Nackter Vermieter im Hof berechtigt nicht zur Mietminderung
Der Mieter ist zur Minderung der Miete berechtigt, wenn der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache erheblich beeinträchtigt ist (§ 536 Abs. 1 BGB). Auf ein Verschulden des Vermieters kommt es nicht an. Fraglich ist, ob auch Störungen des sittlichen oder ästhetischen Empfindens eine Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs darstellen können.
In dem vom OLG Frankfurt/M. entschiedenen Fall minderte der Mieter einer Büroetage, die er auch teilweise zu Wohnzwecken nutzt, die Miete u.a. mit der Begründung, im Erdgeschoss des Anwesens würde von anderen Mietern „Gerümpel“ gelagert; ferner wären ständig Küchengerüche zu vernehmen und letztlich sei sein ästhetisches Empfinden erheblich beeinträchtigt, weil sich der Vermieter häufig nackt im Hof sonnt. Das OLG Frankfurt/M. sah in diesen Umständen keinen Grund für eine Mietminderung. Bei dem „Gerümpel“ handele es sich um von Mitmietern abgestellte Gebrauchsgegenstände wie Kinderwagen, Schuhe, Tüten etc. Das Abstellen solcher Sachen geht nur in Ausnahmefällen über das sozialadäquat hinzunehmende Maß der Beeinträchtigung hinaus. Gleiches gilt für die Küchengerüche. Letztlich kann die Miete auch nicht gemindert werden, weil sich der Vermieter im Hof nackt sonnt. Unstreitig war insofern, dass der Vermieter damit keine gezielte Einwirkung beabsichtigt hatte. In diesem Fall verletzt nach der Rechtsprechung des BGH der – nur das ästhetische Empfinden eines anderen – verletzende Anblick nicht dessen Persönlichkeitsrecht und führt daher nicht zu einem Abwehrrecht. Diese Diskussion ist nicht neu. Bereits das Reichsgericht, das von OLG Frankfurt/M. zitiert wurde, hatte im Jahre 1904 in den „Belästigungen der Nachbarn durch das unzüchtige Treiben in einem Grundstücke keine Einwirkung i.S.d. § 906 BGB gefunden“ - wörtliches Zitat aus RG, Urteil v. 09.04.1904, V 15/04, RGZ 57, S. 239). Ausnahmen – so das OLG Frankfurt/M. – sind allerdings bei gezielten Einwirkungen denkbar, die sittenwidrigen und schädigenden Charakter haben. Errichtet jemand beispielsweise auf seinem Grundstück an der Grenze zum Nachbargrundstück einen Galgen, an dem er eine Puppe mit der Aufschrift „Ich bin ein Drecksack“ befestigt, so kann der Nachbar die Beseitigung dieser Anlage verlangen, wenn der Galgen aus der Sicht eines neutralen Beobachters mit erkennbarer Zielrichtung auf den Nachbarn gerichtet ist (so LG Limburg, Urteil v. 19.02.1986, 3 S 262/85). Die ideelle und nicht zielgerichtete Einwirkung durch einen unbekleideten Nachbarn stellt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung auch bei Störungen des sittlichen oder ästhetischen Empfindens keine Einwirkung i.S.d. § 906 BGB dar und begründet keinen Unterlassungsanspruch. Dementsprechend liegt auch keine Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs und somit kein Grund für eine Mietminderung vor (OLG Frankfurt/M., Urteil v. 18.04.2023, 2 U 43/22, WuM 2023, S. 340).
