Welche Änderungen plant die neue Regierung?

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vom 24.11.2021 enthält dazu zahlreiche Absichtserklärungen. Rechtlich verbindlich für Mieter und Vermieter sind diese allerdings erst dann, wenn dafür in der Koalition die entsprechenden Mehrheiten zustande kommen und ein daraufhin folgender Gesetzesentwurf nach Durchlaufen des formellen Gesetzgebungsverfahrens als Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird. Beim Thema Bauen und Wohnen ist der Koalitionsvertrag in erster Linie geprägt vom Gedanken des Mieterschutzes. 

Er enthält zwar auch durchaus begrüßenswerte Aspekte zu Gunsten von Haus- und Wohnungseigentümern so z.B. die Absichtserklärung, dass man mehr Menschen in Deutschland ermöglichen will, im selbstgenutzten Eigentum zu wohnen und dies mit einer flexibleren Gestaltung der Grunderwerbsteuer erreicht werden soll. Ferner soll die lineare Abschreibung erhöht und die Baukosten gesenkt werden u.a. durch serielles Bauen, Digitalisierung, Standardisierung und Entbürokratisierung. Insofern handelt es sich jedoch nur um vage formulierte Absichtserklärungen, während beim Thema Mieterschutz bereits konkrete Vorgaben existieren insbesondere zur Senkung der Kappungsgrenze und zur Verlängerung der Mietpreisbremse. Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender von HAUS+GRUND MÜNCHEN informiert Sie, liebe Leser*innen, über das, was auf uns sehr wahrscheinlich zukommen wird.

 

Kappungsgrenze in angespannten Wohnungsmärkten

Weitgehend einig sind sich die Koalitionäre, dass in angespannten Wohnungsmärkten die Kappungsgrenze von derzeit 15 % auf 11 % innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren gesenkt wird. Damit werden allerdings vor allem soziale Vermieter getroffen, die bisher niedrige Mieten unterhalb des Mietspiegels verlangt haben. Gerade diesen Vermietern wird eine Anpassung bzw. Annäherung an die ortsübliche Miete verwehrt. Nicht betroffen von der Senkung der Kappungsgrenze sind dage-gen Vermieter mit höheren Mieten, die schon bisher die maximal zulässige Miete verlangt haben. Deren Mieten werden bei einem künftigen Erhöhungsverlangen regelmäßig durch den Mietspiegel begrenzt. Die Kappungsgrenze - unabhängig davon, ob sie 15 % oder 11 % beträgt - spielt bei diesen Mietverhältnissen keine Rolle. Die neuerliche Senkung der Kappungsgrenze wird - wie es bereits bei der früheren Absenkung von 20 % auf 15 % der Fall war – dazu führen, dass immer mehr Vermieter die Miete in kürzeren Abständen anpassen. Die Abschaffung der Vergleichsmieten konnte durch Intervention von Haus und Grund verhindert werden. 

 

Verlängerung der Mietpreisbremse

Einig sind sich die Koalitionäre wohl auch bei der Verlängerung der Mietpreisbremse um weitere 5 Jahre bis 2029. Mit der Mietpreisbremse, wonach die Miete bei der Neuvermietung von Wohnraum grundsätzlich maximal 10 % über dem örtlichen Mietspiegel liegen darf, sollen einkommensschwache Mieter geschützt werden. Die bisherigen Erfahrungen belegen das Gegenteil: Da die Mietpreisbremse nicht nur für einkommensschwache, sondern für alle Mieter gilt, hat sie bislang dazu geführt, dass sich die - gerade im reichen München - zahlreichen Gut- und Bestverdiener beim Wohnungswechsel noch mehr Wohnraum gönnen und ohnehin beliebte Stadtteillagen für diese Schichten noch attraktiver werden. Damit wird die bereits bestehende Wohnraumknappheit weiter verschärft. Für untere Einkommensschichten sinkt die Chance, den Zuschlag für eine Wohnung zu erhalten nochmals deutlich. Diese Erfahrungen hat man in Berlin während der Geltungsdauer des Mietendeckels bereits gemacht. Positiv ist daher zumindest, dass ein solcher Mietendeckel, der - im Gegensatz zur Mietpreisbremse - auch die Reduzierung von Bestandsmieten möglich machen soll, im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen ist. 

 

Wohngeld für einkommensschwache

Haushalte Positiv zu bewerten ist auch die Absicht, das Wohngeld zu stärken und kurzfristig einen einmalig erhöhten Heizkostenzuschuss zu zahlen, da ein Wohngeld einkommensschwache Haushalte gezielt sozial absichert und den Zugang zum Wohnungsmarkt erleichtert. 

