Interessante Urteile für Mieter und Eigentümer (März 2024)

Rückgabeprotokoll kann negatives Schuldanerkenntnis sein

  

Enthält ein Übergabeprotokoll die Feststellung bestimmter Schäden am Mietobjekt, kann dies dahin verstanden werden, dass vom Vermieter nur in Bezug auf diese Schäden noch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können; auch wenn tatsächlich noch weitere (erkennbare) Schäden am Mietobjekt vorhanden sein sollten. Dies hat das OLG Dresden entschieden. Bei Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Räume an den Vermieter wird häufig nicht klar und eindeutig dokumentiert, welche Mängel vorliegen und für welche Mängel der Vermieter den Mieter verantwortlich macht und die Beseitigung bzw. Kostenersatz verlangt.

 

Die Übergabe sollte daher grundsätzlich in Anwesenheit eines sachverständigen Zeugen stattfinden, der zu vorhandenen Mängel und deren Ursachen Stellung nimmt. Erst dann sollte auf dieser Grundlage ein Übergabeprotokoll angefertigt und unterzeichnet werden. In dem vom OLG Dresden entschiedenen Fall macht nach Beendigung des Mietverhältnisses über Gewerberäume der Mieter die Rückzahlung der geleisteten Kaution geltend; während der Vermieter Zahlung eines bezifferten Mindestschadens wegen Beschädigung des Mietobjekts verlangt. Den Übergabetermin nahm für den Vermieter der von ihm beauftragte Zeuge wahr. Es wurde ein schriftliches Übergabeprotokoll gefertigt und von dem Zeugen unterzeichnet. Darin heißt es u.a.: „Folgende Mängel wurden festgestellt: Übergabe erfolgte im Zustand besenrein! Ohne Mängel!“. Zwei Wochen später machte der Vermieter gegenüber dem Mieter zahlreiche vorliegende Mängel geltend, verlangte u.a. das Verschließen von Bohrlöchern, das Erneuern gekürzter Türen sowie eines beschädigten Fensters und verweigerte die Rückzahlung der Kaution. Der Mieter berief sich auf die Feststellungen im Übergabeprotokoll, wonach die Mieträume „ohne Mängel“ zurückgegeben wurden.

 

as OLG Dresden wies daraufhin, dass der rechtliche Gehalt einer Bestandsaufnahme zum Zustand des Mietobjekts anlässlich seiner Rückgabe an den Vermieter in einem Übergabeprotokoll im Einzelfall durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermit-teln ist. Dabei kommt es entscheidend auf den Erklärungswert der Feststellungen auf Grundlage des Empfängerhorizonts (hier: des Mieters) an. Enthält das Übergabeprotokoll die Feststellung bestimmter Schäden am Mietobjekt, kann dies dahin verstanden werden, dass vom Vermieter nur in Bezug auf diese Schäden noch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können; auch wenn tatsächlich noch weitere (erkennbare) Schäden am Mietobjekt vorhanden sein sollten. Der Sinn und Zweck der Aufnahme von Feststellungen in ein Übergabeprotokoll besteht nämlich gerade darin, einen späteren Streit über das Vorhandensein und die Art von Schäden am Mietobjekt zu vermeiden. Wird also vom Vermieter im Übergabeprotokoll bescheinigt, dass sich das Mietobjekt in einem ordnungsgemäßen Zustand befinde, der Zustand also der vertraglichen Verpflichtung des Mieters entspreche, kann das vom Empfängerhorizont des Mieters aus dahin verstanden werden, dass es mit der erfolgten Rückgabe des Mietobjekts sein Bewenden hat und etwaige Schadensersatzansprüche wegen des Zustand des Mietobjekts vom Vermieter nicht geltend gemacht werden (sog. deklaratorisches / negatives Schuldanerkenntnis i.S.v. § 397 Abs. 2 BGB). Die Berufung des Vermieters an das OLG Dresden gegen das Urteil des LG Chemnitz, das den Vermieter zur Rückzahlung der Kaution verurteilt und dessen Widerklage auf Schadensersatz abgewiesen hat, blieb daher erfolglos (OLG Dresden, Urteil v. 07.09.2022, 5 U 816/22, NZM 2022, S. 971).

 

Unberechtigter Vorwurf von „Nazi-Party“ berechtigt zur fristlosen Kündigung

 

Auch eine einmalige nachhaltige Störung des Hausfriedens seitens des Mieters in Form eines von ihm getätigten Notrufs mit verleumderischen Inhalt zum Nachteil eines anderen Mieters oder Hausbewohners kann nach einem Urteil des LG München I eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen. Der Vermieter kann ein Mietverhältnis aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls insbesondere eines Verschuldens des Mieters und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund liegt auch dann vor, wenn der Mieter den Hausfrieden nachhaltig stört (§ 569 Abs. 2 BGB). In dem vom LG München I entschiedenen Fall verständigte der beklagte Mieter die Polizei, mit der Behauptung, in der Nachbarwohnung würden regelmäßig Nazi-Parolen gegrölt. Sätze wie „Merkel raus, Neger raus, Deutschland den Deutschen“ wären deutlich zu hören.