Beleidigung als „dümmliche Schlampe“ ist Kündigungsgrund
Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses d.h. ein Kündigungsgrund liegt vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Die ordentliche Kündigung ist daher auch bei einer schuldhaften Vertragsverletzung geringeren Gewichts möglich, die für sich genommen noch nicht zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigen würde. In dem vom LG München Ientschiedenen Fall lag der vom Vermieter ausgesprochenen Kündigung der Vorwurf zugrunde, dass der Mieter gegenüber einem weiteren Bewohner des Hauses über die Hausverwalterin des Vermieters geäußert habe, dass er mit dieser „dümmlichen Schlampe aus Stuttgart“ derzeit vor Gericht stehe. Dazu hat das LG München I entschieden, dass insbes. wegen des sexistischen und sexualisierten Elements der verbalen Herabwürdigung der Hausverwalterin jedenfalls eine ordentliche Kündigung d.h. eine Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gerechtfertigt ist. Der zur Wirksamkeit der Kündigung grundsätzlich erforderliche innere Zusammenhang zwischen der Handlung des Mieters und dem Mietverhältnis ist dabei insbesondere dann gegeben, wenn die Beleidigung innerhalb des Mietanwesens gegenüber Mitmietern, Nachbarn oder Besuchern erfolgt ist. Dabei kommt es nach Auffassung des LG München I nicht darauf an, ob die dergestalt Beleidigte während der ehrverletzenden Äußerung selbst anwesend war. Die für eine ordentliche Kündigung grundsätzlich erforderliche vorherige Abmahnung hat das Gericht konkludent in der vorangegangenen Kündigung des Vermieters wegen einer Beleidigung des Nachbarn gesehen. Letztlich liege für den Vermieter ein Kündigungsgrund bereits dann vor, wenn das Vertragsverhältnis – wie vorliegend - nur durch einen von mehreren Mietern gestört wird (LG München I, Beschluss v. 08.02.2023, 14 S 7769/22, ZMR 2023, S. 467).
Schadensersatz - 200 Dübel sind noch kein „Exzess“
Etwa 200 Dübellöcher gleichmäßig verteilt in einer 8-Zimmerwohnung stellen nicht generell eine vertragswidrige Nutzung dar. Nach Auffassung des AG Paderborn liegt in diesem Fall auch noch kein sog. „Exzess“ an Dübellöchern vor. Beim Setzen von Dübeln in angemessenem Umfang liegt keine bauliche Veränderung vor, die der Zustimmung des Vermieters bedürfte. Bei Beendigung des Mietverhältnisses müssen Dübellöcher vom Mieter fachgerecht jedenfalls dann verschlossen werden, wenn der Mieter gem. den Bestimmungen des Mietvertrages z.B. durch eine Schönheitsreparaturklausel zur Durchführung von Schönheitsreparaturen d.h. den Malerarbeiten verpflichtet ist und diese bei Beendigung des Mietverhältnisses fällig sind. Ist dies nicht der Fall z.B. weil eine entsprechende Klausel fehlt, unwirksam ist oder die Schönheitsreparaturen noch nicht fällig sind, kann der Vermieter das Verschließen der Löcher nur im Wege eines Schadensersatzanspruches verlangen. Dies setzt allerdings voraus, dass das Verhalten des Mieters vertragswidrig war d.h. insbesondere die Anzahl der Bohrlocher das übliche Maß und damit den vertragsgemäßen Gebrauch überschritten haben. Die Rechtsprechung zur Frage, wie viele Dübellöcher noch vertragsgemäß sind, ist uneinheitlich. 50-60 Dübellöcher in einem Zimmer überschreiten jedenfalls den vertragsgemäßen Gebrauch (so z.B. AG Mönchengladbach, Urteil v. 02.08.2012, 11 C 329/11, ZMR 2013, S. 124). Auch Bohrlöcher, die der Mieter z.B. zur Montage von Plissees in den Fensterglasleisten setzen lässt, stellen eine Substanzverletzung der Mietsache dar, da solche Bohrlöcher an sensiblen Stellen der Fenster nicht ohne Weiteres und nicht ohne Zurückbleiben einer optischen Beeinträchtigung wieder verschlossen werden können (so z.B. AG Witten, Urteil v. 12.04.2018, 2 C 684/17, MDR 2018, S. 925).In dem vom AG Paderborn entschiedenen Fall ging es um etwa 200 Dübellöcher gleichmäßig verteilt in einer 8-Zimmerwohnung. Dies stellt nach Auffassung des Gerichts nicht generell eine vertragswidrige Nutzung dar. Auch ein sog. „Exzess“ an Dübellöchern liegt nicht vor. Ein Schadensersatzanspruch des Vermieters ist daher nicht gegeben (AG Paderborn, Urteil v. 30.01.2023, 51 C 35/22, ZMR 2023, S. 482).
