BGH: Null Toleranz bei Wohnfläche

Ein neues Urteil des BGH wird zu einer deutlichen Zunahme der ohnehin zahlreichen Streitigkeiten über Betriebskostenabrechnungen führen, teilt uns Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender von HAUS + GRUND MÜNCHEN in seiner Pressemitteilung mit. Worum geht es?

 

Bei einem Mehrparteienhaus werden die Betriebskosten des Anwesens, so z.B. Heizung, Wasser, Abwasser, Hausmeister, Kaminkehrer, Gartenpflege, Versicherungen etc. in der Regel nach dem Flächenmaßstab auf die einzelnen Mietparteien verteilt, d.h. nach dem Anteil der Wohnflächen der einzelnen Wohnungen an der Gesamtwohnfläche des Hauses. Von den Heiz- und Warmwasserkosten werden in der Regel 30 % bis 50 % nach der Wohnfläche verteilt.

 

 

Selbst Sachverständige ermitteln bisher unterschiedlich

 

 

Für die Berechnung der Wohnfläche wird mangels konkreter Regelungen meist die eigentlich für den geförderten Wohnungsbau entwickelte Wohnflächenverordnung (WoFlV) vom 25.11.2003 herangezogen. Abstrakte Formulierungen, wonach z.B. „einem Wintergarten ähnliche Räume“ zur Hälft e zur Wohnfläche zu rechnen sind oder Wertungsspielräume, wonach z.B. Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen „in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälft e“ zur Wohnfläche zu rechnen sind (§ 4 Nr. 3, 4 WoFlV), führen in der Praxis dazu, dass selbst Sachverständige für ein und dieselbe Wohnung unterschiedliche Wohnflächen ermitteln. Bisher war dies kein Problem, da nach der Rechtsprechung des BGH Abweichungen der tatsächlichen Wohnfläche von der vereinbarten z.B. von der im Mietvertrag genannten Wohnfläche unschädlich waren, solange die Abweichung nicht mehr als 10 % betragen hat. Diese Rechtsprechung hat der BGH in seinem neuen Urteil nunmehr ausdrücklich aufgegeben und entschieden, dass bei der Betriebskostenabrechnung ausschließlich die tatsächliche Wohnfläche maßgebend ist, d.h. der jeweilige Anteil der tatsächlichen Wohnfläche der betroffenen Wohnung an der in der Wirtschaftseinheit tatsächlich vorhandenen Gesamtwohnfläche. Das praxisfremde Urteil zur Folge hat, dass ein Mieter bereits beim geringsten Dissens über die Wohnfläche einen Streit über die Betriebskostenabrechnung anzetteln kann. Muss er dann tatsächlich etwas weniger zahlen, muss ein oder mehrere andere Mieter eben mehr zahlen. Gesamtwohnfläche und Gesamtkosten bleiben ja trotzdem gleich. Für den Vermieter daher – zumindest was die Betriebskostenabrechnung angeht – ein „Nullsummenspiel“ – abgesehen vom Verwaltungsaufwand, Ärger und Unfrieden im Haus (BGH, Urteil vom 30.5.2018, VIII ZR 220/17).

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