Kündigung - Berechtigt eine Strafanzeige des Mieters den Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses

Bild: © vanna44 - pixabay.com
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Zu der Frage, ob die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar ist (§ 543 Abs. 1 BGB), wenn er von seinem Mieter einer Straftat bezichtigt und angezeigt wird, hat sich eine umfangreiche Rechtsprechung entwickelt. Danach kann eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein (vgl. § 543 Abs. 3 Nr. 2 BGB), wenn der Mieter den Vermieter ohne sachlichen Grund einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit, z.B. der Zweckentfremdung von Wohnraum beschuldigt, um ein amtliches Verfahren gegen den Vermieter zu veranlassen.

Gleiches gilt für vorsätzliche oder leichtfertige inhaltlich unrichtige Strafanzeigen gegen den Vermieter. Aber auch wenn der angezeigte Sachverhalt in objektiver Hinsicht zutreffend sein sollte, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein, falls der Mieter dem Vermieter leichtfertig Betrugsabsicht unterstellt, ohne dass Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Verhalten des Vermieters bestehen (z.B. bei Berechnung der Miete). Dabei muss der Angezeigte lediglich beweisen, dass der Gekündigte Anzeige erstattet hat.

 

Der Angezeigte (Kündigende) muss dagegen nicht beweisen, dass die Anschuldigung falsch ist. Vielmehr liegt die Beweislast dafür, dass die Anschuldigungen zutreffend sind, beim Anzeigenerstatter. Er muss darlegen und beweisen, dass und aus welchen Gründen er die Tatsachen für wahr erachtet. Ein nicht aufgeklärter Sachverhalt geht somit zulasten des Anzeigenerstatters. Eine Abmahnung vor einer Kündigung wegen einer unrichtigen Strafanzeige ist grundsätzlich entbehrlich, da es insofern auf eine Wiederholungsgefahr nicht ankommt.

 

Eine andere Bewertung kann sich ergeben, wenn der Mieter mit der Anzeige objektiv ein eigenes Interesse, z.B. die Aufklärung eines ihn belastenden Sachverhalts, verfolgt. Eine Strafanzeige stellt insbesondere dann einen Kündigungsgrund dar, wenn dadurch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel verletzt wird. Insofern ist neben dem Verhalten des Angezeigten zu prüfen, ob die Anzeige im Rahmen der Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte bzw. in Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten erfolgt ist oder zur Wahrung eigener Interessen.

 

An einer Verhältnismäßigkeit der Mittel fehlt es insbesondere dann, wenn der Anzeigenerstatter nicht zur Wahrung eigener Interessen handelt, sondern um dem Angezeigten einen Schaden zuzufügen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Anzeige zwar auf wahren Tatsachen beruht, sich aber dennoch als unangemessen darstellt, weil der Anzeigenerstatter mit der Anzeige Interessen weiterverfolgen und durchsetzen will, die er auf dem Zivilrechtsweg nicht erfolgreich durchzusetzen vermochte, z.B. Streitigkeiten über die Höhe der Miete, die Berechtigung zur Umlage von Betriebskosten und ähnliche Fälle, für die der zivilrechtliche Weg zur Verfügung steht.

 

Bei der Frage, ob eine Strafanzeige des Mieters gegen den Vermieter eine (außerordentliche oder ordentliche) Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigt, kommt es darauf an, ob in der Anzeige des Mieters zugleich ein Verstoß gegen mietvertragliche Treuepflichten liegt. Dies ist jedenfalls nicht der Fall, wenn der Mieter mit der Strafanzeige vornehmlich eigene Interessen vertritt, weil er sich selbst als Opfer einer Straftat ansieht, und nicht primär das Ziel verfolgt, den Vermieter zu schädigen.

 

Dementsprechend berechtigt eine Strafanzeige des Mieters den Vermieter nur zur fristlosen Kündigung, wenn sie auf erfundenen Tatsachen beruht oder leichtfertig erstattet wurde oder zwar auf wahren Tatsachen beruht oder solchen, die der Anzeigenerstatter für wahr hält; er aber nicht zur Wahrung eigener Interessen handelt (z.B. weil er von der angezeigten Straftat nicht betroffen ist), sondern um dem Angezeigten einen Schaden zu zufügen. Der Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liegt hier in dem denunziatorischen Charakter der Anzeige.

 

Ein Grund zur fristlosen Kündigung besteht dagegen nicht, wenn der Anzeigenerstatter wahre oder aus seiner Sicht möglicherweise wahre Tatsachen zum Anlass einer Anzeige nimmt und hierbei zur Wahrung eigener Interessen handelt z.B. an der Aufklärung der Tat, an einem behördlichen Eingreifen oder einer Bestrafung des Täters. In jedem Fall ist der Anzeigenerstatter aber verpflichtet, sorgfältig zu prüfen, ob ein Anlass zur Anzeige besteht. Ist dies der Fall, kommt mangels Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Kündigung im Allgemeinen nicht in Betracht.

 

Eine Strafanzeige kann jedenfalls nicht bereits deshalb als pflichtwidrig angesehen werden, weil der Mieter die zur Anzeige gebrachte Straftat nicht beweisen kann; andernfalls würde der Mieter bei jeder Anzeige dem Risiko der fristlosen Kündigung ausgesetzt sein.

 

Mehr Informationen finden Sie auch unter:

www.haus-und-grund-muenchen.de