Eigenbedarf - Zweifel bei Verhandlungen über Miethöhe
Der Vermieter kann eine Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die vermieteten Räume für sich oder seine Familien- oder Haushaltsangehörigen benötigt. Ein „Benötigen“ der vermieteten Räume ist gegeben, wenn der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnräume für sich oder eine begünstigte Person hat. In dem vom AG Münster entschiedenen Fall hat die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung ergeben, dass die Kündigung mit der behaupteten Absicht, die vermietete Wohnung in Zukunft als Zweitwohnsitz zu nutzen nur für den Fall gelten soll, dass Verhandlungen über die gewünschte Mieterhöhung scheitern. Insofern hat das AG Münster darauf hingewiesen, dass es zunächst unbeachtlich ist, ob die Vermieterin die Wohnung als Erst- oder Zweitwohnsitz nutzen möchte. Ein Eigenbedarf setze nicht voraus, dass der Vermieter in der Wohnung zukünftig auch seinen Lebensmittelpunkt begründen will. Auch die gelegentliche Nutzung einer Wohnung kann – zumindest, wenn diese gelegentliche Nutzung auf unbestimmte Zeit angelegt ist – einen Eigenbedarf begründen. Voraussetzung eines Eigenbedarfs ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings, dass dieser auch ernsthaft verfolgt wird. Macht ein Mieter z.B. gegen den vom Vermieter behaupteten Eigenbedarf unter Darlegung von zeitgleich mit der Kündigung erfolgten Verkaufsversuchen geltend, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben sei, muss das Gericht darüber Beweis erheben (so z.B. LG Berlin, Urteil v. 22.06.2016, 65 S 386/15, WuM 2016, S. 567). Die dementsprechend vom AG Münster durchgeführte Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Kündigung des Vermieters nur für den Fall gelten soll, dass Verhandlungen über eine vermieterseitig gewünschte Mieterhöhung scheitern. Auch die nach Ausspruch der Eigenbedarfskündigung weitergeführten Verhandlungen mit der Mieterseite über eine Mieterhöhung sind ein Indiz dafür, dass der Eigenbedarf nicht ernsthaft verfolgt wird. Die Eigenbedarfskündigung war nach Auffassung des Gerichts daher unwirksam und die Räumungsklage abzuweisen (AG Münster, Urteil v. 28.11.2022, 98 C 1780/22, WuM 2023, S. 216).
Wasserschaden - Fristlose Kündigung bei erheblich verspäteter Schadensmeldung
Der Vermieter kann ein Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich und fristlos kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 BGB). In dem vom AG München entschiedenen Fall stellte der beklagte Mieter gegen Mitternacht fest, dass aus dem Abfluss des Waschbeckens im Bad und dem Abfluss der Dusche das Wasser hoch kommt und die Toilette überlief; nach seinen Angaben „alles wie aus einer Quelle“. Er habe dann die Feuerwehr gerufen, die ca. eine halbe Stunde später eingetroffen sei. Dieser Behauptung widersprach der Bericht der Branddirektion München. Danach erfolgte die Meldung des Wasserschadens bei der Feuerwehr erst am darauffolgenden Tag nach 16 Uhr. Insofern hat der Mieter auch nicht bestritten, dass er erst zu diesem Zeitpunkt auch die Hausverwaltung informiert hat. Das Vorbringen des Mieters, er habe vorher niemanden erreicht, wies das Gericht als nicht glaubhafte Schutzbehauptung zurück. Damit hat der Mieter mehr als 14 Stunden mit der Schadensmeldung zu gewartet und billigend in Kauf genommen, dass an der Mietsache ein großer Schaden entsteht und auch die Wohnungen unter ihm vom Wasserschaden betroffen werden. Dieses Verhalten stellt eine schwere Sorgfaltspflichtverletzung dar, durch die die Rechte des Klägers als Vermieter in erheblichem Maß gefährdet wurden. Die Kündigung des Vermieters war daher wirksam. Die Berufung gegen das Räumungsurteil des AG München wurde vom LG München I zurückgewiesen (AG München, Urteil v. 21.07.2022, 463 C 20434/21; LG München I, 14 S 10413/22, ZMR 2023, S. 480).
