Interessante Urteile für Mieter und Eigentümer (September 2023)

Keine Mietpreisbremse bei umfassender Modernisierung

  

Die Mietpreisbremse gilt nicht bei Neuvermietung nach umfassender Modernisierung (hier: Bad, Sammelheizung, Isolierglasfenster, Leitungssystem und Elektrik). Bei einer substantiierten Darlegung der Maßnahmen durch Beifügung von Rechnungen, Leistungsverzeichnissen und Fotos ist nach einem Urteil des AG Kreuzberg ein pauschales Bestreiten der Maßnahmen und der Kosten durch den Mieter unbeachtlich.

 

Die Bestimmungen der Mietpreisbremse, wonach die Miete bei Neuabschluss eines Wohnungsmietvertrages die ortsübliche Miete nicht um mehr als 10 % übersteigen darf, gelten nicht, wenn die Wohnung dem Mieter umfassend renoviert übergeben wird. Umfassend ist eine Renovierung dann, wenn sie einen solchen Umfang aufweist, dass eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheint. Die Wohnung muss in mehreren wesentlichen Bereichen - insbesondere Sanitär, Heizung, Fenster, Fußboden, Elektroinstallationen, energetische Eigenschafen - verbessert werden, d.h. sie muss in mehreren (nicht notwendig allen) wesentlichen Bereichen einen Zustand aufweisen, der die Gleichstellung mit einem Neubau rechtfertigt (so BGH, Urteil v. 11.11.2020, VIII ZR 369/18, WuM 2021, S. 170). In die Berechnung des wesentlichen Bauaufwands dürfen nur die Kosten einfließen, die aufgrund reiner Modernisierungsmaßnahmen angefallen sind. Erhaltungsmaßnahmen zählen dazu nicht. In dem vom AG Kreuzberg entschiedenen Fall hat der Vermieter ein neues Bad sowie eine Sammelheizung, moderne Isolierglasfenster, eine Einbauküche eingebaut; ferner sind Leitungssysteme und Elektrik erneuert worden. Hierfür sind Kosten von über € 550/m² angefallen. Nach Auskunft des Statistischen Landesamtes betrugen für Neubauwohnungen die Kosten € 1.570/m². Somit sind vorliegend mehr als ein Drittel der Kosten für einen Neubau angefallen. Damit liegt nach Auffassung des AG Kreuzberg eine umfassende Modernisierung vor. Diese wurde von den Vermietern auch substantiiert dargelegt durch Rechnungen, Leistungsverzeichnisse und Fotos. Somit ist das pauschale Bestreiten der Maßnahmen und der Kosten durch den Mieter unbeachtlich. Die Klage der Mieterin auf Rückzahlung von angeblich überzahlten Mieten sowie auf Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten wurde daher vom AG Kreuzberg abgewiesen (AG Kreuzberg, Urteil v. 09.02.2022, 10 C 46/21, GE 2022, S. 583).

 

Eigenbedarf für Zweitwohnung - Substantiierte Begründung erforderlich

 

Ist in der Eigenbedarfskündigung einer Personengesellschaft angegeben, die als Be-darfsperson benannte Gesellschafterin wolle künftig nicht mehr von ihrem zwei Fahrstunden entfernten Familienheim pendeln und deswegen unter der Woche in der Wohnung übernachten; stellt das Gericht aber fest, dass die Bedarfsperson die Wohnung allenfalls in Ausnahmefällen als Zweitwohnung nutzen will, ist die Kündigung unwirksam und die Räumungsklage abzuweisen. Dies hat das LG Berlin entschieden. Der Vermieter ist zur Kündigung wegen Eigenbedarfs grundsätzlich auch dann berechtigt, wenn er die vermietete Wohnung lediglich als Zweitwohnung nutzen will. Insofern sind nach der Rechtsprechung des BGH allerdings allgemein verbindliche Aussagen etwa über eine konkrete Mindestnutzungsdauer der Zweitwohnung nicht möglich. Maßgeblich sind die konkreten Umstände des Einzelfalles. Ein Eigenbedarf kann jedenfalls dann angenommen werden, wenn der Vermieter die Absicht hat, sich regelmäßig und mehrfach im Jahr aus beruflichen Gründen in der Wohnung aufzuhalten und nicht mehr auf eine Unterkunft im Hotel oder bei privaten Bekannten angewiesen sein möchte. Die Begründung des Lebensmittelpunkts in der Mietwohnung ist dabei nicht erforderlich (BGH, Beschluss v. 22.08.2017, VIII ZR 19/17, GE 2017, S. 1465). Kündigt der Vermieter eine Wohnung wegen Eigenbedarfs, um sie künftig als Zweitwohnung zu nutzen, muss das Kündigungsschreiben Angaben zum Grund sowie zur Dauer und Intensität der beabsichtigten Nutzung enthalten. Die schlichte Mitteilung, die Wohnung „für notwendige Aufenthalte als Zweitwohnung“ nutzen zu wollen, ist unzureichend (so bereits LG Berlin, Beschluss v. 07.01.2020, 67 S 249/19, DWW 2020, S. 98). An einer solchen unzureichenden Begründung scheiterte die vor dem LG Berlin verhandelte Kündigung. Eine Personengesellschaft hatte das Mietverhältnis über eine 1-Zimmer-Wohnung wegen Eigenbedarfs für eine ihrer Gesellschafterinnen gekündigt, weil diese „unter der Woche in Berlin bleiben“ und die Wohnung als Schlafmöglichkeit nutzen wolle. Nach persönlicher Anhörung und Zeugenvernehmung stellte das Gericht jedoch fest, dass die Wohnung nicht annähernd in dem Umfang genutzt werden solle, wie es in der Kündigung und dem Räumungsverfahren vorgetragen wurde. Die beabsichtigte Nutzung sei nicht werktäglich (unter der Woche) geplant, sondern nur an einigen Tagen. Das Gericht sah daher keine ernsthaften vernünftigen und nachvollziehbaren Gründe, weswegen die Wohnung i.S.v. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB benötigt werde (LG Berlin, Urteil v. 22.06.2022, 64 S 340/21, GE 2023, S. 350).

 

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