Musizieren - Des einen Freud, des anderen Leid

Häusliches Musizieren einschließlich des dazugehörigen Übens gehört zu den Gebrauchsrechten des Mieters und zu den sozialadäquaten und üblichen Formen der Freizeitbeschäftigung. Daraus herrührende Geräuscheinwirkungen sind daher jedenfalls in gewissen Grenzen zumutbar und als unwesentliche Beeinträchtigung des benachbarten Grundstücks i.S.v. § 906 Abs. 1 BGB anzusehen. Darauf hat der BGH in seinem neuen „Trompeten-Urteil“ hingewiesen.

Danach kann die Ausübung des Musizierens nicht gänzlich untersagt, aber auf bestimmte Zeiten (z.B. nur außerhalb der Ruhezeiten) und auf eine bestimmte Dauer beschränkt werden. Wann und wie lange musiziert werden darf, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles; insb. dem Ausmaß der Geräuscheinwirkung, der Art des Musizierens und den örtlichen Gegebenheiten. Eine Beschränkung auf zwei bis drei Stunden an Werktagen und auf ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen, jeweils unter Einhaltung der üblichen Ruhestunden in der Mittags- und Nachtzeit, kann als grober Richtwert dienen. Ein nahezu vollständiger Ausschluss des Musizierens in den Abendstunden und am Wochenende kommt nach Auffassung des BGH nicht in Betracht, da gerade abends und am Wochenende Berufstätige und Schüler Zeit zum Musizieren haben. Daher kommt es bei der Bestimmung der einzuhaltenden Ruhezeiten grundsätzlich auch nicht auf die individuellen Lebensumstände des Nachbarn (hier: Nachtdienst als Gleisbauer) an. Auch Schlagzeugspielen kann dem Mieter nach einem Urteil des LG München I nicht gänzlich untersagt werden.

 

Nachdem aber auch der Wunsch anderer Mieter nach Ruhe und Entspannung grundgesetzlich geschützt ist, muss bei einem Schlagzeug, bei dem die Zimmerlautstärke ganz erheblich überschritt en wird, ein enger zeitlicher Rahmen gesteckt werden: Danach ist Schlagzeugspielen nur außerhalb der üblichen Ruhezeiten von Montag bis Samstag zwischen 16:00 Uhr und 19:00 Uhr und maximal 30 Minuten täglich zulässig (so LG München I, Urteil v. 13.11.2014, 15 S 7629/13). Der Umstand, dass sich Geräuscheinwirkungen auf die Nachbarn durch die Nutzung von Nebenräumen (z.B. Dachgeschoß, Kellerraum) verhindern oder verringern ließen, rechtfertigt es nicht, dem Nachbarn das Musizieren in den Haupträumen seines Hauses gänzlich zu untersagen. Jedoch kann das Musizieren in den Hauptwohnräumen zeitlich stärker einzuschränken sein, wenn geeignete Nebenräume zur Verfügung stehen, aus denen die Musik deutlich weniger zu hören ist. Dabei hat ein Berufsmusiker, der sein Instrument (hier: Trompete) im häuslichen Bereich spielt, nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als ein Hobbymusiker (BGH, Urteil v. 26.10.2018, V ZR 143/14, WuM 2018 S. 784).

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