HAUS + GRUND MÜNCHEN informiert zum Münchner Mietspiegel 2017: Zwei Gerichtsverfahren anhängig

(Symbolbild; Foto: pixabay.com / Geralt)
(Symbolbild; Foto: pixabay.com / Geralt)

Gegen den Münchner Mietspiegel 2017 sind beim Bayerischen Verwaltungsgericht München derzeit zwei Klagen von HAUS + GRUND MÜNCHEN anhängig. Die bereits voriges Jahr eingereichte Klage auf Auskunft über die in den Mietspiegel eingeflossenen Mietdaten hat das Bayerische Verwaltungsgericht mit Urteil vom 06.12.2017 aus rein formalistischen Gründen abgewiesen. Ohne auf die Begründung der Klage einzugehen, vertritt das VG München die Auffassung, dass Bayerische Statistikgesetz, aufgrund dessen die Mietdaten erhoben wurden, würde eine Offenlegung generell verbieten.

 

Eine Auffassung, die so abwegig erscheint, dass sie nicht einmal vom Klagegegner der Stadt München in den Verfahren vorgetragen wurde. Tatsache ist, dass dieses Bayerische Statistikgesetz aus dem Jahre 1990 die Problematik von qualifizierten Mietspiegeln, die erst im Jahre 2001 gesetzlich eingeführt wurden, überhaupt nicht berücksichtigen kann. Qualifizierte Mietspiegel müssen nach der amtlichen Begründung des Gesetzgebers aus dem Jahre 2001 wegen ihrer weitreichenden Rechtsfolgen überprüfbar sein – nicht nur von den Mietgerichten in jedem Einzelfall, sondern generell auch durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Verein hat daher zur Herbeiführung einer höchstrichterlichen Entscheidung zu dieser Problematik die Berufung beantragt.

 

 

Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Qualifizierungsbeschlusses des Münchner Stadtrates

 

 

Aufgrund der Abweisung der Klage auf Auskunft hat der Verein parallel zu diesem Berufungsverfahren eine weitere Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Qualifizierungsbeschlusses des Münchner Stadtrates eingereicht. Der Münchner Mietspiegel weist erhebliche Mängel insbes. bei der Erhebung der Mietdaten auf und hätt e vom Stadtrat daher nicht als qualifiziert beschlossen werden dürfen. Offensichtlich hat der Stadtrat der Beteuerung des Sozialreferats der Mietspiegel sei nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden, blind vertraut. In Anbetracht der offensichtlichen Mängel bei der Datenerhebung kann davon nicht die Rede sein. Zu dieser Klage liegt derzeit lediglich die Klageerwiderung der Stadt vor. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung wurde vom Verwaltungsgericht München noch nicht anberaumt.

 

 

Fehler bei der Datenerhebung

 

 

Nachfolgend beispielhaft einige „Kunstfehler“, die bei der Datenerhebung gemacht wurden:

 

 

• Die Vorauswahl der befragten Mieter erfolgte durch eine telefonische Zufallsstichprobe (sog. Telefonnummernsample). Dabei können – wie die Stadt in ihrer Mietspiegeldokumentation ausführt – nur Haushalte mit Festnetzanschluss erreicht werden. Dies mag vor 20 Jahren korrekt gewesen sein. Inzwischen haben aber mehr als 10% der Bürger keinen Festnetzanschluss mehr – Tendenz gerade bei jüngeren Bürgern steigend. Damit wird dieser Teil der Bevölkerung ohne Vorliegen von sachlichen Gründen von der Befragung ausgeschlossen. Diese Praxis ist mit wissenschaftlichen Grundsätzen nicht vereinbar.

 

 

• Die Stadt beteuert, dass preisgebundene Wohnungen z.B. Sozialwohnungen und Staatsbedienstetenwohnungen, die nicht in den Mietspiegel einfließen dürfen, in den telefonischen Vorinterviews herausgefiltert werden. Dass dies nicht funktioniert, zeigen Schreiben, die wir von unseren Mitgliedern erhalten haben. Dazu beispielhaft das Schreiben eines Mitglieds, dem mitgeteilt wurde, dass sein Mieter „so freundlich war“, die Anschrift seines Vermieters mitzuteilen, damit dieser für den Mietspiegel zu energetischen Merkmalen seiner Wohnung befragt werden kann. Bei den abgefragten Wohnungen handelt es sich allerdings um geförderte Wohnungen u.a. um Staatsbedienstetenwohnungen (siehe Anlage: Schreiben der Kantar TNS vom 22.03.2018 und Schreiben unseres Mitglieds vom 28.03.2018).

 

 

Dies ist jedoch nichts Neues:

 

 

Bereits im Jahre 2015 betonte das Münchner Sozialreferat im Schriftverkehr mit HAUS+GRUND MÜNCHEN: „Der Wohnungsmarkt in München besteht nicht nur aus freifinanzierten Mietwohnungen. Es gibt daneben auch Genossenschaftswohnungen sowie öffentlich geförderten Wohnraum. Ein Mietspiegel ist meiner Ansicht nach nur dann eine wirkliche Übersicht über die üblichen Entgelte, wenn er all die unterschiedlichen Facetten des örtlichen Wohnungsmarktes auch einbezieht” (Wörtliches Zitat aus dem Schreiben der Leiterin des Sozialreferats v. 13.07.2015 an HAUS+GRUND MÜNCHEN).

