Interessante Urteile für Vermieter und Mieter (Mai 2022)

Eigenbedarf - Büronutzung setzt Zweckentfremdungsgenehmigung voraus

 

Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs müssen die Räume zu Wohnzwecken benötigt werden. Ein Benötigen zu anderen z.B. gewerblichen oder beruflichen Zwecken stellt keinen Eigenbedarf dar. Daher kann der Vermieter die Kündigung in diesen Fällen zwar nicht auf Eigenbedarf, aber auf ein allgemeines berechtigtes Interesse i.S.v. § 573 Abs. 1 BGB stützen, da der Wunsch des Vermieters, seine Wohnung auch für eigene berufliche Zwecke zu nutzen, im Hinblick auf die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit grundsätzlich zu beachten ist.

Dieses allgemeine berechtigte Interesse des Vermieters ist gesetzlich nicht geringer zu bewerten als der Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken (so bereits BGH, Urteil v. 26.09.2012, VIII ZR 330/11, WuM 2013, S. 47). Wie streng die Voraussetzungen für eine Kündigung des Vermieters nach der Generalklausel des § 573 Abs. 1 S. 1 BGB (allgemeines berechtigtes Interesse) sind, hängt davon ab, ob das Interesse des Vermieters an der Erlangung der Räume eher mit Eigenbedarf oder eher mit einer wirtschaftlichen Verwertung vergleichbar ist. Bei einer Vergleichbarkeit mit Eigenbedarf reicht bereits ein „beachtenswerter Nachteil“ aus. Bei einer Vergleichbarkeit mit einer wirtschaftlichen Verwertung ist eine Kündigung nur bei einem „Nachteil von einigem Gewicht“ begründet (BGH, Urteil v. 10.05.2017, VIII ZR 292/15, ZMR 2017, S. 722). In dem vom AG Stuttgart zu entscheidenden Fall führte die Vermieterin zur Begründung ihrer ordentlichen Kündigung aus, dass sie selbst und ihr Lebensgefährte die streitgegenständliche Wohnung als Büro nutzen wollten. Ob für die Vermieterin ein „Nachteil von einigem Gewicht“ bei verweigerter Selbstnutzung besteht, konnte nach Auffassung des Gerichts dahinstehen, da die Kündigung bereits mangels Vorliegen einer Zweckentfremdungsgenehmigung jedenfalls materiell unwirksam war. Einem Vermieter, der die Wohnung für freiberufliche Zwecke nutzen will, ist diese Nutzung nämlich rechtlich unmöglich, wenn die erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung nicht vorliegt. Er kann sich dann nicht auf gegenwertig beachtliche Gründe berufen. Zweckentfremdung von Wohnraum d.h. die Nutzung von Wohnräumen zu gewerblichen bzw. freiberuflichen Zwecken, wird nach örtlichen Zweckentfremdungsverordnungen nur ausnahmsweise genehmigt, um einer Gefährdung der Versorgung mit Wohnraum entgegen zu wirken. Eine solche Genehmigung muss daher bereits bei Ausspruch der Kündigung vorliegen; andernfalls handelt es sich um eine unzulässige Vorratskündigung.

 

Eigentümerwechsel - Keine Übernahme von „Vergunstmiete“ eines Arbeitnehmers

 

Beim Verkauf einer Immobilie tritt der Erwerber in das bestehende Mietverhältnis mit allen Rechten und Pflichten ein (§ 566 BGB, „Kauf bricht nicht Miete“). Dies bedeutet, dass bestehende Mietverhältnisse vom Käufer grundsätzlich unverändert übernommen werden müssen. Auch einen neuen Mietvertrag kann der Käufer nur im Einvernehmen mit dem Mieter abschließen. Nach herrschender Meinung ist § 566 BGB eng auszulegen. Danach erfasst § 566 BGB nur solche Rechte und Pflichten, die als mietrechtlich zu qualifizieren sind oder die in untrennbarem Zusammenhang mit dem Mietvertrag stehen. Der Erwerber tritt daher nicht in Rechte und Pflichten ein, die außerhalb des Mietverhältnisses liegen, selbst wenn sie als zusätzliche Vereinbarung im Mietvertrag geregelt sind. Vom Übergang ausgeschlossen sind somit z.B. Verpflichtungen des Vermieters bei Werkwohnungen, die ihre Grundlage letztlich in dem Arbeitsverhältnis und nicht in dem Mietverhältnis haben. Bei Werkwohnungen ist der Erwerber daher z.B. nicht an Verpflichtungen des Veräußerers gebunden, die ihre Grundlage letztlich in dem Arbeitsverhältnis und nicht in dem Mietverhältnis haben wie z.B. ein Verzicht des Vermieters in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber auf die Umlage von Betriebskosten als zusätzliche freiwillige Sozialleistung zu Gunsten seiner Arbeitnehmer und Mieter. Gleiches gilt nach einem Urteil des AG München für die Miethöhe betreffend den bei Anmietung vorhandenen Abstand zwischen vereinbarter und damals ortsüblicher Miete. Diese Miethöhendifferenz bei der „Vergunstmiete“ ist aufgrund der Arbeitsvertragsbezogenheit nicht als mietrechtlich zu qualifizieren und muss daher vom Käufer der Wohnung nicht übernommen werden. Dies gilt auch dann, wenn das Dienst- oder Arbeitsverhältnis mit dem ursprünglichen Vermieter/Eigentümer noch fortbesteht (AG München, Urteil v. 11.05.2021, 473 C 4975/20, ZMR 2021, S. 670).

 

Rechtsanwalt Rudolf Stürzer
Vorsitzender HAUS + GRUND MÜNCHEN

 

www.hug-m.de

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