Die neue Grundsteuer in Bayern

Die gute Nachricht zuerst: Bayern hat sich bei der vom Bundesverfassungsgericht bereits im Jahre 2018 geforderten Neuregelung der Grundsteuer für das sog. Flächenmodell entschieden. Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer ist danach ausschließlich die Fläche des Grundstücks sowie die Flächen des Gebäudes und die Art der Nutzung. Wert und Lage des Grundstücks sowie Alter und Zustand des Gebäudes spielen keine Rolle.

Flächenmodell kontra Bundesmodell

Im Gegensatz dazu werden die wertabhängigen Modelle in anderen Bundesländern bei steigenden Immobilienpreisen zu laufenden Steuererhöhungen führen und infolge der ständigen Veränderung der Preise einen immensen Verwaltungsaufwand durch laufende Neubewertungen der Grundstücke erfordern. Gerade weil es die Verwaltung schon bisher nicht geschafft hat, die insgesamt 36 Millionen Immobilien im Bundesgebiet neu zu bewerten, hat das Bundesverfassungsgericht die derzeitige Grundsteuerregelung wegen den nicht aktualisierten und daher veralteten Werten für verfassungswidrig erklärt.

 

Auch Mieter profitieren vom Flächenmodell

Ferner hätte ein wertabhängiges Modell in Bayern zu einer deutlichen Erhöhung der Grundsteuer, in Gebieten mit hohen Bodenwerten wie z.B. im Großraum München zu einer Vervielfachung geführt. Dies hätte auch die Mieter in Bayern stark belastet, da die Grundsteuer als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden kann. Hauseigentümer und Mieter dürften sich daher darüber einig sein, dass das bayerische Flächenmodell die sozial verträglichere Alternative zum Bundesmodell ist. Die schlechte Nachricht: Auch in Bayern müssen sämtliche Grundstücke und Wohnungen neu bewertet werden. Wann und auf welche Weise dies zu erfolgen hat, ist im Bayerischen Grundsteuergesetz (BayGrStG) vom 10.12.2021 (GVBl 2021 S. 638) festgelegt. Auf Hauseigentümer und Verwaltungsbehörden kommt damit viel Arbeit zu.

 

Hauptfeststellung zum 01.01.2022

Obwohl die derzeitige Grundsteuer noch knapp drei Jahre bis zum 31.12.2024 gilt, wurde die Bemessungsgrundlage für die neue Grundsteuer einmalig zum Stichtag 01.01.2022 festgesetzt (sog. Hauptfeststellung). Sie muss allerdings nur dann angepasst werden, wenn sich Flächengröße oder Grundstücksnutzung ändern (Art. 6 Abs. 1 BayGrStG). Änderungen der Verkehrswerte des Bodens oder des Gebäudes erfordern keine Anpassung. Die Aufforderung an die Eigentümer zur Abgabe der Feststellungserklärung durch das Bayerische Landesamt für Steuern wird voraussichtlich Ende März 2022 mittels Allgemeinverfügung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen (Art. 6 Abs. 5). Die elektronisch abzugebenden Feststellungserklärungen können ab 01.07.2022 über die Steuer-Onlineplattform ELSTER eingereicht werden. Die Abgabefrist läuft nach derzeitigem Stand bis zum 31.10.2022.

 

Welche Daten müssen angegeben werden?

Anzugeben in der Erklärung ist die Fläche des Grundstücks, die Fläche des Gebäudes sowie die Art der Nutzung. Die Fläche des Grundstücks ist i.d.R. dem Grundbuchauszug zu entnehmen; bei Eigentumswohnungen anteilig aus dem 1.000-Anteil laut Teilungserklärung zu errechnen. Die Fläche des Gebäudes ist bei Wohnnutzung die Wohnfläche i.S.d. Wohnflächenverordnung. Danach sind Wohnflächen alle Flächen innerhalb der Wohnung sowie Wintergärten, Balkone und Terrassen. Ferner gilt als Wohnfläche auch das häusliche Arbeitszimmer. Nicht zur Wohnfläche gehören grundsätzlich Kellerräume, Abstellräume, Waschräume, Heizungsräume u.Ä.. Flächen unter einer lichten Höhe von mindestens 2 m sind voll, Flächen unter einer lichten Höhe zwischen 1 m und 2 m sind zur Hälfte anzurechnen. Balkon- und Terrassenflächen werden i.d.R. mit einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte der Wohnfläche zugerechnet.

 

Wo findet man die Daten?