 

Nach umfassender Beweiserhebung und Beweiswürdigung durch das AG München, der das LG München I in der Berufungsinstanz folgte, kam das Gericht zu der Überzeugung, dass der Notruf wohl wegen einer Ruhestörung erfolgte; die behaupteten Gründe allerdings verleumderischen Inhalts waren. Die dadurch erfolgte Störung des Hausfriedens berechtigt den Vermieter allerdings erst dann zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses, wenn die Störung nachhaltig und auch schwerwiegend ist. Kurze bzw. einmalige Störungen des Hausfriedens sind für eine fristlose Kündigung grundsätzlich nicht ausreichend. Allerdings kann unter bestimmten Umständen auch ein einmaliger Vorfall den Hausfrieden so schwer stören, dass unter Abwägung aller gegenseitigen Interessen eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter nicht zumutbar ist. Dies kann der Fall sein, bei einer einmaligen, aber nachhaltigen Störung des Hausfriedens seitens des Mieters in Form eines von ihm getätigten Notrufs mit verleumderischen Inhalt zum Nachteil eines anderen Mieters oder Hausbewohners. Behauptet ein Mieter im Rahmen eines polizeilichen Notrufs wissentlich erfundene Tatsachen (hier: ein weiterer Mieter würde eine „große Nazi-Party“ feiern) und löst dadurch einen größeren Polizeieinsatz bei den Mitmietern aus, kann wegen dieser massiven Störung des Hausfriedens eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein.

 

Untervermietung - Schadensersatzpflicht des Mieters bei vorzeitiger Räumung

 

Der Mieter macht sich gegenüber seinem Untermieter schadensersatzpflichtig, wenn der Untermieter die Räume in Folge einer berechtigten Kündigung des Vermieters vorzeitig räumen und herausgeben muss. Dies hat das BGH entschieden. Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten (z.B. einem Untermieter) überlassen, kann der Vermieter die Räume nach Beendigung des Mietverhältnisses unmittelbar von dem Dritten zurückfordern (§ 546 Abs. 2 BGB). Es handelt sich insoweit um ein gesetzliches Schuldverhältnis. Endet das Hauptmietverhältnis vor dem Untermietverhältnis und verlangt der Eigentümer vom Untermieter die Räumung und Herausgabe der Wohnung kann der Untermieter von seinem Vermieter (Hauptmieter), der wegen des Kündigungsschutzes den Wohnungsmietvertrag nicht kündigen könnte, Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Dadurch wird dem Untermieter (Endmieter) der vertragsgemäße Gebrauch entzogen, so dass Ansprüche aus § 536 BGB entstehen. Dies ist auch der Fall, wenn der Untermieter nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses, aber vor Beendigung des Untermietverhältnisses vom Hauptvermieter (Eigentümer) zur Mietzahlung an sich selbst aufgefordert wird, verbunden mit der Drohung, er werde andernfalls Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangen (so bereits OLG Hamm, RE v. 26.08.1987, 30 RE-Miet 1/87, WuM 1987, S. 346).

 

