Eigenbedarfskündigung - Keine Mindestnutzungsdauer bei Zweitwohnung

(Symbolbild; Foto: pixabay.com /22aprilstore)
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Der Vermieter ist zur Kündigung wegen Eigenbedarfs grundsätzlich auch dann berechtigt, wenn er die vermietete Wohnung lediglich als Zweitwohnwohnung nutzen will. Zwar reicht nach der Rechtsprechung des BGH allein der Wille des Vermieters, in den eigenen Räumen zu wohnen oder dort einen Familien- oder Haushaltsangehörigen wohnen zu lassen, für die Annahme von Eigenbedarf noch nicht aus.

Es genügen jedoch vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme des Wohnraums. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BGH weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Vorschrift des § 573 Abs.2 Nr.2 BGB zu entnehmen, dass dem Vermieter ein Kündigungsrecht nur dann zustehen soll, wenn er oder eine begünstigte Person einen Mangel an Wohnraum hat oder der Vermieter sich in einer wohnbedarfstypischen Lage befindet (so bereits BGH, RE v. 20.01.1988, a.a.O.).

 

Eine weitere grundsätzliche Beschränkung der Eigenbedarfskündigung – etwa die Forderung nach der Begründung des Lebensmittelpunktes – lässt sich dieser Rechtsprechung ebenfalls nicht entnehmen. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass der BGH selbst davon ausgegangen ist, dass auch ein zeitlich begrenzter Bedarf einer Wohnung die Voraussetzungen der Eigenbedarfskündigung erfüllen kann (so BGH, Urteil v. 20.10.2004, VIII ZR 246/03, NZM 2005 S.143). Diese Rechtsprechung des BGH steht nach einem Beschluss des Bundes-verfassungsgerichts im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die zu den Voraussetzungen der Eigenbedarfskündigung ergangen ist (BVerfG, Beschluss v. 23.04.2014, 1 BvR 2851/13).

 

Danach ist höchstrichterlich geklärt, dass der Begriff des „Benötigens“ für eine Eigenbedarfskündigung ernsthafte, vernünftige und nachvollziehbare Gründe des Vermieters voraussetzt, die Wohnung künftig selbst oder durch nahe Angehörige zu nutzen. Diese Kriterien sind auch für die Beantwortung der Frage entscheidend, ob der Wunsch des Vermieters, die vermietete Wohnung künftig selbst als Zweitwohnung zu nutzen, eine Eigenbedarfskündigung rechtfertigt, wobei es auch dabei maßgeblich auf die Würdigung der Umstände des Einzelfalls ankommt.

 

Hieraus ergibt sich allerdings gleichzeitig, dass eine zeitliche Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals „Benötigen“ bei einer Zweitwohnung nicht möglich ist; eben weil die erforderliche einzelfallbezogene tatrichterliche Würdigung allgemein verbindliche Aussagen – etwa über eine konkrete „Mindestnutzungsdauer“ der Zweitwohnung – nicht zulässt. Dementsprechend kann ein Eigenbedarf jedenfalls dann angenommen werden, wenn aufgrund von Indizien und nach persönlicher Anhörung des Vermieters dieser die Absicht hat, sich regelmäßig und mehrfach im Jahr aus beruflichen Gründen in der Stadt aufzuhalten und nicht mehr auf eine Unterkunft im Hotel oder bei privaten Bekannten angewiesen sein möchte.

 

Die Begründung des Lebensmittelpunkts in der Mietwohnung ist dabei nicht erforderlich. Dementsprechend ist der Vermieter zur Kündigung wegen Eigenbedarfs auch dann berechtigt, wenn er eines seiner in einer anderen Stadt lebenden Kinder regelmäßig besuchen und anlässlich dieser Besuche die Wohnung nutzen will, um bei diesen Besuchen nicht auf einen Hotelaufenthalt angewiesen zu sein. Gleiches gilt für den Eigenbedarf eines auswärts wohnenden Vermieters, wenn er aus beruflichen Gründen an wenigstens acht bis zehn Arbeitstagen im Monat am Ort der Mietwohnung zeitweisen Aufenthalt  nimmt und es ihm nicht zuzumuten ist, jeweils ein Hotel aufzusuchen (so bereits LG Hamburg, Urteil v. 01.03.1994, 316 S 168/93, WuM 1994 S.431). Ebenso, wenn der Vermieter die gekündigte Wohnung nur als „Stadtwohnung“ nutzen will, d.h., seinen Lebensmittelpunkt nicht in diese Wohnung verlegt und sich vorwiegend in der derzeitigen Wohnung aufhält (LG Hamburg, Urteil v. 01.03.2001, 307 S 114/00, ZMR 2001 S.620; LG Berlin, Urteil v. 22.08.2013, 67 S 121/12, WuM 2013 S.174; BGH, Beschluss v. 22.08.2017, VIII ZR 19/17, GE 2017 S.1465).

 

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