Eigenbedarf - Wer gehört zu den Familienangehörigen?

Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Wohnraum unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen kündigen, wenn er die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). In einem neuen Urteil, in dem es um die Frage ging, ob Ehegatten auch dann noch zu den Familienangehörigen gezählt werden können, wenn sie getrennt leben, hat der BGH nochmals auf die Voraussetzungen für die Einordnung als Familienangehörige hingewiesen.

Danach umfasst der Begriff der Familienangehörigen alle Personen, denen das Prozessrecht (§§ 383 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, 52 Abs. 2 Nr. 2 StPO) ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gewährt. Ein bestimmter Grad der Verwandtschaft oder eine besondere persönliche Bindung ist nicht erforderlich. Dementsprechend zählen zu den Familienangehörigen die Kinder, die Eltern und die Geschwister; ferner Verwandte in gerader Linie z.B. Enkel, Großeltern sowie leibliche Neffen und Nichten (so bereits BGH, Urteil v. 27.01.2010, VIII ZR 159/09, NJW 2010, S. 1290). Auch Ehegatten zählen zu den Familienangehörigen; nach einem neuen Urteil des BGH selbst dann, wenn sie getrennt leben, ein Scheidungsantrag bereits eingereicht ist oder die Scheidung schon vollzogen ist (BGH, Urteil v. 02.09.2020, VIII ZR 35/19, WuM 2020, S. 730).

Zu dem sog. privilegierten Personenkreis, für den der Vermieter Eigenbedarf geltend machen kann, gehören nach der Rechtsprechung auch Schwiegerkinder und Schwiegereltern. Eigenbedarf für den Schwager (BGH, Beschluss v. 03.03.2009, VIII ZR 247/08) kann nur geltend gemacht werden, wenn ein besonders enger Kontakt zum Vermieter besteht. Gleiches gilt für eine Kündigung zu Gunsten des Großneffen des Vermieters. Auch hier ist die Darlegung eines besonderen Näheverhältnisses zum Vermieter erforderlich, da ein Großneffe nicht zum Bereich der engen Kernfamilie gehört. Daher ist im Einzelfall ein besonderes und herausgehobenes persönliches Näheverhältnis erforderlich, das über allgemein enge Familienbande hinausgeht und eine moralische Verpflichtung des Vermieters gerade gegenüber der Bedarfsperson begründet (AG Fürstenfeldbruck, Urteil v. 09.08.2019, 5 C 364/19, WuM 2020, S. 35). Für Stiefkinder des Vermieters, die mit diesem weder in einem gemeinsamen Haushalt leben noch mit ihm verwandt oder verschwägert sind, kann Eigenbedarf nicht geltend gemacht werden, da diese – auch bei enger persönlicher Bindung – keine Bedarfspersonen i.S.v. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind.


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