Fristlose Kündigung schon bei erstmaliger Brandverursachung
Bereits die erstmalige Verursachung eines Brandes in der angemieteten Wohnung kann nach einem neuen Urteil des LG München I einen zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigenden wichtigen Grund wegen erheblicher Gefährdung der Mietsache darstellen.
Der Vermieter kann das Mietverhältnis gemäß § 543 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls insbesondere eines Verschuldens des Mieters und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dabei reicht ein einmaliges Fehlverhalten bzw. eine einmalige Vertragsverletzung d.h. ein sog. „Ausrutscher“ in der Regel nicht für eine sofortige fristlose Kündigung des Mietverhältnisses. Erst bei einem weiteren erheblichen Verstoß nach einer entsprechenden Abmahnung kann grundsätzlich eine fristlose Kündigung erfolgen. Allerdings sind nach einem neuen Urteil des LG München I bei der Beurteilung des Vorliegens eines wichtigen Grundes nicht nur die jeweiligen Umstände der konkreten Vertragsverletzung, sondern auch die Gesamtumstände mit einzubeziehen; d.h. sowohl das Verhalten des Mieters vor als auch das Verhalten des Mieters nach der konkreten Vertragsverletzung. In dem vom Landgericht München entschiedenen Fall sind der Brandverursachung zwei vom Mieter verschuldete Wasserschäden in der Wohnung aufgrund von bei einem Unwetter offen stehenden Fenster vorausgegangen. Nach der Brandverursachung hatte der Mieter nach seinem vermeintlich erfolgreichen Löschversuch nicht sichergestellt, dass keine Brandgefahr mehr besteht, sondern sich, ohne die Feuerwehr gerufen zu haben, schlafen gelegt. Erschwerend kam hinzu, dass der Mieter darüber hinaus einen Rauchwarnmelder entfernt hatte und die Wohnung selbst auf Klingeln und Klopfen der anlässlich der erheblichen Rauchentwicklung von Nachbarn herbeigerufenen Feuerwehr nicht geöffnet hat. In diesem Fall ergibt die Gesamtwürdigung aller Umstände, dass auch schon die erstmalige Verursachung des Brandes in der angemieteten Wohnung die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar macht (LG München I, Urteil v. 12.02.2021, 14 S 10193/20, ZMR 2021, S. 890).
Kündigung wegen Zahlungsverzug - Anforderungen dürfen nicht überspannt werden
Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses d.h. ein Kündigungsgrund liegt nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere dann vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Mieter mit einer Monatsmiete in Verzug geraten war und bereits im vorangegangenen Zeitraum die Miete in erheblichem Maße unpünktlich gezahlt hatte. Die daraufhin ausgesprochene ordentliche Kündigung muss vom Vermieter gemäß § 573 Abs. 3 in Verbindung mit § 569 Abs. 4 BGB begründet werden. Zweck dieses Begründungserfordernisses ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, dass der Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition erlangt und so in die Lage versetzt wird, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Außerdem soll die Vorschrift den Vermieter dazu anhalten, sich selbst Klarheit über die Rechtslage und die Aussichten der Kündi-gung zu verschaffen. Allerdings dürfen die formalen Anforderungen an eine Kündigung nach einem neuen Urteil des LG München I nicht überspannt werden. Ist eine dem Mieter zu Last gelegte Pflichtverletzung im Kündigungsschreiben in ihren wesentlichen Zügen verständlich und nachvollziehbar dargelegt, ist die Angabe von Details, die dem Mieter ohnehin bekannt sind, entbehrlich. Im konkreten Fall mussten vom Vermieter die jeweiligen konkreten Zahlungstermine nicht benannt werden, da davon auszugehen ist, dass der Mieter diese kennt, jedenfalls aber durch einen Blick in seine Bankunterlagen ohne weiteres ersehen kann. Die Ausführungen im Kündigungsschreiben des Vermieters, wonach „im letzten Mietjahr nahezu immer unpünktlich, nämlich weit nach Fälligkeit gezahlt wurde“ genügen daher dem gesetzlichen Begründungserfordernis (LG München I, Urteil v. 16.09.2020, 14 S 16778/19, ZMR 2021, S. 893).
