„Münchner Mietbelastung im Bundesdurchschnitt“

München ist die Stadt mit den höchsten Mieten in Deutschland. Deswegen ist auch der Immobilienbesitz in unserer Region von hoher Werthaltigkeit geprägt. Und das wirkt sich auf die Mieten aus. Unterscheidet sich aber München tatsächlich von anderen Regionen?

Nach dem Ergebnis einer Umfrage der Süddeutschen Zeitung, das das Haushaltsnettoeinkommen im Verhältnis zur Miete aufzeigt, liegt München sogar im Bundesdurchschnitt - obwohl Haushalte mit niedrigem Einkommen eine hohe Mietbelastung von mehr als 30 % aufweisen und Sozialhilfeempfänger, aber auch Alleinerziehende, 38 % ihres Einkommens für die Miete aufwenden müssen. Weiter zeigt die Umfrage: Je niedriger das Einkommen, desto höher ist die Mietbelastung - eigentlich wie überall in der Bundesrepublik. Insofern unterscheidet sich München auch nicht von anderen Großstädten. In der öffentlichen Wahrnehmung sind es aber DIE Vermieter, die Schuld an „unbezahlbaren Mieten“ haben - selbst wenn Studien, Statistiken und Umfragen regelmäßig das Gegenteil belegen. Rechtsanwalt Rudof Stürzer, Vorsitzender von HAUS + GRUND MÜNCHEN, hat uns seine Einschätzung zu dieser Umfrage gegeben, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten, und schreibt uns wie folgt:

„Liebe immostar-Leser, München liegt bei der Mietbelastung im Bundesdurchschnitt und die große Leserumfrage der Süddeutschen Zeitung bestätigt bisherige Studien: Am 15. September wollen Mitglieder des sog. Münchner Mieterstammtisches einen großen Protestmarsch gegen „Mietwucher und Mietenwahnsinn“ veranstalten. Vorbild der Demonstration unter dem Motto „Ausspekuliert“ soll die Demo „Ausgehetzt“ gegen Ministerpräsident Söder und die Bayerische Staatsregierung sein, die am 22. Juni in München stattgefunden hat. Wer die regelmäßigen Berichte in den Medien über „Horrormieten“ und „Mietenwahnsinn“ verfolgt, bekommt auch tatsächlich den Eindruck, München wäre nur noch für Wohlhabende und Bestverdiener bezahlbar. „Weil die Mieten einfach Irrsinn sind“ titelte z. B. erst kürzlich die Münchner Abendzeitung. Aber ist es wirklich so schlimm, wie es Medien und die Mehrheit der Politiker den Bürgern glaubhaft machen wollen? Die Süddeutsche Zeitung hat aus einer groß angelegten Leserumfrage zur Mietbelastung in München 12.000 Rückmeldungen erhalten. Das Ergebnis, veröffentlicht in der SZ vom 16.07.2018: „Im bundesweiten Mittel geben die Teilnehmer der Umfrage 26 % des Haushaltsnettoeinkommen für die Miete aus, in München sind es 28 %.“ Abweichung vom Bundesdurchschnitt somit gerade mal 2%. Wer bisher immer nur die Berichte über „Mietenwahnsinn“ u. ä. gelesen, gehört oder im Fernsehen gesehen hat, wird von diesem geringen Unterschied zum Bundesdurchschnitt überrascht sein. Wer dagegen die einschlägigen Statistiken zu diesem Thema kennt, über die allerdings nur ungern berichtet wird, für den ist das Ergebnis nichts Neues. So macht z. B. das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW) regelmäßig Umfragen zur Mietbelastung. In der aktuellen Studie kommt das IW für München zu einer Mietbelastung von 27 %.

Hinzu kommt: Nach statistischen Erfahrungen beteiligen sich an solchen freiwilligen Umfragen überproportional viele Personen und Haushalte mit unterdurchschnittlichem Einkommen, die mit ihren Wohn- und Lebensverhältnissen eher unzufrieden sind und mit der Beteiligung an der Umfrage zur öffentlichen Aufmerksamkeit auf diese Umstände beitragen wollen; häufig aber auch, weil sie aufgrund ihrer Lebens- und Beschäftigungssituation ganz einfach mehr Zeit zur Beantwortung von Fragen aufwenden können und wollen. Dementsprechend würde die ermittelte Mietbelastungsquote bei Zugrundelegung repräsentativer Einkommensverhältnisse noch niedriger ausfallen.

Keine städtischen Angaben zur Mietbelastung: Auch die Stadt München hat früher (!) Umfrageergebnisse zur Mietbelastung veröffentlicht. Im letzten Städtischen Bericht zur Wohnsituation in München, der Zahlen zur Mietbelastung enthält (Ausgabe Dezember 2012) nennt die Stadt eine durchschnittliche Mietbelastung von 23 % und führt dazu aus: „So hat München trotz des Spitzenmietniveaus aufgrund der hohen Kaufkraft eher eine mittlere Mietbelastung im nationalen Vergleich. Gegenüber der letzten Mikrozensus-Erhebung sank erfreulicherweise die Münchner Mietbelastungsquote.“ Seit HAUS + GRUND MÜNCHEN diese damit auch von der Stadt bestätigte unauffällige Mietbelastung thematisiert hat, veröffentlicht die Stadt in ihren neuen Berichten zur Wohnungssituation keine Zahlen zur Mietbelastung mehr.