Die maßgeblichen Wohnflächen können, soweit zwischenzeitlich keine baulichen Änderungen vorgenommen worden sind, der i.d.R. dem Bauantrag beiliegenden Wohnflächenberechnung entnommen werden; bei Eigentumswohnungen sind sie i.d.R. in der Teilungserklärung genannt. Bei einer Nutzung nicht zu Wohnzwecken ist die Nutzfläche des Gebäudes maßgeblich. Die jeweiligen Flächen werden auf volle Quadratmeter nach unten abgerundet (Art. 2 Abs. 5). Nutzflächen von Garagen, die in räumlichem Zusammenhang zu der Wohnung zu stehen, der sie rechtlich zugeordnet sind, bleiben bis zu einer Fläche von insgesamt 50 m² außer Ansatz (Art. 2 Abs. 1, 2).

 

Daten im Internet

Die Vermessungsverwaltung stellt vom 01.07. bis 31.12.2022 Daten der Flurstücke zum Hauptfeststellungszeitpunkt kostenlos über eine allgemein zugängliche Internetanwendung zur Verfügung u.a. die Flurstücksnummer, die amtliche Fläche sowie die tatsächliche Nutzung mit den zugehörigen Flächenanteilen (Art. 10 a Abs. 2 S. 1). Dabei hat der Eigentümer das Recht, jederzeit ohne Angabe von Gründen gegen die Veröffentlichung von Daten seines Flurstücks Widerspruch einzulegen. Widerspricht der Eigentümer, hat eine Veröffentlichung der entsprechenden Daten des Eigentümers durch die Vermessungsverwaltung in der Internetanwendung für die Zukunft zu unterbleiben (Art. 10 a Abs. 2 S. 2, 3).

 

Berechnung der Grundsteuer:

 

1. Schritt: Berechnung des Äquivalenzbetrages (Art. 1 Abs. 3):

Dieser errechnet sich aus einem fixen Betrag für Grund und Boden – 0,04 €/m² (Äquivalenzzahl gem. Art. 3 Abs. 1) multipliziert mit der Grundstücksfläche sowie einem weiteren fixen Betrag für Wohn- und Nutzflächen - 0,50 €/m² (Äquivalenzzahl gem. Art. 3 Abs. 2) multipliziert mit der maßgeblichen Gebäudefläche.

 

2. Schritt: Bestimmung des Grundsteuermessbetrages (Art. 1 Abs. 2):

Der Grundsteuermessbetrag ergibt sich aus dem Äquivalenzbetrag (oben 1. Schritt) für Grund und Boden und der Grundsteuermesszahl (100 % gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1) und dem Äquivalenzbetrag der Wohnund Nutzflächen (70 % für Wohnflächen gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2).

 

3. Schritt: Berechnung der Grundsteuer (Art. 1 Abs. 1 S. 2):

Die Grundsteuer ergibt sich durch eine Multiplikation des Grundsteuermessbetrages (oben 2. Schritt) und des von der Gemeinde bestimmten jeweiligen Hebesatzes. Die Grundsteuer ist ein Jahresbetrag und auf volle Cent nach unten abzurunden.

 

Hinweis:

Sonderregelungen für die Ermittlung der Äquivalenz- und Grundsteuermesszahlen bestehen u.a. für Wohngebäude, bei denen die Grundstücksfläche mehr als das 10-Fache der Wohnfläche beträgt („kleines Haus auf großem Grund“, Art. 3 Abs. 1 Nr. 1), bei einer engen räumlichen Verbindung der Wohnflächen mit dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft des Steuerschuldners (Art. 4 Abs. 2), für denkmalgeschützte Gebäude (Art. 4 Abs. 3) und Sozialwohnungen (Art. 4 Abs. 4 Nr. 1).

 

 

Achtung:

Die vorstehenden Berechnungen basieren auf unveränderten gemeindlichen Hebesätzen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Städte und Gemeinden den Hebesatz so anpassen, dass die Grundsteuerreform für die jeweilige Stadt oder Gemeinde möglichst aufkommensneutral ist. Für den einzelnen Steuerpflichtigen kann sich aber dadurch die Höhe der Grundsteuer ändern. Die derzeitigen Hebesätze der einzelnen Städte und Gemeinden finden Sie unter: www.dihk.de/de/themen-und-positionen/wirtschaftspolitik/steuerund- finanzpolitik/hebesaetze-56878

Sehr zeitnah steht den Mitgliedern von HAUS + GRUND MÜNCHEN ein Grundsteuerrechner online auf www.hug-m.de zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Rudolf Stürzer
Vorsitzender HAUS + GRUND MÜNCHEN

 

www.hug-m.de

Informationen und interessante Urteile unter www.immostar.de/recht


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