Kündigungsschutz und Mietpreisbremse gelten auch für Zweitwohnungen
Wohnungsmieter genießen umfassenden Schutz vor Mieterhöhungen und Kündigungen. Eine Wohnung kann grundsätzlich nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses d.h. eines gesetzlichen Kündigungsgrundes (z.B. Eigenbedarf) gekündigt werden. Eine Ausnahme besteht für Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch ver-mietet ist (§ 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Dies ist allerdings nicht schon bei einer vertraglichen Befristung der Gebrauchsüberlassung der Fall. Vielmehr muss nach dem Gebrauchszweck das Ende des Mietverhältnisses entweder zeitlich genau fixierbar oder von einer Bedingung abhängig sein, deren Eintritt in naher Zukunft gewiss ist. Dies bedeutet, dass die zeitlich begrenzte Nutzung und der künftige Wegfall dieses Sonderbedarfs bereits bei Vertragsschluss feststehen muss. Daher ist Wohnraum nur dann vorübergehend vermietet, wenn ein vorübergehender Sonderbedarf gedeckt werden soll z.B. die Vermietung von Hotelzimmern, Ferienwohnungen, Unterkünften für die Dauer einer Messe, Unterbringung eines auswärtigen Monteurs oder eines ausländischen Wissenschaftlers bis zur Erledigung des Arbeitsziels. Dagegen stellt bereits die Anmietung für die Dauer der Ausbildung keine vorübergehende Vermietung dar (so bereits OLG Bremen, Rechtsentscheid v. 07.11.1980, 1 UH 1/80, ZMR 1982, S. 239). Nach diesen Grundsätzen besteht nach einem neuen Urteil des LG Berlin auch bei einer Zweitwohnung keine Nutzung „nur zum vorübergehenden Gebrauch“. Der „vorübergehende Gebrauch der Mietsache“ setzt die zeitliche Begrenzung der Nutzungsabsicht der Mietsache bei Vertragsschluss voraus, nicht - wie bei einer Zweitwohnung - die dauerhafte temporäre Nutzung. Der Wegfall des Sonderbedarfs muss in zeitlicher Hinsicht sicher feststehen. Dies ist bei unbefristeten Wohnraummietverhältnissen zur gelegentlichen Nutzung d.h. z.B. auch bei Zweitwohnungen nicht der Fall. Bei langfristig bzw. unbefristet vermieteten Zweit- und Ferienwohnungen gelten daher uneingeschränkt auch die Bestimmungen über die Mietpreisbremse, wonach die vereinbarte Miete maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf (LG Berlin, Urteil v. 05.01.2021, 63 S 19/20, ZMR 2021, S. 309 und Urteil v. 21.09.2021, 65 S 36/21, WuM 2021, S. 738).
E-Ladestation - Gleichbehandlung von Interessenten
Trotz Rechtsanspruch des Mieters auf Genehmigung einer Ladestation für ein Elektrofahrzeug kann der Vermieter nach einem neuen Urteil des AG München auf eine Lösung bestehen, durch die eine Überlastung des Stromnetzes technisch verhindert wird. Größere bauliche Änderungen darf der Mieter nur mit Zustimmung des Vermieters vornehmen. Ein Rechtsanspruch auf Zustimmung besteht grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bestimmt die seit 01.12.2020 geltende Neufassung des § 554 BGB. Danach kann der Mieter die Erlaubnis zu baulichen Veränderungen verlangen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen z.B. die Erlaubnis zur Installierung eines Stromanschlusses in der Tiefgarage. Nicht bedacht hat der Gesetzgeber dabei, dass dadurch in der Praxis häufig technische Probleme auftreten insbesondere bei älteren Anwesen mit schwach ausgelegten Hausanschlüssen. In dem vom AG München entschiedenen Fall verlangten die Mieter einer Wohnung mit Tiefgaragenstellplatz vom Vermieter die Einwilligung zum Einbau einer Ladestation für ihr Hybridfahrzeug. Der Vermieter wendete ein, dass über den Hausanschluss lediglich fünf bis zehn Ladestationen angeschlossen werden können und bereits 27 Mietparteien Interesse an einer solchen Ladestation angemeldet hätten. Er verwies die Mieter daher an einen anderen Stromanbieter, der in der Lage ist, die Versorgung der Ladestation ohne Überlastung des Hausanschlusses zu gewährleisten. Allerdings verlangte dieser Anbieter im Gegensatz zu der von den Mietern gewünschten Firma eine monatliche Nutzungspauschale von 45 Euro. Auf die daraufhin von den Mietern erhobene Klage stellte das AG München fest, dass den Mietern nach § 554 Abs. 1 BGB zwar grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf die Erlaubnis zur Montage einer Ladestation zusteht und sie sich auch im Rahmen der Vertragsfreiheit aussuchen können, wer die Ladestation installiert. Allerdings ist es dem Vermieter nicht verwehrt, eine Gleichbehandlung mehrerer Mietparteien anzustreben, was für einen friedvollen Umgang mit mehreren Mietern in einer Wohnanlage sinnvoll sein kann. Im Hinblick auf die Interessen der anderen Mieter ist es gerechtfertigt, eine für alle Interessierten gleiche Lösung zu finden, durch die der Hausanschluss nicht überlastet wird. Somit können die Kläger bei vorliegendem Sachverhalt auf den vom Vermieter genannten Anbieter verwiesen werden (AG München, Urteil v. 01.09.2021, 416 C 6002/21).