 

 

• Dementsprechend wird auch billigend – oder vielleicht auch „augenzwinkernd“ - in Kauf genommen, dass auch andere Arten von preislimitierten Wohnungen in den Mietspiegel einfließen; z.B. Wohnungen in den zahlreichen Münchner Erhaltungssatzungsgebieten, deren Mieten durch eine Vereinbarung zwischen dem Eigentümer und der Stadt gedeckelt sind, ferner Ersatzwohnraum für eine Zweckentfremdung oder Wohnraum, für den ein Modernisierungszuschuss gewährt wurde. Hier beruht die Preisbindung auf einer Vereinbarung ausschließlich zwischen dem Eigentümer/ Vermieter und der zuständigen Behörde. Der Mieter ist darüber regelmäßig nicht informiert und muss auch nicht informiert werden. Die Vermieter werden darüber nicht befragt. Ferner haben Mieter i.d.R. keine Kenntnis davon, wenn die gemietete Wohnung aufgrund von Gesellschafterbeschlüssen der Eigentümer mietpreisgedeckelt ist so z.B. bei Wohnungen der städtischen Gesellschaft en GWG und GEWOFAG, von denen zahlreiche Mieten in den Mietspiegel eingeflossen sind. Ob und in welcher Weise eine Mietpreisdeckelung besteht, entzieht sich der Kenntnis der ausschließlich befragten Mieter, die deshalb – auch wenn sie dazu befragt werden würden – keine sachgerechte Auskunft erteilen können. Gleiches gilt bei sog. „EOF-Wohnungen“. Auch dabei handelt es sich nicht um mietspiegelrelevanten Wohnraum. Hier bestehen darüber hinaus erhebliche Zweifel ob die Mieter – sofern sie überhaupt dazu befragt werden – wissen, was eine „EOF-Wohnung“ ist bzw. ob es sich bei ihrer Wohnung um eine solche handelt.

 

 

Fragen können von Mietern nicht beantwortet werden

 

 

Zur Erhebung der Mietdaten werden (mit Ausnahme einiger energetischer Merkmale) ausschließlich Mieter befragt. Dabei sind in den auszufüllenden Fragebögen neben Fragen nach der Höhe der Miete und Nebenkosten zahlreiche Fragen enthalten, die nur der Vermieter, nicht aber der Mieter zutreffend beantworten kann.

 

 

Beispiele:

 

• Frage 33: „Welche Modernisierungen wurden seit 2007 in ihrer Wohnung vom Vermieter vorgenommen?“ Woher soll ein Mieter, der z.B. 2012 in die Wohnung eingezogen ist, wissen, welche Modernisierungen zwischen 2007 und 2012 vorgenommen worden sind?

 

• Gleiches gilt für Frage 34: „In welchem Jahr wurde die Modernisierung abgeschlossen?“

 

• Gleiches gilt auch für Frage 35 A und 35 B: „Welche Modernisierungen bzw. Instandsetzungen wurden seit 2007 am Gebäude vom Vermieter vorgenommen und in welchem Jahr wurden diese abgeschlossen?“

 

 

Woher soll der Mieter dies wissen?

 

 

• Frage 36 zu bestimmten Merkmalen des Gebäudes: Woher soll ein Mieter (i.d.R. Laie) wissen, ob das Gebäude eine Wärmedämmung der Außenfassade oder eine Heizungsanlage mit Kraftwärmepumpe hat oder unter Denkmalschutz steht.

 

• Frage 44 B: Woher soll ein Mieter, der z.B. 2014 eingezogen ist, wissen, in welchen Zimmern seit 2011 eine Modernisierung bzw. Instandsetzung des Fußbodenbelages vorgenommen worden ist. Falsche Antworten, die letztlich das Mietspiegelniveau verfälschen bzw. drücken, weil es sich dabei um Merkmale handelt, mit denen ein Mietzuschlag begründet werden kann, sind damit vorprogrammiert. Ergebnis dieser „wissenschaftlichen“ Datenerhebung:

 

• Für mehr als die Hälfte der Wohnungen weist der Mietspiegel 2017 gegenüber dem Mietspiegel 2015 sinkende Mietwerte aus. Dabei dürft e allgemein bekannt sein, dass in München im Zeitraum 2015 – 2017 keine einzige Wohnung billiger geworden ist.

 

• Für Mieten, die bei Neuabschluss eines Mietvertrags vereinbart wurden, weist der Mietspiegel eine durchschnittliche Miete von € 12,51/qm aus. Laut städtischen Wohnungsmarktbarometer, der vor einigen Monaten erschienen ist, liegen die Neuvertragsmieten im Durchschnitt bei € 18,21/qm d.h. um fast 50% über den Mietspiegelwerten. Einen deutlichen Unterschied zur Realität weisen auch die in den Mietspiegel eingeflossenen (in den letzten 4 Jahren erhöhten) Bestandsmieten aus: Diese betragen laut Mietspiegel im Durchschnitt € 10,57/qm. Tatsächlich beträgt der Durchschnitt der Bestandsmieten, die in den letzten 4 Jahren erhöht worden sind € 13,50/qm eine Abweichung von fast 30%.

 

• Bereits vor 2 Jahren lagen die Mieten, die von 2 großen Münchner Tageszeitungen durch eine Umfrage bei 6.700 Lesern erhoben wurden, mit € 13,58/qm um ca. 25% über den Werten des Mietspiegels. Aktuelle Differenz: 30-35%.

 

• Laut dem Münchner Mietspiegel sind die Mieten in München niedriger als in der Stadt Garching. Dort hat der Stadtrat soeben einen qualifizierten Mietspiegel verabschiedet. Ergebnis: Durchschnittsmiete in Garching: € 11,68/qm. In München beträgt die Durchschnittsmiete lt. Münchner Mietspiegel 2017 € 11,23/qm.

Fazit: Wem Garching zu teuer ist, sollte nach München umziehen.

Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender HAUS + GRUND MÜNCHEN

 

www.hug-m.de