HAUS + GRUND MÜNCHEN: Städtisches Vorkaufsrecht - Zulässige Umgehung durch Versteigerung statt Verkauf

Beim Verkauf eines Grundstücks, dass im Gebiet einer der 22 Erhaltungssatzungen in München liegt, hat die Stadt ein gesetzliches Vorkaufsrecht (§ 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB). Der Käufer kann dieses Vorkaufsrecht abwenden, wenn er eine sog. „Abwendungserklärung“ unterzeichnet (§ 27 BauGB). Nachdem das Vorkaufsrecht von der Stadt nur ausgeübt werden darf, wenn „das Wohl der Allgemeinheit dies rechtferti gt“ (§ 24 Abs. 3 S. 1 BauGB), kann es nicht mehr ausgeübt werden, wenn sich der Käufer in der Abwendungserklärung verpflichtet, die städtebaulichen Ziele der Erhaltungssatzung d.h. insbes. die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Milieuschutz) zu wahren. Dazu war bisher nach der von der Stadt vorformulierten Abwendungserklärung ausreichend, dass der Käufer auf die Umwandlung in Eigentumswohnungen sowie auf unangemessene Modernisierungsmaßnahmen (Luxussanierungen) verzichtet.

Nach der Verschärfung der Abwendungserklärung durch den Münchner Stadtrat Mitte letzten Jahres muss sich der Käufer jetzt darüber hinaus verpflichten u.a. nur noch an Mieter zu vermieten, die bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten, Eigenbedarf grundsätzlich nur noch für eine einzige Wohnung in dem Objekt geltend zu machen und bei der Neuvermietung eine Miete von maximal € 11,50/m² zu verlangen. Ferner sind Staffelmietverträge ausgeschlossen. Eine Untervermietung ist nur an einen bestimmten vertraglich festgelegten Personenkreis zulässig. Letztlich sind die Mietverträge dem Sozialreferat Amt für Wohnen und Migration vorzulegen. Verständlich, dass eine Abwendungserklärung dieses Inhalts von den Käufern nicht unterschrieben wird. Daher musste die Stadt seit Mitte letzten Jahres Wohnungen für € 200 Millionen kaufen. Dagegen wurde im Jahr 2017 die alte Abwendungserklärung noch von allen Käufern unterzeichnet, sodass die Stadt bei keinem Objekt das Vorkaufsrecht ausüben musste. Im Ergebnis wird mit der neugefassten Abwendungserklärung eine relativ geringe Anzahl von Mietern mit Steuergeldern in Millionenhöhe geschützt. Käufer haben im Prinzip zwei Möglichkeiten, sich gegen die unverhältnismäßigen Auflagen in der neugefassten Abwendungserklärung zur Wehr zu setzen: Eigene Abwendungserklärung

 

 

Nachdem die Abwendung des Vorkaufsrechts nicht voraussetzt, dass der Käufer eine von der Stadt vorformulierte Abwendungserklärung unterzeichnet, kann er eine eigens formulierte Abwendungserklärung z.B. auch eine Abwendungserklärung mit dem Inhalt der bis Mitte letzten Jahres von der Stadt formulierten Erklärung unterzeichnen und sich auf den Standpunkt stellen, dass damit dem Wohl der Allgemeinheit in ausreichendem Umfang Rechnung getragen ist. Schließlich hat die Stadt Abwendungserklärungen mit diesem Inhalt zigfach über einen langen Zeitraum akzeptiert und damit zum Ausdruck gebracht, dass der Inhalt zur Wahrung des Wohls der Allgmeinheit ausreichend ist. Übt die Stadt dann dennoch das Vorkaufsrecht aus, kann eine Rechtmäßigkeit der Vorkaufsausübung gerichtlich überprüft werden. Die Erfolgsaussichten können durchaus positiv eingeschätzt werden insbes. in Anbetracht der Unverhältnismäßigkeit der neuen Abwendungserklärung, die sich vor allem aus dem Summierungseffekt der zahlreichen Auflagen ergibt und die letztlich nicht nur den Milieuschutz, sondern darüber hinaus - unzulässiger Weise - auch dem Mieterschutz dienen. Unzulässig deshalb, weil damit der Mietvertrag in mehrfacher Hinsicht vorgezeichnet wird und der Vermieter im Vornherein auf viele Gestaltungsmöglichkeiten des Mietrechts verzichten muss, die ihm nach BGB eigentlich zur Verfügung stehen. Damit wird über ein bauplanungsrechtliches Instrument aus dem Baugesetzbuch das im BGB abschließend geregelte soziale Mietrecht in unzulässiger Weise verändert.

 

 

Versteigerung

 

Das gesetzliche Vorkaufsrecht der Stadt nach § 24 ff. BauGB wird nur bei Abschluss eines schuldrechtliches Rechtsgeschäft s z.B. eines Kaufvertrags ausgelöst. Der Zuschlag in einer Zwangsversteigerung ist dagegen ein staatlicher Hoheitsakt, der das Vorkaufsrecht nicht zur Anwendung bringen kann. Dementsprechend hat das Amtsgericht München (Abteilung für Zwangsvollstreckung) mit Schreiben vom 04.01.2019 zu dieser Thematik mitgeteilt, dass das städtische Vorkaufsrecht nach dem Baugesetzbuch in Fällen der Zwangsversteigerung nicht ausgeübt werden kann und dies auch für Teilungsversteigerungen gilt (z.B. Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft). Anstelle des Abschlusses eines Kaufvertrages mit einem Dritt en könnte der Hauseigentümer somit einen Antrag auf Zwangsversteigerung stellen und damit legal das Vorkaufsrecht der Stadt umgehen. Allerdings sollten entsprechende Schritt e wegen der Komplexität des Zwangsversteigerungsrechts erst nach ausführlicher fachanwaltlicher Beratung eingeleitet werden.

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