 

„CO²-Preis"

Zum Thema „CO²-Preis“ heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir wollen eine faire Teilung des zusätzlich zu den Heizkosten zu zahlenden CO²- Preises zwischen den Vermietern einerseits und Mietern anderseits erreichen. Wir wollen zum 1. Juni 2022 ein Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen einführen, das die Umlage des CO²-Preises nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) regelt. Sollte dies zeitlich nicht gelingen, werden die erhöhten Kosten durch den CO²-Preis ab dem 1. Juni 2022 hälftig zwischen Vermietern und Mietern geteilt“. Nach derzeitiger Einschätzung wird bis Juni 2022 wohl kein Stufenmodell entwickelt werden können, so dass eine hälftige Teilung zu erwarten ist. Dies widerspricht allerdings dem Sinn und Zweck des CO²-Preises, der in der Lenkungswirkung des Verbraucherverhaltens d.h. dem Anreiz zum sparsamen Verhalten liegt. Dieser Anreiz geht verloren, wenn der CO²-Preis nicht beim Verbraucher - dem Mieter - sondern teilweise beim Vermieter anfällt. Darüber hinaus schwindet mangels Kostendruck beim Mieter auch dessen Akzeptanz von notwendigen energetischen Modernisierungen am Gebäude. Vermietern werden gleichzeitig Mittel genommen, um in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren. 

 

Vieles noch nicht absehbar

Auch bei zahlreichen weiteren Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag ist aufgrund der doch konträren Ansichten der Koalitionäre derzeit nicht absehbar, ob und in welcher Form daraus Gesetze werden, so z.B. beim Umstieg auf eine Teilwarmmiete, Ausweitung des Betrachtungszeitraums beim Mietspiegel auf die letzten 7 Jahre oder die beabsichtigte „Evaluierung und Verlängerung der geltenden Mieterschutzregelungen“, bei der es einerseits um eine - nicht näher spezifizierte - Einschränkung von Eigenbedarfskündigungen geht; anderseits um den Ausschluss der ordentlichen (nicht der fristlosen!) Kündigung bei Zahlungsverzug. Damit soll die Rechtsprechung des BGH unterlaufen werden, wonach ein Mieter, der wegen Zahlungsverzugs ordentlich d.h. unter Einhaltung der 3-monatigen Kündigungsfrist gekündigt wurde, diese Kündigung durch vollständige Nachzahlung der Mieten nicht unwirksam machen kann - wie es bei der fristlosen Kündigung der Fall ist. Mit der Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf die fristlose Kündigung kann der Mieter die Kündigung durch Nachzahlung der Mieten immer unwirksam machen. Aufgrund der Intervention auch von Haus und Grund finden sich im Koalitionsvertrag keine Pläne zur Einführung einer Vermögenssteuer; auch eine Verschlechterung bei der Erbschaft- und Schenkungssteuer insbesondere durch Streichung der 10-Jahres-Frist soll es nicht geben.  

 

Grundsteuergesetz

Unabhängig vom Koalitionsvertrag hat der Bayerische Landtag am 23.11.2021 das landeseigene Grundsteuergesetz beschlossen. Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Jahre 2018 die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt hat, weil diese derzeit nach völlig veralteten Werten berechnet wird. Erfreulich ist, dass Bayern von der Öffnungsklausel im Bundesgesetz Gebrauch gemacht und sich für das auch von Haus und Grund seit langem geforderte unbürokratische Flächenmodell entschieden hat. Damit wird die Grundsteuer (B) ab 2025 ausschließlich nach den Grundstücks- und Gebäudeflächen sowie der Nutzung dieser Flächen berechnet und nicht nach dem Gebäudewert. Das wertabhängige Modell, wie es in anderen Bundesländern eingeführt wird, ist unpraktikabel, da sich die Werte (im Gegensatz zu den Flächen) laufend verändern und daher regelmäßig neu festgestellt werden müssen. Dies hat die Verwaltung schon bisher nicht geschafft. Genau deshalb wurde die derzeit noch geltende Regelung vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Darüber hinaus führen regelmäßige Wertermittlungen insbesondere in Ballungsgebieten mit steigenden Preisen zu laufenden Steuererhöhungen „durch die Hintertür“ und wären nichts anders als der Einstieg in eine verkappte Vermögenssteuer. Dies wäre letztlich auch zum Nachteil der Mieter, auf die die Grundsteuer als Betriebskosten umgelegt werden kann. Dagegen wird die Grundsteuer in Bayern nur bei Änderung der Gebäude- oder der Grundstücksfläche bzw. der Nutzung angepasst. Über die konkrete Höhe der Grundsteuer entscheiden letztverantwortlich die Städte und Gemeinden durch die Festsetzung der gemeindlichen Hebesätze. Die Neuregelung der Grundsteuer soll nach Aussage des Bayerischen Finanzministeriums aufkom-mensneutral sein d.h. die Gesamteinnahmen für die Städte und Gemeinden in Bayern sollen wei-terhin bei jährlich ca. 1,9 Milliarden Euro liegen.

 

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