Gasheizung vom Vormieter übernommen - Vermieter trägt Kosten der Erneuerung
Gemäß § 535 BGB muss der Vermieter die Mietsache einschließlich aller mitvermieteten Einrichtungen und Anlagen (z.B. Etagenheizung) auf seine Kosten Instandhalten und ggfs. erneuern. Dies gilt jedoch nicht für Gegenstände oder Ausstattungen, die vom Mieter selbst in die Mieträume eingebracht wurden. Ferner nicht für Gegenstände und Einbauten (z.B. Einbauküche, Sanitärausstattung, Böden), die der Mieter von seinem Mietvorgänger erworben hat bzw. die ihm von diesem unentgeltlich überlassen wurden. Hat der Mieter die vom Vormieter in die Mieträume eingebrachten Einrichtungen nicht im Wege einer Ablösevereinbarung übernommen, hängt es von der Auslegung des mit dem Nachmieter abgeschlossenen Mietvertrags ab, ob die Einrichtungen als Bestandteile der Mietsache mitvermietet wurden und sich die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters damit auch auf diese Einrichtungen erstreckt. Bei fest mit der Mietsache verbundenen Einbauten wird man mangels entgegenstehender Vereinbarung im Zweifel von einer Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters ausgehen müssen (BGH, Beschluss v. 27.09.2017, XII ZR 54/16, ZMR 2018, S. 208). Gleiches gilt, wenn der Mietvorgänger die Gegenstände bzw. Einbauten nach seinem Auszug in den Mieträumen lediglich zurückgelassen hat. Auch dann ist das Eigentum nicht auf den Nachmieter, sondern auf den Vermieter übergegangen. Dies hat zur Folge, dass diese Gegenstände und Einbauten – mangels einer anderweitigen Vereinbarung – als vermieterseits gestellt und damit als mitvermietet gelten (LG Berlin, Urteil v. 16.12.2011, 63 S 170/11, GE 2012, S. 405). In diesem Fall erstreckt sich die gesetzliche Instandhaltungspflicht des Vermieters auch auf die vom Vormieter zurückgelassenen Gegenstände oder Einbauten. In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall hatte der Vormieter eine mit Kachelofen beheizte Wohnung gemietet, anschließend eine Gasetagenheizung eingebaut. Im Mietvertrag mit dem Nachmieter wurde darauf hingewiesen, dass die Etagenheizung nicht Gegenstand des Vertrages, sondern vom Vormieter übernommen sei und der Mieter sie „auf eigene Kosten betreibe und warte“. Nachdem an der Therme ein irreparabler Defekt entstanden ist, verlangten die Mieter die Instandsetzung. Die Vermieterin erneuerte die Heizung und verlangte Erstattung der Kosten von ca. € 5.000. Amtsgericht und Landgericht Berlin wiesen die Klage der Vermieterin auf Erstattung der Kosten gegen den Mieter ab. Selbst wenn vertraglich vereinbart worden ist, dass die Etagenheizung nicht Gegenstand des Mietvertrages sein soll und der Mieter die Heizung auf eigene Kosten betreiben und warten solle, ist damit nicht eindeutig geregelt, wer für den Einbau oder Ersatz einer neuen Heizungsanlage zuständig sei. Im Zweifel sei das der Vermieter, der die Versorgung der Heizung und Warmwasser schuldet (LG Berlin, Beschluss v. 10.03.2023, 63 S 249/22, GE 2023, S. 549).