Münchner lieben Große Wohnflächen: Trotz hoher Mieten beanspruchen Münchner mit 40 m² pro Person bundesweit die höchste Wohnfläche pro Einwohner – Tendenz weiter steigend. Auch dies bestätigt die Umfrage der SZ: „Wer in München umziehen will, hat häufig ein klares Ziel vor Augen: Er will mehr Platz. Das geben 49 % der Befragten als Grund für einen Wohnungswechsel an“, heißt es in der SZ vom 16.07.2018. Eigentlich logisch: Wer mehr Wohnfläche beansprucht, muss dafür auch mehr von seinem Einkommen aufwenden. Deshalb hat das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in seiner neuesten Studie über die Mietbelastung in bundesdeutschen Städten und Gemeinden – anders als die SZ - auch den unterschiedlichen Flächenkonsum berücksichtigt. Ergebnis: Haushalte, die 25 % ihres verfügbaren Einkommens für die Miete aufwenden, bekommen in München 70 m² Wohnfläche; in Hamburg und Berlin nur 68 m², in Würzburg 64 m², in Freiburg 71 m², in Trier nur 59 m². Anders ausgedrückt: Bei gleicher Wohnfläche ist die Mietbelastung in München sogar geringer als in vielen anderen Städten. Und zudem auch geringer als in früheren Zeiten: Zur Zeit der Münchner Olympiade 1972 beanspruchte der Münchner Bürger mit ca. 23 m² nur gut die Hälfte der heutigen Wohnfläche und musste dafür bereits 25 % seines Nettoeinkommens aufwenden – bei auch noch deutlich niedrigerem Wohnstandard! Diese Mietbelastung stieg – nach dem damaligen städtischen Wohnungsmarktbericht - im Jahr 1994 auf 30 %. Jetzt beträgt sie noch 28% - bei deutlich mehr Wohnfläche und höherem Wohnkomfort. Wo ist da der spezielle „Münchner Mietenwahnsinn“?

Haushalte mit hoher Mietbelastung: Eine hohe Mietbelastung von mehr als 30 % haben auch heute noch Haushalte mit niedrigem Einkommen, wie Sozialhilfeempfänger, aber auch Alleinerziehende, die nach dem Ergebnis der SZ-Umfrage 38 % ihres Einkommens für die Miete aufwenden müssen (SZ vom 17.07.2018). Fazit der Umfrage: „Je geringer das Einkommen, desto höher die Mietbelastung“. Auch insofern unterscheidet sich München nicht von anderen Großstädten.

Mythos der Unbezahlbarkeit: Die hohe Mietbelastung von bestimmten Personengruppen wird nur allzu gerne herangezogen, um den Mythos von der Unbezahlbarkeit der Münchner Mieten aufrechtzuerhalten und weitere Einschränkungen von Vermieterrechten fordern zu können - nicht nur für die wirklich betroffenen Mieter, sondern natürlich für alle, d. h. auch für die große Mehrheit der Mieter mit lediglich durchschnittlicher Mietbelastung. Politische Unterstützung durch fast alle Parteien finden solche Forderungen erfahrungsgemäß immer - vor allem in Ballungsgebieten wie München, in denen der Anteil der Mieter - und damit der potenziellen Wähler – nahezu 80 % beträgt. Dadurch verursachte Kollateralschäden, wie weiter rückgängiges Interesse am Mietwohnungsbau, treten erst mittel- und langfristig, d. h. nach Ablauf der nächsten Wahlperiode ein und können daher zunächst außer Betracht bleiben.

Kontraproduktive Demo: Zu solchen Kollateralschäden können auch Veranstaltungen wie die angekündigte Demonstration führen, deren zutreffendes Motto wohl „Aufgehetzt“ heißen müsste. Nachdem sich diese Demo nicht nur gegen rechtswidrige und unerlaubte Machenschaften sog. Investoren, die – darauf sei zur Vermeidung von Missverständnissen hingewiesen – auch in unserem Verband nichts zu suchen haben, richtet, sondern auch gegen legale Veränderungen und den angeblichen „Mietenwahnsinn“ u. ä., werden letztlich auch alle anständigen und fairen Vermieter in Misskredit gebracht. In der öffentlichen Wahrnehmung sind es ja doch „die“ Vermieter, die Schuld sind an unbezahlbaren Mieten – selbst wenn Studien, Statistiken und Umfragen regelmäßig das Gegenteil belegen.

Ihr Rudolf Stürzer, Vorsitzender HAUS + GRUND MÜNCHEN.“
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