Bei
einer ordentlichen Kündigung des Vermieters ist der Mieter doppelt geschützt. Zum einen dadurch, dass der Vermieter nur kündigen darf, wenn er ein berechtigtes Interesse hat d.h. sich auf einen
gesetzlichen Kündigungsgrund z.B. Eigenbedarf stützen kann.
Zum anderen dadurch, dass der Mieter auch dann, wenn der Vermieter einen gesetzlichen Kündigungsgrund hat, der Kündigung widersprechen und sich auf die sog. Härteklausel (§ 574 BGB) berufen kann, wenn er der Meinung ist, dass die Kündigung für ihn und seine Familie eine unzumutbare Härte darstellen würde, z.B. weil Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden könnte. Dazu hat der BGH in einem neuen Urteil entschieden, dass für den gesetzlichen Kündigungsgrund des Vermieters einerseits und für die Anwendung der Härteklausel zugunsten des Mieters andererseits dieselben verfassungsrechtlichen Maßstäbe gelten. Auch im Rahmen der Härteklausel muss das Mietgericht daher die vom Vermieter beabsichtigte Lebensplanung respektieren und der Rechtsfindung zugrunde legen. Beispielsweise darf das Gericht den Vermieter nicht darauf verweisen, er könne doch anstatt in die vermietete Wohnung in eine andere, sich im gleichen Anwesen befindliche Ferienwohnung einziehen.
Zugleich haben die Gerichte aber auch die volle Bedeutung und Tragweite des Bestandsinteresses des Mieters zu erfassen und zu berücksichtigen. Der vom Mieter vorgetragene Härtegrund des fehlenden Ersatzwohnraums setzt konkrete tatrichterliche Feststellungen voraus, welcher Ersatzwohnraum für den Mieter nach seinen finanziellen und persönlichen Verhältnissen angemessen ist, welche Bemühungen von dem Mieter nach diesen Verhältnissen anzustellen sind und ob er diesen Anstrengungen genügt hat. Dabei ist die bloße Behauptung des Mieters, geeigneter Ersatzwohnraum sei wegen seiner kinderreichen Familie nicht zu beschaffen, nicht ausreichend. Vielmehr müssen für die Beurteilung, ob geeigneter Ersatzwohnraum beschafft werden kann sowohl die persönlichen als auch die finanziellen Verhältnisse des Mieters umfassend gewürdigt werden.
Dabei darf sich das Mietgericht sowohl bezüglich der finanziellen Situation als auch hinsichtlich der Lebensverhältnisse des Mieters nicht darauf beschränken, die Schilderung der Mieter im Kündigungserwiderungsschreiben in indirekter Rede wiederzugeben. Dies genügt nicht den Anforderungen an die tatrichterliche Feststellung der maßgeblichen Tatsachen. Eine Ersatzwohnung ist angemessen, wenn sie im Vergleich zu der bisherigen Wohnung den Bedürfnissen des Mieters entspricht und für ihn finanziell tragbar ist. Dabei sind die Lebensführung des Mieters und seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse maßgebend. Die Wohnung muss allerdings dem bisherigen Wohnraum weder hinsichtlich ihrer Größe, ihres Zuschnitts oder ihrer Qualität noch nach ihrem Preis vollständig entsprechen (so bereits BGH, Urteil v. 22.05.2019, VIII ZR 180/18).
Gewisse Einschnitte sind dem Mieter vielmehr zuzumuten. Leben im Haushalt des Mieters Angehörige mit eigenem Einkommen, ist die Suche nach angemessenem Ersatzwohnraum grundsätzlich auch auf solche Wohnungen zu erstrecken, die mit dem Haushaltseinkommen finanziert werden können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob der Mieter für eine Ersatzwohnung erstmals oder in höherem Umfang Sozialleistungen (vor allem Wohngeld) erhalten würde. Die Bemühungen des Mieters für eine Ersatzwohnung lassen sich auch nicht allein anhand der Anzahl der getätigten Anfragen beurteilen.
Die Obliegenheit des Mieters, sich mit Hilfe von Verwandten und Bekannten, oder öffentlichen und privaten Stellen sowie unter Inanspruchnahme geeigneter Medien (beispielsweise Zeitungsannoncen, Internet) ernsthaft und nachhaltig um eine angemessene Ersatzwohnung zu bemühen, richtet sich vielmehr danach, was dem Mieter unter seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zuzumuten ist. Allerdings reicht es regelmäßig nicht aus, wenn der Mieter nur gelegentliche Versuche unternimmt, anderen Wohnraum zu finden. Dabei muss das Mietgericht die vom Mieter behaupteten Wohnungsanfragen dahingehend würdigen, ob die beschriebenen erfolglosen Anstrengungen angesichts der Wohnraumsituation ausreichen, um zu belegen, dass angemessener Ersatzwohnraum zu angemessenen Bedingungen nicht zu erhalten war (BGH, Urteil v. 11.12.2019, VIII ZR 144/19).