Vertragsänderung - Mündliche Vereinbarung auch bei Schriftformklausel wirksam

(Symbolbild; Foto: pixabay.com / geralt)
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Nach dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge müssen eingehalten werden) sind die Parteien eines Vertrags grundsätzlich für die gesamte Laufzeit an dessen Inhalt gebunden und können den Vertrag nur in gegenseitigem Einvernehmen ändern (§ 145 ff, 535 BGB). Will der Mieter z.B. in den zu Wohnzwecken angemieteten Räumen ein Gewerbe ausüben oder umgekehrt die Geschäftsräume zu Wohnzwecken benutzen, bedarf es hierfür einer einvernehmlichen Änderung des Mietvertrags z.B. in Form eines von beiden Parteien...

...unterzeichneten Nachtrags. Sog. „Schriftformklauseln“, die bestimmen, dass Änderungen des Vertrags nur dann wirksam sind, wenn sie schriftlich vereinbart wurden, verstoßen zwar nicht generell gegen die gesetzlichen Vorschriften des § 305 ff BGB. Allerdings haben nachträgliche individuelle Vereinbarungen grundsätzlich Vorrang vor einer solchen Schriftformklausel. Dies gilt unabhängig von der Form der Vereinbarung d.h. auch dann, wenn die Vereinbarung nur mündlich getroffen wurde, und sogar dann, wenn die Schriftformklausel bestimmt, dass mündliche Abreden unwirksam sind (z.B. durch die Formulierung: „Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform“).

 

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Parteien eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (hier: der Schriftformklausel) beabsichtigt haben oder sich der Kollision mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bewusst geworden sind. Entsprechendes gilt für eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene sog. qualifizierte (doppelte) Schriftformklausel, wonach auch Änderungen der Schriftformklausel wiederum der Schriftform bedürfen. Auch insoweit hat die individuelle Vereinbarung Vorrang vor der Allgemeinen Geschäftsbedingung, wobei weder eine besondere Form der individuellen Vereinbarung noch ein Bewusstsein der Parteien, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu ändern, gefordert werden kann.

 

Daher können die Vertragsparteien trotz einer formularmäßigen doppelten Schriftformklausel in einem Gewerbemietvertrag auch mündlich oder stillschweigend Änderungen (z.B. des Vertragszwecks) vereinbaren (BGH, Beschluss v. 25.01.2017, XII ZR 69/16).