Kostenfreie Wohnungsmitbenutzung - Mieter darf Fremde übernachten lassen

Ob die (teilweise) Überlassung der Wohnung an einen Dritten vertragswidrig ist und den Vermieter zur Abmahnung und fristlosen Kündigung berechtigt, ist in erster Linie davon abhängig, ob der Mieter noch die Obhut über die Räume hat. Dies ist i.d.R. der Fall, wenn der Mieter auch weiterhin noch selbst in den Räumen wohnt.

Zieht der Mieter jedoch – wenn auch nur für einen begrenzten Zeitraum – aus der Wohnung aus, verliert er regelmäßig die Obhut über die Wohnung. Dementsprechend ist nach der Rechtsprechung des BGH eine vollständige Überlassung der Wohnung z.B. an Touristen nicht mehr vom vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gedeckt (BGH, Urteil v. 08.01.2014, VIII ZR 210/13, WuM 2014, S. 142). Wendet der Mieter ein, bei den Nutzern handele es sich lediglich um einen Besuch, spricht die vollständige Überlassung aller Schlüssel gegen die Annahme eines bloßen Besuchs. Die Definition als Besuch beinhaltet stets, dass die Wohnung auch von dem eigentlichen Bewohner genutzt wird. Durch die Überlassung sämtlicher Schlüssel begibt man sich jedoch gerade der Nutzungsmöglichkeit der Wohnung (LG München I, Beschluss v. 09.04.2018, 14 S 17192/17, ZMR 2018, S. 770). Dagegen beruhen die Internetplattformen couchsurfing.com und hospitality.org nach einem Urteil des LG Lübeck auf dem Prinzip der Kostenlosigkeit und des wechselseitigen Vertrauens in einer großen „Community“ und der Idee, dass man andere Teilnehmer aus dieser Community besucht – während diese selbst daheim sind. Die Besuche der Gäste sind i.d.R. nur auf eine kurze Dauer angelegt. Bei lebensnaher Betrachtung behält daher der Gastgeber, der einem Dritten für einen kurzen Zeitraum einen Übernachtungsplatz überlässt, während er weiterhin in der Wohnung verbleibt, die Sachherrschaft über die Wohnung und räumt dem Dritten lediglich die Möglichkeit der Mitbenutzung ein. Stellt der Mieter Fremden über die Internetplattformen „couchsurfing.com“ und „hospitalityclub.org“ Fremden unentgeltlich einen Übernachtungsplatz in seiner Wohnung zur Verfügung, liegt daher keine unzulässige Gebrauchsüberlassung vor (LG Lübeck, Urteil v. 26.11.2020, 14 S 61/20, ZMR 2021, S. 394).

 

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