Der Haus- und Grundbesitzerverein München und Umgebung e.V. München in der Sonnen-straße 13 ist die wichtigste Adresse für Haus- und Wohnungseigentümer in allen Fragen rund um Haus und Grund. Die Rechtsabteilung des Vereins beschäftigt derzeit 22 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die sich auf das Immobilien-recht spezialisiert haben. Sie beraten und unterstützen ihre Mitglieder u.a. bei allen Fragen und Problemen auch im Zusammenhang mit Mietverträgen.
Nachdem der Bundesrat kurz vor Weihnachten die neuen Schritte gebilligt hat, die Mieten gerechter anzupassen (sollte durch den Vermieter eine Erhöhung vorgesehen sein), ist das neue Mietanpassungsgesetz (kurz: MietAnpG) nun am 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Insbesondere für Vermieter und Mieter gelten neue Regeln. Die Redaktion von immostar.de sprach mit Rechtsanwältin Birgit Noack von HAUS UND GRUND MÜNCHEN und bat um Erläuterung.
Redaktion immostar.de: „Frau Noack, wir wünschen ein gutes Neues Jahr. Wird es auch ein gutes Neues Jahr für Vermieter und Mieter? Die Mietpreisbremse ist Ländersache. Wann erlässt der Freistaat Bayern die vom Bundesrat geforderte neue Verordnung zur Mietpreisbremse mit ausreichender Begründung?“
RAin Birgit Noack: „Bei der Verschärfung der Mietpreisbremse ist das Inkrafttreten der neuen Regeln im BGB nur der erste Schritt. Es obliegt den Bundesländern per Rechtsverordnung diese Gebiete zu definieren, in denen der Wohnungsmarkt angespannt ist und in denen die Mietpreisbremse greifen soll. Zur Erinnerung: die Bayerische Staatsregierung hatte 2015 eine Rechtsverordnung erlassen, die das LG München mit Urteil vom 6.12.2017 (14 S 10058/17) wegen fehlender Begründung für rechtsunwirksam erklärte. Dann veröffentlichte die Bayerische Staatsregierung eine Begründung, ohne eine neue Verordnung zu erlassen. Nach Auffassung des AG München vom 14.9.2018 bleibt die Verordnung trotz Nachbesserungsversuchs unwirksam. Daraus folgt, dass die Mietpreisbremse in Bayern nach wie vor nicht gilt. Wann der Freistaat Bayern eine neue Verordnung mit ausreichender Begründung erlassen wird, bleibt weiterhin unklar.“
Redaktion immostar.de: „Bei welchen Ausnahmetatbeständen besteht eine Auskunftspflicht des Vermieters?“
RAin Birgit Noack: „Bei Bestehen einer wirksamen Mietpreisbremsenverordnung darf die Miete bei der Neuvermietung die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens 10 % überschreiten (= zulässige Miete). Möchte sich der Vermieter auf eine höher als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Miete bei Mieterwechsel berufen, ist er nach dem Mietrechtsanpassungsgesetz verpflichtet, Auskunft über den von ihm in Anspruch genommenen Ausnahmetatbestand zu geben. Je nachdem auf welchen Ausnahmetatbestand der Vermieter sich stützt, muss er dem Mieter vor Vertragsabschluss Auskunft erteilen,
• wie hoch die Vormiete ein Jahr vor Beendigung des Vormietverhältnisses war oder
• dass in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses Modernisierungs-maßnahmen durchgeführt wurden oder
• dass die Wohnung nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet wurde oder
• dass es sich um die erste Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung handelt.
Der Vermieter muss eine entsprechende Auskunft bereits bei Begründung des Mietverhältnisses unaufgefordert in Textform geben. Dabei soll es genügen, wenn die Auskunft in den Mietvertrag aufgenommen wird, eine gesonderte Mitteilung durch den Vermieter ist nicht erforderlich. Erteilt der Vermieter diese Auskunft nicht oder erst nach Abgabe der Vertragserklärung, kann er sich nicht auf die Ausnahmetatbestände (z.B. Vormiete) berufen. Der Vermieter darf dann als zulässige Miethöhe nur 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen. Ein Vermieter kann zwar eine unterlassene Auskunft, zu der er verpflichtet gewesen wäre, mit heilender Wirkung für die Zukunft nachholen. Daher hat der Vermieter, der die Auskunft nur versehentlich nicht erteilt hat oder der eine tatsächliche Auskunftserteilung nur nicht beweisen kann, die Möglichkeit, die gebotene Auskunft formgerecht nachzuholen. Allerdings kann er sich erst zwei Jahre nach der Nachholung auf die zulässige Miete berufen. Aus diesem Grund ist jedem Vermieter dringend anzuraten, wenn er sich auf die Vormiete oder andere Ausnahmetatbestände beruft, diese Auskunft im Mietvertrag entsprechend festzuhalten. Der Haus- und Grundbesitzerverein München hat bereits einen entsprechenden Passus in den Formularverträgen für Wohnraum aufgenommen.“
Redaktion immostar.de: „Was für Rechte hat der Mieter nach dem neuen Gesetz, um einen Rückzahlungsanspruch erwirken zu können?“