Verdachtskündigung auch bei Mietverhältnissen
Die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze zu einer Verdachtskündigung eines Arbeitsverhältnisses sind auch auf das Dauerschuldverhältnis „Miete“ entsprechend anzuwenden, und zwar schon wegen des inhaltsgleichen Wortlauts der §§ 626, 314 BGB und 543 Abs. 1 S. 2 BGB. Dies hat das OLG Frankfurt entschieden. Grundsätzlich sind Gewalttätigkeiten des Mieters gegen den Vermieter stets ein Grund zur fristlosen Kündigung gem. § 543 Abs. 1 S. 2 BGB. Fraglich ist, ob eine Kündigung bereits dann möglich ist, wenn diese Gewalttätigkeiten noch nicht mit letzter Sicherheit feststehen. In dem vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall fuhr der Vermieter mit seinem PKW von Zuhause weg, nachdem erklärt hatte, er wolle zu dem streitgegenständlichen Grundstück fahren, um in seinem Hallenteil an seinem Oldtimer zu arbeiten. Als er nach mehreren Stunden nicht mehr zurückkam und auch über sein Mobiltelefon nicht mehr erreichbar war, erstattete die Vermieterin eine Vermisstenanzeige bei der Polizei. Nachdem sein verlassenes Fahrzeug und sein Mobiltelefon nach einer eingehenden Suche durch die Polizei an zwei anderen Orten aufgefunden wurden, der Kläger selbst aber nach wie vor verschwunden blieb und auch die Suche nach seiner Leiche ergebnislos geblieben war, gelangten die Strafverfolgungsbehörden zu dem Ergebnis, der Vermieter könne einem Kapitalverbrechen zum Opfer gefallen sein. Hierüber wurde in der Lokalpresse berichtet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nunmehr gegen den Geschäftsführer der Mieterin wegen des Verdachts des Totschlags. Dieser befindet sich aufgrund des antragsgemäß erlassenen Haftbefehls des Amtsgerichts als dringend Tatverdächtiger mittlerweile in Untersuchungshaft. Gestützt auf diesen Sachverhalt wurde von der Vermieterin die fristlose Kündigung ausgesprochen. Dazu hat das OLG Frankfurt ausgeführt, dass eine Verdachtskündigung zulässig ist, wenn starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen und diese geeignet sind, das für die Fortsetzung des Dauerschuldverhältnisses erforderliche Vertrauen nachhaltig zu zerstören. Es ist davon auszugehen, dass bereits der Verdacht im Hinblick auf die Schwere der in Betracht kommenden Straftaten Totschlag oder Mord geeignet ist, dass erforderliche Vertrauen in die Fortsetzung des Dauerschuldverhältnisses nachhaltig zu erschüttern. Es liegen ausreichende objektive Umstände vor, die den Sachverhalt, der Grundlage der Kündigung gewesen ist, für sehr wahrscheinlich erscheinen lassen. Durch die Anordnung der Untersuchungshaft wegen des Verdachts der vorsätzlichen Tötung des Vermieters durch den Geschäftsführer der Mieterin wurde von der Staatsanwaltschaft und dem Amtsgericht der dringende Tatverdacht bejaht. Unter diesen Umständen ist die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zumutbar (OLG Frankfurt, Urteil v. 31.03.2021, 2 U 13/20, ZMR 2021, S. 657).