Der vom Hauptmieter zu ersetzende Schaden umfasst die Miete für die noch vor Räumung anzumietende Ersatzwohnung, die Kosten des (nicht aussichtslosen) Räumungsrechtstreits mit dem Eigentümer einschließlich der Kosten eines Räumungsvergleichs, unter Umständen die Kosten der Beseitigung von Veränderungen / Verschlechterungen der zu räumenden Mietsache, die Kosten des Rechtsstreits um die Höhe einer zu leistenden Nutzungsentschädigung wegen verspäteter Rückgabe der Mietsache an den Eigentümer sowie die vergleichsweise vereinbarte Abfindung eines weitergehenden Verspätungsschadens, die Umzugskosten einschließlich der Kosten der Montage von Einrichtungsgegenständen in der Ersatzwohnung und die Mietdifferenz zwischen Ersatzwohnung und herauszugebender Wohnung. Ferner umfasst der Schadensersatzanspruch nach einem neuen Urteil des BGH auch die Kosten einer notwendigen Unterbringung des Untermieters in einer Notunterkunft durch die Sozialbehörde. In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Mieter (Hauptmieter) ohne Genehmigung des Vermieters die Wohnung untervermietet und der Vermieter den (Haupt-) Mietvertrag aus diesem Grund gekündigt. In diesem Fall haftet der (Haupt-) Mieter dem Untermieter gem. § 536a Abs. 1, 536 Abs. 3 BGB auf Schadensersatz wegen eines Rechtsmangels, da dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache entzogen wird. Aufgrund der Beendigung des Hauptmietvertrages steht dem Vermieter (Eigentümer) ein Herausgabeanspruch gegen den Untermieter zu. Wird der Untermieter von der Sozialbehörde dann in einer Notunterkunft untergebracht, kann diese die Unterbringungskosten im Wege des Schadensersatzes vom Haupt-Mieter erstattet verlangen. Die Schadens-ersatzpflicht für die Kosten einer neuen Unterkunft ist allerdings in zeitlicher Hinsicht begrenzt. Der Untermieter kann Schadensersatz wegen des entgangenen Gebrauchs der Mietsache nur für den Zeitraum verlangen, in dem der Vermieter auch gegen seinen Willen am Mietvertrag hätte festgehalten werden können. Daher sind auch Ansprüche auf Erstattung der Mietdifferenz wegen der Mehrkosten einer vergleichbaren Ersatzwohnung auf den Zeitraum bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer oder bis zur Wirksamkeit der ersten möglichen Kündigung durch den Vermieter beschränkt (BGH, Urteil v. 21.06.2023, VIII ZR 303/21).

 

Wohnungsbesichtigung - Fristlose Kündigung bei hartnäckiger Weigerung

 

Für den Mieter von Wohnraum besteht nach der Rechtsprechung des BGH eine vertragliche (Neben-) Pflicht, dem Vermieter – nach entsprechender Vorankündigung – den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, wenn hierfür ein konkreter sachlicher Grund vorliegt z.B. Feststellung von Mängeln. Diese Pflicht des Mieters kann sich aus einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung ergeben (z.B. Besichtigungsrecht „aus besonderem Anlass“) oder aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB; BGH, Urteil v. 26.04.2023, VIII ZR 420/21, WuM 2023, S. 403). Die Verweigerung des Zutritts berechtigt den Vermieter grundsätzlich nicht zur sofortigen Kündigung des Mietverhältnisses. Anders ist die Rechtslage, wenn die Verweigerung des Zutritts zu einer Gefährdung der Mietsache oder der Mitbewohner führen kann z.B. dem Vermieter oder dessen Beauftragten der Zutritt wegen Überprüfung und Wartung von Rauchwarnmeldern verweigert wird. Dies stellt eine schwerwiegende Vertragsverletzung dar, die den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt (LG Konstanz, Urteil v. 08.12.2017, A 11 S 83/17, WuM 2018, S. 201). Wurde der Mieter jedoch wegen der unberechtigten Verweigerung des Zutritts bereits abgemahnt und verweigert er daraufhin dennoch den Zutritt an einem weiteren ihm mitgeteilten und zumutbaren Termin, kann der Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt sein (LG Berlin, Urteil v. 18.04.2011, 67 S 502/10).

 

Die Verweigerung der Wohnungsbesichtigung trotz Abmahnung stellt einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar (LG München I, Urteil v. 26.08.2021, 474 C 4123/21). Dies gilt nach einem neuen Urteil des AG München erst recht, wenn der Anspruch des Vermieters auf Besichtigung vom Gericht bereits tituliert d.h. einer Klage des Vermieters auf Besichtigung stattgegeben wurde; es sei denn, der Mieter kann darlegen und beweisen, dass er aus gesundheitlichen Gründen keine Wohnungsbesichtigung dulden konnte. In dem vom AG München entschiedenen Fall verlangte die Vermieterin mehrfach vergeblich Zutritt zur streitgegenständlichen Wohnung mit der Begründung, dass von den Mitbewohnern Beschwerden über üblen Geruch und übermäßigen Müll vorlägen. In einem Verfahren vor dem AG München wurde die Mieterin bereits durch rechtskräftiges Endurteil zur Zutrittsgewährung und Duldung der Wohnungsbesichtigung verurteilt. Trotzdem weigerte sich die Mieterin beharrlich, der Vermieterin den gerichtlich titulierten Zutritt zur Wohnung zu gewähren. Daraufhin kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich. Das AG München verurteilte die Mieterin zur Räumung und Herausgabe der Wohnung, da sie nicht darlegen und beweisen konnte, dass und weshalb sie aus gesundheitlichen Gründen keine Wohnungsbesichtigung dulden konnte. Das LG München I hat die Berufung der Mieterin zurückgewiesen (14 S 13112/22) (AG München, Urteil v. 04.10.2022, 420 C 5421/22, ZMR 2023, S. 898).

 

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