RAin Birgit Noack: „Nach dem Mietrechtsanpassungsgesetz wird es für Mieter künftig einfacher sein, Verstöße gegen die Mietpreisbremse zu rügen. Nach bisher geltendem Recht musste der Mieter eine qualifizierte Rüge erheben, um einen Rückzahlungsanspruch wegen überzahlter Miete geltend machen zu können. Er musste Tatsachen vortragen, auf denen seine Beanstandung der vereinbarten Miete beruht. Nun kann der Mieter seine Rechte bereits mit einer einfachen Rüge geltend machen, dass seine Miete nach seiner Ansicht überhöht ist, ohne weitere Angaben machen zu müssen. Dadurch besteht nun allerdings die Gefahr, dass Mieter eine angenommene Überhöhung der Miete „ins Blaue hinein“ rügen. Vermieter sind dann gezwungen, die ortsübliche Miete ggfs. durch einen Richter feststellen zu lassen. Das wird vermehrt zu gerichtlichen Auseinandersetzungen und zu einem erhöhten Kostenrisiko für Vermieter führen.“
Redaktion immostar.de: „Wie verhält es sich bei einer Mieterhöhung aufgrund einer erfolgten Moderniserung?“
RAin Birgit Noack: „Die Möglichkeit, Kosten einer Modernisierung auf die Miete umzulegen, wird ab sofort für einen Zeitraum von fünf Jahren von bisher 11 % auf 8 % abgesenkt. Gleichzeitig wurde eine Kappungsgrenze bei der Modernisierungsmieterhöhung in Höhe von 3 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche innerhalb von sechs Jahren eingeführt. Beträgt die monatliche Miete vor der Mieterhöhung weniger als 7 Euro pro m², so darf sie nicht mehr als 2 Euro pro m² erhöht werden.“
Redaktion immostar.de: „Sind die Verfahren zur Berechnung der Modernisierungsumlage alle gleich?“
RAin Birgit Noack: „Wenn die Kosten einer Modernisierungsmaßnahme nicht mehr als 10.000 Euro pro Wohnung betragen, können die Vermieter ein vereinfachtes Verfahren zur Berechnung der Modernisierungsumlage nutzen. In diesem Fall ist eine Berechnung der Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen erforderlich sind, wenn es keine Modernisierung gibt, nicht notwendig. Vermieter können stattdessen pauschal 30 % für den Erhaltungsaufwand von den Modernisierungskosten abziehen und dann den Rest umlegen. Außerdem ist der Vermieter nicht verpflichtet, die voraussichtlichen künftigen Betriebskosten anzugeben. Zudem greift eine zeitliche Begrenzung: Wird der Höchstbetrag von 10.000 Euro ausgeschöpft, so ist in den folgenden fünf Jahren keine weitere Mieterhöhung aufgrund einer Modernisierung möglich. Wird der Höchstbetrag innerhalb der fünf Jahre nicht ausgeschöpft, so kann der Vermieter weitere Modernisierungsmieterhöhungen im vereinfachten Verfahren geltend machen – bis zur Grenze des Höchstbetrages. Überschreiten die Modernisierungskosten nicht den Höchstbetrag, kann sich der Mieter auch nicht auf das Vorliegen einer finanziellen Härte berufen. Aufgrund des geringen Betrages der Mieterhöhung im vereinfachten Verfahren dürfte dies auch für den Mieter nicht zu unbilligen Härten führen. Der Mieter hat beim vereinfachten Verfahren im Gegenzug für fünf Jahre die Sicherheit, dass keine weiteren Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen auf ihn zukommen, wenn der Höchstbetrag ausgeschöpft ist.“
Redaktion immostar.de: „In welchen Abständen kann der Vermieter weitere Modernisierungsmaßnahmen geltend machen?“
RAin Birgit Noack: „Wählt der Vermieter das vereinfachte Verfahren, kann er innerhalb von 5 Jahren keine weitere Modernisierungsmieterhöhung durchführen, es sei denn, der Vermieter hat den maximal anzusetzenden Kostenrahmen in Höhe von 10.000 Euro pro Wohnung noch nicht ausgeschöpft (Macht er davon Gebrauch, beginnt die fünfjährige Sperrfrist erneut zu laufen). Ausnahmsweise kann der Vermieter trotz der fünfjährigen Sperrfrist eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB geltend machen, wenn der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung durchführen muss, die er zum Zeitpunkt des vereinfachten Verfahrens nicht kannte oder kennen musste. Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft zwei Jahre nach der Modernisierungsmieterhöhung nach dem vereinfachten Verfahren weitere Modernisierungsmaßnahmen beschließt, darf der Vermieter eine Mieterhöhung nach § 559 BGB geltend machen."
Redaktion immostar.de: „Kann der Mieter bei Missbrauch Schadensersatzansprüche geltend machen?“
RAin Birgit Noack: „Werden Modernisierungsmaßnahmen in missbräuchlicher Weise angekündigt und durchgeführt, so kann der Mieter nun einen Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter geltend machen. Nach § 559d Abs. 2 BGB wird vermutet, wenn der Vermieter nicht innerhalb eines Jahres nach Ankündigung mit der baulichen Maßnahme beginnt, dass der wahre Grund für die angekündigte Modernisierung die beabsichtigte Beendigung des Mietverhältnisses ist. Die Vermutung greift dann nicht, wenn der Vermieter die Verzögerung des Baubeginns nicht zu vertreten hat. Außerdem gilt das gezielte „Herausmodernisieren“ nun als Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro geahndet werden kann.“
Redaktion immostar.de: „Vielen Dank, Frau Noack, für diese umfangreichen Erläuterungen zum neuen Mietrechtsanpassungsgesetz.“