Schönheitsreparaturen – Nur in Wohnräumen, nicht im Keller
Nach der Bestimmung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Abnutzungen, die lediglich durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache eingetreten sind, hat der Mieter nicht zu vertreten (§ 538 BGB). Von dieser gesetzlichen Regelung wird jedoch üblicherweise vertraglich abgewichen und der Mieter zur Durchführung von bestimmten Renovierungsmaßnahmen, i.d.R. zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet. Eine solche Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist nach der Rechtsprechung des BGH in bestimmten Grenzen zulässig. Der Umfang der Schönheitsreparaturen bestimmt sich mangels anderweitiger Vereinbarungen nach § 28 Abs. 4 S. 3 II. BV. Danach umfassen Schönheitsreparaturen das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und der Außentüren von innen. Daraus folgt, dass Schönheitsreparaturen z.B. nicht das Streichen der Wohnungsfenster von außen und der äußeren Seite der Wohnungseingangstüre umfassen. Nach einem Urteil des AG Homburg erstreckt sich die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auch nicht auf mitvermietete Kellerräume. Mangels einer besonderen Vereinbarung müssen lediglich in den Wohnräumen Schönheitsreparaturen ausgeführt werden, nicht dagegen in Kellerräumen. Der in einem Mietvertrag verwendete TerminusSchönheitsreparaturen bestimmt sich nach der Definition des § 28 Abs. 4 S. 3 II. BV. Danach sind Schönheitsreparaturen nur Arbeiten innerhalb der Wohnung. Eine Renovierungspflicht für Kellerräume käme allenfalls in Betracht, wenn der Mietvertrag insoweit eine klare Regelung enthalten würde. Dies war vorliegend nicht der Fall (AG Homburg, Urteil v. 20.05.2021, 7 C 206/20 (17), WuM 2021, S. 549).
Eigenbedarf – Eigenverwaltung kann Kündigungsgrund sein
Der Wunsch, Wohneigentum aus räumlicher Nähe zu verwalten, stellt nach einem neuen Urteil des AG München ein vernünftiges und nachvollziehbares Nutzungsinteresse dar. Hierfür ist nicht erforderlich, dass eine Verwaltung nur aus der Nähe möglich ist. Der Vermieter kann ein Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn für die Inanspruchnahme der Wohnräume vernünftige und nachvollziehbare Gründe vorlie-gen (so bereits BGH, Rechtsentscheid v. 20.01.1988, VIII ARZ 4/87, DWW 1988, S. 78). In dem vom AG München entschiedenen Fall hat der außerhalb Münchens wohnende Vermieter im Kündigungsschreiben vorgetragen, dass er zwei Anwesen in München mit insgesamt 18 Wohneinheiten selbst betreut und verwaltet, für die ein erheblicher Investitionsstau besteht und bauliche Maßnahmen anstehen. Deshalb fährt er derzeit zweimal wöchentlich nach München, um sich um die Anwesen zu kümmern; wenn Baumaßnahmen beginnen, wird dies auch öfters notwendig sein. Dazu hat das AG München festgestellt, dass der Wunsch, Wohneigentum aus räumlicher Nähe zu verwalten durchaus ein vernünftiges und nachvollziehbares Nutzungsinteresse darstellt. Hierfür ist weder erforderlich, dass eine Verwaltung nur aus der Nähe möglich ist, noch, dass es der Üblichkeit entspricht, in der selbstverwalteten Immobilie auch zu wohnen. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass es dem Vermieter angenehmer ist, nicht zweimal wöchentlich zu den verwalteten Objekten in die Stadt zu fahren; vor allem dann, wenn Baumaßnahmen anstehen, die mehr Termine vor Ort erforderlich machen. Unbeachtlich ist insofern, dass der genaue bzw. größer werdende Umfang der Verwaltungstätigkeit nicht in der schriftlichen Kündigung dargelegt wurden. Das Kündigungsschreiben dient nämlich nur dazu, das geltend gemachte Interesse objektiv von anderen Kündigungsgründen abzugrenzen und zu unterscheiden. Nähere Einzelheiten hingegen kann der Vermieter im gerichtlichen Verfahren vortragen. Der Zweck der Vorschrift erfordert nur die Information des Mieters, nicht aber eine dem Räumungsprozess vorbehaltene Substantiierung der Kündigung nebst Beweisführung (AG München, Urteil v. 24.08.2020, 423 C 5615/20, ZMR 2021, S. 755).
