Die Wirtschaft will den Zuzug von ausländischen Fachkräften erleichtern: bereits 21,5 % der Beschäftigten in München haben keinen deutschen Pass

(Symbolbild; Foto: pixabay.com / StartupStockPhotos)
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Ausländer werden zu einer immer wichtigeren Stütze für den Arbeitsmarkt in der bayerischen Landeshauptstadt.

 

Der Anteil der Beschäftigten ohne deutschen Pass ist in den vergangenen fünf Jahren von 16,9 - auf 21,5 % gestiegen. Insgesamt gehen in München mehr als 180.000 Ausländer einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, so die aktuellsten Zahlen der Arbeits-agentur.

Weil der Fachkräftemangel zulegt und die Zahl der offenen Stellen weiter steigt, fordert die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK) jetzt eine Reform des Zuwanderungsgesetzes. „Das derzeitige Reglement geht an den Bedürfnissen der Wirtschaft vorbei. Trotz Vollbeschäftigung gibt es große Personallücken in den Unternehmen, deswegen sind Zuwanderer mittlerweile ein wichtiges Fachkräftepotenzial“, sagt Eberhard Sasse, Präsident der IHK für München und Oberbayern.

Der Stellenaufbau in der Landeshauptstadt wird bereits zu 48 Prozent von ausländischen Fachkräften getragen

 

Der IHK-Präsident betont, dass der Stellenaufbau in der Landeshauptstadt bereits zu 48 Prozent von ausländischen Fachkräften getragen wird. Die meisten Neuankömmlinge stammen momentan aus EU-Ländern, vor allem aus Rumänien, Kroatien, Polen und Ungarn. EU-Angehörige genießen in Deutschland freies Aufenthaltsrecht zur Arbeitsaufnahme. Die IHK kritisiert, dass die Zuwander-ung aus Drittstaaten dagegen kaum eine Rolle spiele, weil sie zu unübersichtlich und realitäts-fern geregelt sei. „Ein Beispiel sind die viel zu stark eingeschränkten und damit weitgehend nutz-losen Listen von Engpassberufen“, so Sasse. „Wie andere Industrieländer brauchen wir eine gesteuerte Zuwanderung, die wirksam auf Engpässe am Arbeitsmarkt reagiert“, sagt der IHK-Präsident.

 

Ein neues Zuwanderungsmodell mit Punktesystem?

 

Neben generellen Erleichterungen für Zuwanderer mit einem konkreten Jobangebot in Deutschland schlägt die IHK als zweite Schiene ihres neuen Zuwanderungsmodells ein Punktesystem vor. Wie etwa in Kanada könnten Einwanderer eine zunächst befristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis bekommen, wenn sie anhand von Kriterien wie Alter, Bildungsgrad, Qualifikationen, Sprach-kenntnissen und Integrationsfähigkeit eine Mindest-Punktezahl erreichen. Beide Zuwanderungskanäle, von Fachleuten als „marktorientiert“ respektive „potenzialorientiert“ bezeichnet, könnten über jährliche Kontingente fortlaufend an das Bevölkerungswachstum oder Konjunkturschwankungen angepasst werden.


Sasse unterstreicht, dass die Zuwanderung nur eins von mehreren Instrumenten zur Linderung des Fachkräftemangels sei. „Mit der ‚Rente mit 63‘ hat die Politik der Wirtschaft allerdings einen Bärendienst geleistet und die Anstrengungen der Betriebe zur Beschäftigung Älterer konterkariert. Der Fachkräftemangel hat sich dadurch noch einmal massiv und zum demografisch ungünstigsten Zeitpunkt verschlimmert. Die Wirtschaft wartet auch weiter auf eine flächendeckende und bedarfsgerechte Kinderbetreuung und Ganztagsschulen, damit Familien Erziehung und Beruf besser unter einen Hut bringen und die Erwerbstätigkeit von Eltern zunimmt. Stattdessen werden laufend neue Rechtsansprüche zur einseitigen Arbeitszeitverkürzung durch Arbeitnehmer diskutiert, wodurch ebenfalls wertvolles Fachkräftepotenzial verloren geht“, so der IHK-Präsident.

 

Weitere Informationen


Ein mögliches Zuwanderungsmodell wurde im Auftrag der IHK für München und Oberbayern vom ifo Institut München entwickelt. Zur Studie geht es hier.

 

(Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern / AK)