Zweifamilienhaus - Kein Sonderkündigungsrecht bei nur gelegentlicher Nutzung
Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen (Zweifamilienhaus) kann der Vermieter auch ohne Vorliegen eines berechtigten Interesses d.h. eines gesetzlichen Kündigungsgrundes kündigen (§ 573a Abs. 1 BGB). Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, im Hinblick auf das enge Zusammenwohnen und das zwangsläufig häufige Zusammentreffen der Parteien eine Lösung des Mietverhältnisses auch ohne Vorliegen der strengen Voraussetzungen des § 573 BGB (Vorliegen eines gesetzlichen Kündigungsgrundes z.B. Eigenbedarf) zu ermöglichen, insbes. weil in diesem Fall auch persönliche Spannungen zwischen den Parteien, die noch keinen Kündigungsgrund darstellen, zu einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses führen können. Voraussetzung ist, dass der Vermieter selbst im Anwesen wohnt. Dies setzt zwar nicht voraus, dass sich der Vermieter überwiegend in dem Anwesen aufhält; jedoch muss er nach der Rechtsprechung dort das Zentrum seiner privaten Lebensführung haben. Ein nur gelegentliches Benutzen der Wohnung oder z.B. eine Nutzung als „Möbellager“ reicht mit Rücksicht auf den vorerwähnten Sinn und Zweck der Regelung nicht aus. In dem vom LG Traunstein entschiedenen Fall nutzte der im über 500 km entfernten Wuppertal lebende Vermieter die Wohnung in seinem Zweifamilienhaus in Rosenheim nur alle zwei Monate für etwa drei Tage. Nachdem es zwischen ihm und der Mieterin der anderen Wohnung zu Auseinandersetzungen gekommen ist, kündigte der Vermieter die Wohnung ohne Angabe von Gründen unter Berufung auf sein Sonderkündigungsrecht. Das LG Traunstein wies die Klage ab mit der Begründung, dass „alle paar Monate mal vorbeischauen“ nicht ausreichend ist, um von „Selbstbewohnen“ i.S.d. § 573a BGB sprechen zu können. Die Gefahr persönlicher Spannungen wegen räumlicher Nähe, die Grundlage des Sonderkündigungsrechts sind, bestehen kaum, wenn der Vermieter nur selten anwesend ist. Letztlich resultierten vorliegend die Auseinandersetzungen zwischen den Mietparteien auch nicht aus einem engen Zusammenleben von Vermieter und Mieterin. Die Kündigung des Vermieters war daher unwirksam (LG Traunstein, Urteil v. 03.05.2023, 3 S 2451/22).