Schadensersatzanspruch des Mieters bei vorgetäuschtem Eigenbedarf
Kündigt der Vermieter eine Wohnung wegen Eigenbedarfs, obwohl ihm bekannt ist, dass ein solcher nicht gegeben ist, liegt der strafrechtliche Tatbestand des Betrugs vor. Ferner kann der Mieter vom Vermieter Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung verlangen u.a. Ersatz aller mit dem Umzug im Zusammenhang stehenden Kosten, Mehrkosten (Mietdifferenz) für die Anmietung einer vergleichbaren Wohnung, Kosten des Maklers für die Anmietung einer Ersatzwohnung, Ersatz von Gerichts- und Anwaltskosten. Dabei liegt die Darlegungsund Beweislast dafür, dass tatsächlich kein Selbstnutzungswillen des Vermieters bestand, beim Mieter. Allerdings hat der Vermieter nach einem neuen Urteil des AG Leipzig plausibel und substantiiert darzulegen, warum seine Angaben im Kündigungsschreiben zutreffend waren, wenn Indizien vorliegen, aus denen sich das Fehlen des Selbstnutzungswillens herleiten lässt z.B. der nicht erfolgte Einzug des Vermieters, Handlungen, die einen Verkauf der Immobilie vorbereiten, wie die Durchführung von Besichtigungsterminen und der Verkauf der Wohnung an Dritte. In diesem Fall darf sich der Vermieter nicht darauf beschränken, eine entsprechende Behauptung des Mieters, der Eigenbedarf sei vorgetäuscht, schlicht zu bestreiten, da Verdachtsmomente für ein Vorschieben des Eigenbedarfs gegeben sind, wenn der Vermieter den in der Kündigung behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht in die Tat umsetzt. Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten, substantiiert und plausibel d.h. „stimmig“ darzulegen, aus welchen Grund der mit der Kündigung geltend gemachte Eigenbedarf nachträglich entfallen ist. Hierbei sind strenge Anforderungen zu stellen. Erst wenn der Vortrag des Vermieters diesem Maßstab genügt, ob-liegt dem Mieter der Beweis, dass ein Selbstnutzungswille des Vermieters schon vorher nicht bestanden hat. Kommt der Vermieter seiner besonderen Darlegungslast in derartigen Fällen nicht nach z.B. durch die bloße Behauptung, die Person, für die Eigenbedarf geltend gemacht wurde, hätte es sich eben kurzfristig „anders überlegt“, ist die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung – hier das Vortäuschen eines nicht bestehenden Eigenbedarfs – als unstreitig zu behandeln (AG Leipzig, Urteil v. 04.03.2021, 166 C 2930/19, WuM 2021, S. 683).
