Wirtschaftliche Verwertung - Ersatzloser Abriss ist kein Kündigungsgrund

Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses d.h. ein Kündigungsgrund liegt vor, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB).

Als wirtschaftliche Verwertung ist anzusehen der Verkauf sowie die umfassende und grundlegende Renovierung, um eine bessere Vermietung sicherzustellen; ebenso der Abbruch mit anschließendem Wiederaufbau des Gebäudes (so bereits Bundesverfassungsgericht, Urteil v. 14.02.1989, 1 BvR 1131/87, WuM 1989, S. 118). Die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, wird vom Gesetz ausdrücklich nicht als angemessene wirtschaftliche Verwertung angesehen; ebenso nicht die Veräußerung im Zusammenhang mit einer bereits erfolgten oder beabsichtigen Begründung von Wohnungseigentum. Im Übrigen stellen die Mietgerichte an die „Angemessenheit“ der wirtschaftlichen Verwertung sowie an die Darlegung der „erheblichen Nachteile“ extrem hohe Ansprüche, so dass dieser Kündigungstatbestand nur selten greift. Zu diesem Kündigungstatbestand hat der BGH in einem neuen Urteil entschieden, dass der ersatzlose Abriss eines Gebäudes ohne anschließenden Wiederaufbau keine wirtschaftliche Verwertung i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB darstellt. Durch den ersatzlosen Abriss eines Gebäudes oder von Gebäudeteilen können zwar Unkosten vermieden werden. Dies stellt nach Auffassung des BGH jedoch keine Realisierung des dem Grundstück innewohnenden materiellen Werts und damit keine wirtschaftliche Verwertung i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB dar. Ob in diesem Fall eine Kündigung nach der Generalklausel des § 573 Abs. 1 BGB möglich ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab u.a. davon, ob die dem Vermieter durch das Gebäude entstehenden Nachteile einen Umfang annehmen, welche die dem Mieter im Falle des Verlustes der Wohnung erwachsenden Nachteile weit übersteigen. In dem vom BGH entschiedenen Fall war eine Wohnung in einem alten Landarbeiterhaus in Braunschweig vermietet, deren Bad sich im ansonsten ungenutzten baufälligen Seitenflügel befand. Dieser sollte abgerissen werden. Das Berufungsgericht sowie der BGH lehnten eine Kündigung ab und hielten den Anbau eines neuen Bades trotz Kosten in Höhe von € 26.000 und der geringen Miete von € 60/monatlich für noch zumutbar, da sich hierdurch auch der Wert des Haupthauses erhöhen würde (BGH, Urteil v. 16.12.2020, VIII ZR 70/19).

Rechtsanwalt Rudolf Stürzer Vorsitzender HAUS + GRUND MÜNCHEN

 

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