegen sind, die Mietbelastung der Bürger überdurchschnittlich hoch ist oder ein überdurchschnittlich starker Wohnungsmangel vorliegt. Entgegen diesen Anforderungen des Bundesgesetzgebers hat es sich die Bayerische Staatsregierung einfach gemacht und in der Verordnung lediglich 144 Städte/Gemeinden und dazu pauschal einige Kriterien aufgelistet, die für eine Aufnahme dieser Städte/Gemeinden sprechen könnten. Eine Zuordnung von konkreten Kriterien (z.B. der Mietbelastungsquote) zu einer bestimmten Stadt/Gemeinde - wie es der Bundesgesetzgeber vorschreibt - ist nicht erfolgt. Somit ist auch nicht nachprüfbar, ob die betroffenen Städte/Gemeinden die erforderlichen Voraussetzungen überhaupt erfüllen - ein klarer Verstoß gegen die zwingende Begründungspflicht, die der Bundesgesetzgeber den Ländern auferlegt hat. 

 

Dieser Verstoß - so der Verfassungsgerichtshof - führt aber nicht zwingend auch zu einem Verstoß gegen die Grundrechte der Bayerischen Verfassung. Dies wäre erst dann der Fall, wenn der bayerische Normgeber offensichtlich den Bereich der Rechtsordnung des Bundes verlässt und eine Verordnung eindeutig ohne Rechtsetzungsbefugnis schafft oder der Widerspruch zum Bundesrecht nicht nur offensichtlich zutage tritt, sondern auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender, krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten wäre. Dies sei aber bei einem Verstoß gegen die bundesgesetzliche Begründungspflicht noch nicht der Fall. Mit dieser doch sehr regierungstreuen Entscheidung hat der Verfassungsgerichtshof der Bayerischen Staatsregierung eine Blamage erspart und den „Schwarzen Peter“ an die Mietgerichte weitergereicht. Man darf daher gespannt sein, ob auch die Mietgerichte Verstöße gegen bundesgesetzliche Vorschriften als belanglos ansehen, was die Frage aufwerfen würde, welchen Sinn und Zweck gesetzliche Vorgaben haben, wenn sie folgenlos missachtet werden dürfen.

 

 

„Wohnungsbau-Nachverdichtung ist Mietpreistreiber“

 

 

Mangels ausreichender Flächen werden Wohnungen im Stadtgebiet München auch künftig in erster Linie durch Nachverdichtung entstehen können. Bekannt und viel diskutiert ist dabei die Tatsache, dass Nachverdichtung vielfach zur Überlastung der Infrastruktur und zur Zunahme von Lärm und sonstigen Emissionen und damit zu einer Minderung der Wohn- und Lebensqualität führt und dementsprechend häufig auf Ablehnung, gerade in der unmittelbaren Umgebung der Bauvorhaben stößt. Nicht zu Unrecht, nachdem die Erfahrung zeigt: Je dichter die Bebauung, desto zahlreicher und heftiger auch die sozialen Konflikte – von kleinen alltäglichen Auseinandersetzungen bis hin zu strafbaren Handlungen. Nachverdichtung hat aber noch einen weiteren „Haken“, über den nicht gerne diskutiert wird. Nachverdichtung war bereits in der Vergangenheit einer der wesentlichen Preistreiber bei den Bodenpreisen und in der Folge auch bei den Mietpreisen und wird es auch in Zukunft sein.

 

Der Grund: In München steigt der Bodenpreis nahezu proportional mit dessen Bebaubarkeit, z.B. bei einer Erhöhung der Geschoßflächenzahl (GFZ) um 30 % erhöht sich der Bodenwert entsprechend. In den meisten Gebieten in München gibt es keinen Bebauungsplan. Dort richtet sich das zulässige Maß der Bebauung (u.a.GFZ) nach der umgebenden Bebauung (§ 34 Baugesetzbuch). Bei einer Nachverdichtung z.B. durch Anbau oder Aufstockung auf einem Grundstück steigt die regionale GFZ und damit auch der Bodenwert der umliegenden Grundstücke. Dies kann den alle 2 Jahre erscheinenden Bodenrichtwertkarten des Münchner Gutachterausschusses entnommen werden. Die neuen, zum 31.12.2016 festgestellten Münchner Bodenpreise zeigen dies eindrucksvoll. Der Grundstückswert, der bereits jetzt i.d.R. einen Anteil von deutlich über 50 % des Kaufpreises einer Wohnung ausmacht, wird durch Nachverdichtung weiter in die Höhe getrieben und findet seinen Niederschlag letztlich in den Mietpreisen für Neubauten, die mittelfristig wieder in die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete einfließen und diese in die Höhe treiben.

 

Dieser Effekt würde nur dann nicht eintreten, wenn durch die Nachverdichtung ein ausgeglichenes Verhältnis von Angebot und Nachfrage geschaffen werden könnte. Bei einem prognostizierten Zuzug von 200.000 Bürgern nach München in den nächsten 15 Jahren und der Schaffung von – realistisch – ca. 5.000 Wohnungen jährlich weiß jeder, dass diese Vorstellung illusorisch ist. Nachverdichtung um jeden Preis wird die Wohnungsproblematik in München daher nicht mindern, sondern verschärfen: Abnehmende Wohn- und Lebensqualität bei weiter steigenden Kauf und Mietpreisen.