Verkehrssicherungspflicht - Mieter muss Wasserschläuche nicht regelmäßig kontrollieren
Die Wasserzulaufschläuche eines von einem Fachbetrieb montierten Wasseraufbereitungsgeräts müssen nach einem Beschluss des OLG Düsseldorf vom Mieter nicht regelmäßig kontrolliert werden. Die sog. Verkehrssicherungspflicht d.h. die allgemeine Rechtspflicht, im Verkehr die Gefährdung anderer zu vermeiden, beruht auf dem Gedanken, dass jeder, der Gefahrenquellen schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz Dritter zu treffen hat. Wer ein Gebäude dem Verkehr zugänglich macht, hat gegenüber denjenigen, die dort ein- und ausgehen die Pflicht, vorhersehbare Gefahren und Schäden durch erforderliche und zumutbare Maßnahmen abzuwenden. Welche Vorkehrungen im Einzelnen zu treffen sind, richtet sich danach, was im konkreten Einzelfall erforderlich und den Umständen nach zumutbar ist. Zu den Gebäudeteilen, für die der Vermieter verkehrssicherungspflichtig ist, gehören vor allem die Zugänge zum Haus und die Treppenhäuser. Ungenügende Beleuchtung, defekte Lichtschalter mit losen Drähten, Glätte, stark abgenützte Treppen sind Beispiele für solche Gefahrenquellen. Allerdings weist auch der BGH darauf hin, dass eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung Dritter ausschließt, im praktischen Leben nicht erreichbar ist. Haftungsbegründend wird eine Gefahr daher erst dann, wenn sich die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (so bereits BGH, Urteil v. 16.05.2006, VI ZR 189/05, NZM 2006, S. 578). Danach verstößt z.B. der Vermieter einer Wohnung nicht gegen seine Verkehrssicherungspflicht, wenn er die mit einem Glasausschnitt versehenen Zimmertüren der Wohnung, die insoweit den baurechtlichen Vorschriften entsprechen, bei einer Vermietung an eine Familie mit kleinen Kindern nicht mit Sicherheitsglas nachrüsten lässt. In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall verursachte ein undichter Wasserzulaufschlauch eines Wasseraufbereitungsgerätes, das vor 17 Jahren von einer Fachfirma montiert wurde, in den darunterliegenden Räumen einen Wasserschaden in Höhe von rund € 176.000. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf hat der Mieter seine Verkehrssicherungspflicht nicht dadurch verletzt, dass er eine regelmäßige Überprüfung des Zustandes des Wasserzulaufschlauchs unterlassen hat. Insofern sei dem Benutzerhandbuch zu entnehmen, dass das Gerät praktisch wartungsfrei sei; gleiches gelte für den Zulaufschlauch, da das Handbuch keine Anhaltspunkte für eine regelmäßige Überprüfung oder eine Materialermüdung nach längerem Gebrauch biete. Ferner könne nicht erwartet werden, dass jedes einem gewissen Verschleiß unterliegende Bauteil eines Gerätes einer regelmäßigen Kontrolle unterzogen werden müsse. Eine Verkehrssicherungspflicht wird auch nicht durch jede denkbare Gefährdung ausgelöst, sondern erst durch eine solche, die die Möglichkeit einer Schutzgutverletzung für einen Sachkundigen nahelegt. Dabei hat sich der Mieter auf die Anweisungen des Handbuchs verlassen können, so dass auch eine fahrlässige Unterlassung von Maßnahmen zur Verkehrssicherung ausscheidet (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.09.2021, I-24 U 294/20, GE 2021, S. 1430).
Fristlose Kündigung bei Drohung mit „Zerfleischen durch Pitbull“
Der Vermieter kann ein Mietverhältnis aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten ist (§ 543 Abs. 1 BGB). Dies ist nach einem Urteil des AG BerlinCharlottenburg bei einer Bedrohung des Vermieters und seiner Mitarbeiter der Fall. In dem vom Gericht entschiedenen Sachverhalt wollten zwei Mitarbeiter des Vermieters Briefe an Mieter des Hauses zustellen. Der beklagte Mieter hinderte beide Mitarbeiter am Betreten des Hauses mit der Äußerung: „Verpisst euch, ihr stellt hier keine Briefe zu, ihr seid keine Postboten. Einen Schritt näher, dann hole ich meinen Pitbull von oben, der zerfleischt euch, das war es dann mit euch“. Dazu stellte das Gericht fest, dass das Verhalten des Mieters den Tatbestand der strafbewehrten Bedrohung verwirklicht und dies grundsätzlich auch geeignet ist, den Vermieter zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses zu berechtigen. Auch der Versuch des Mieters oder seines Mitbewohners, durch sein Verhalten in Form einer Selbstjustiz den Vermieter an der Ausübung seiner vertraglichen Rechte (hier des Zugangs der Mietsache) zu verhindern, macht die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar. Angesichts der Bedrohungen und der Selbstjustiz bedurfte es vor der Kündigung auch keiner Abmahnung (AG Berlin-Charlottenburg, Urteil v. 26.08.2021, 203 C 45/21, GE 2021, S. 1496).
Rechtsanwalt Rudolf Stürzer
Vorsitzender HAUS + GRUND MÜNCHEN
Informationen und interessante Urteile unter www.immostar.de/recht
Kommentar schreiben