Ausnahme von Mietpreisbremse - Angabe der Quadratmetermiete genügt
Bei Überschreiten der nach der Mietpreisbremse zulässigen Höchstmiete genügt der Vermieter seiner Auskunftspflicht über die Vormiete durch Angabe der Quadratmetermiete, wenn dem Mieter die Fläche der Wohnung bekannt war oder bekannt gemacht wurde. Dies hat das LG Berlin in einem neuen Urteil entschieden. In Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten, in denen die Mietpreisbremse gilt, darf die Miete bei Neuabschluss eines Wohnungsmietvertrages nicht um mehr als 10 % über der ortsüblichen Miete liegen. Diese wird i.d.R. nach dem örtlichen Mietspiegel ermittelt. Eine Ausnahme besteht dann, wenn bereits die vom Vormieter gezahlte Miete mehr als 10 % über der ortsüblichen Miete lag. Dann darf diese Miete auch bei Neuabschluss des Mietvertrages wieder verlangt werden. Der Mieter kann vom Vermieter Auskunft über die Vormiete verlangen. In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall lag die vereinbarte Miete mehr als 10 % über dem örtlichen Mietspiegel. Dazu enthielt der Mietvertrag folgenden Hinweis: „Die Vormiete ein Jahr vor Beendigung des Vormietverhältnisses betrug € 10,60/m²“. Das AG Berlin gab der Klage der Mieter auf Rückzahlung angeblich überhöhter Miete statt. Die Berufung des Vermieters zum LG Berlin hatte Erfolg. Mit der Nennung des Quadratmeterpreises der Vormiete hat der Vermieter seine entsprechende Auskunftspflicht erfüllt. Anhand dieser Auskunft kann der Mieter aufgrund der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche die gesamte Vormiete unschwer ermitteln. Zu weiteren Angaben ist der Vermieter nicht verpflichtet. Er muss weder zusätzliche Hinweise zur Vormiete geben noch erläutern, warum er berechtigt ist, die Vormiete zu fordern. Aus den Gesetzesmaterialien zum Mietrechtsanpassungsgesetz geht ferner eindeutig hervor, dass der Vermieter seiner Auskunftspflicht „durch bloße Angabe der Höhe der Vormiete“ nachkommt, ohne den Mieter über die Bedeutung dieser Information für die Zulässigkeit der Wiedervermietungsmiete informieren zu müssen (LG Berlin, Urteil v. 26.01.2023, 67 S 228/22, GE 2023, S. 496).
Keine Kündigung trotz unhaltbarem Betrugsvorwurf
Erhebliche Beleidigungen und der unberechtigte Vorwurf strafbaren Verhaltens gegen den Vermieter rechtfertigen bei einem psychisch kranken Mieter nicht ohne weiteres eine Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung, so das LG Krefeld in einem neuen Urteil. Erstattet der Mieter leichtfertig Strafanzeige gegen den Vermieter wegen eines behaupteten Betruges, ohne dass Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Verhalten des Vermieters bestehen (z.B. bei Berechnung der Miete), kann eine fristlose Kündigung des Vermieters nach § 543 Abs. 1 BGB wegen der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter zulässig sein (so Bundesverfassungsgericht, Beschluss, v. 02.10.2001, 1 BvR 1372/01, WuM 2002, S. 22). In dem vom LG Krefeld entschiedenen Fall hatte der Mieter den Vermieter zwar nicht bei der Behörde angezeigt, ihm jedoch in Zusammenhang mit einer Betriebskostennachforderung strafbares Verhalten insbes. Betrug, Untreue und Urkundenfälschung vorgeworfen. Darauf kündigten die Vermieter das Mietverhältnis fristlos. Das Amtsgericht verurteilte den Mieter zur Räumung; das LG Krefeld hob dieses Urteil wieder auf mit der Begründung, dass an die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses ein strenger Maßstab anzulegen sei. Es hielt dem Mieter zugute, dass er im Schreiben an die Vermieter nicht nur Vorwürfe und Beleidigungen geäußert hat, sondern sich auch sachlich und inhaltlich argumentativ mit der Betriebskostenabrechnung auseinandergesetzt hat. Der im Räumungsprozess vor dem Amtsgericht beauftragte Sachverständige stellte bei dem Mieter zwar eine Persönlichkeitsstörung mit mangelnder Kritikfähigkeit fest. Dies müsse – so das LG Krefeld - bei der Interessenabwägung berücksichtigt werden; ebenso der Umstand, dass das Mietverhältnis schon seit Jahrzehnten besteht und der Mieter die Vorwürfe nur gegenüber den Vermietern und nicht öffentlich geäußert hat. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei den Vermietern daher nicht unzumutbar (LG Krefeld, Urteil v. 01.03.2023, 2 S 27/22, GE 2023, S. 596).
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