Interessante Urteile für Mieter und Eigentümer (April 2024)

Störung des Hausfriedens - Nachträgliches Wohlverhalten lässt Kündigung unberührt

  

Für die Wirksamkeit einer Kündigung wegen nachhaltiger Störung des Hausfriedens kommt es maßgeblich darauf an, ob der Kündigungstatbestand zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vorgelegen hat. Nach einem Urteil des AG München wird durch ein nachträgliches Wohlverhalten die Wirksamkeit der Kündigung grundsätzlich nicht berührt. Nur in besonderen Einzelfällen kann das Festhalten am Räumungsanspruch rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Ursachen der Störung beseitigt wurden. Ein wichtiger Grund, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt liegt u.a. dann vor, wenn der Mieter den Hausfrieden nachhaltig stört (§ 569 Abs. 2 BGB).

In dem vom AG München entschiedenen Fall kündigte der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos wegen zahlreicher massiver Beleidigungen von Mitmietern, Besuchern und auch der Vermieter; u.a. wurde die Zeugin N. als „Bitch mit blödem Sohn“ bezeichnet und ihr „Was willst du, du blöde Schlampe?“ nachgerufen; der Zeuge S. lautstark als „Arschloch“ bezeichnet sowie die im Rollstuhl sitzende Zeugin R. als „behinderter Krüppel, Rollstuhlfahrerin, Bastard“ beleidigt. Die auf diese Vorfälle gestützte fristlose Kündigung der Vermieter war wirksam. Der Hausfrieden – so das AG München – ist Ausdruck der Notwendigkeit, dass die Nutzung von Wohn- und Geschäftsräumen durch mehrere Personen ein gewisses Maß an Rücksichtnahme voraussetzt. Der Mieter und die ihm zuzurechnenden Personen müssen sich bei der Nutzung der Mieträume so verhalten, dass die anderen Nutzer nicht mehr als unvermeidlich gestört werden. Gegen diese Grundsätze wurde von den Mietern sowie von ihnen zuzurechnenden Personen in grober Art und Weise verstoßen. Dabei kommt es für die Wirksamkeit der Kündigung kommt es maßgeblich darauf an, ob der Kündigungstatbestand zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vorgelegen hat. Durch ein nachträgliches Wohlverhalten (z.B. Unterlassen weiterer Beleidigungen) wird die Wirksamkeit der Kündigung nicht berührt. Nur in besonders gelagerten Einzelfällen kann das Festhalten am Räumungsanspruch rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Ursachen der Störung beseitigt wurden. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Dem Vermieter steht daher aufgrund der wirksamen Kündigung ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung zu (AG München, Urteil v. 19.05.2022, 419 C 15714/21, ZMR 2022, S. 978).

 

Eigenbedarfskündigung - Mieter muss sofort mit Suche nach Ersatzwohnraum beginnen

 

Ein Mieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen einer Härte nur dann verlangen, wenn der Härtegrund schon vor Ablauf der Kündigungsfrist vorgelegen hat. Nach einem neuen Urteil des LG Berlin muss der Mieter daher umgehend mit der Suche nach Ersatzwohnraum beginnen. Der Mieter von Wohnraum ist bei einer Kündigung durch den Vermieter – abgesehen von wenigen Ausnahmefällen – in doppelter Hinsicht geschützt. Zum einen dadurch, dass der Vermieter grundsätzlich nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses d.h. eines gesetzlichen Kündigungsgrundes (z.B. Eigenbedarf) kündigen kann und zum anderen durch die Sozialklausel des § 574 BGB, wonach der Mieter selbst dann, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses dargelegt und bewiesen hat, unter bestimmten Voraussetzungen die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann. Nach § 574 Abs. 1 BGB kann der Mieter der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum widersprechen und vom Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Eine Härte liegt auch dann vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann (§ 574 Abs. 2 BGB). in dem vom LG Berlin entschiedenen Fall hatte das Gericht festgestellt, dass die vom Mieter nach einer Kündigung wegen Eigenbedarfs nachgewiesenen Bemühungen um eine Ersatzwohnung erst knapp zwei Jahre nach dem Ausspruch der Kündigung sowie über ein Jahr nach Ablauf der Kündigungsfrist erfolgt sind. Somit lag sowohl im Zeitpunkt der Erklärung des Widerspruchs als auch beim Ablauf der Kündigungsfrist kein zur berücksichtigender Härtegrund vor, auf den sich der Mieter berufen könnte.

 

Ob Ersatzwohnraum zu angemessenen Bedingungen zu erlangen gewesen wäre, wenn der Mieter vor Ablauf der Kündigungsfrist – von ihm tatsächlich unterlassene – Anmietbemühungen entfaltet hätte, kann dahinstehen, da der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen einer Härte nur dann verlangen kann, wenn der Härtegrund schon vor Ablauf der Kündigungsfrist vorlag. Erstmals nach Beendigung des Mietverhältnisses entstandene Härtegründe können keine Berücksichtigung finden. Daher ist eine auf fehlenden Ersatzwohnraum beruhende Härte nur dann „nicht zu rechtfertigen“, wenn der Mieter bereits ab dem Zeitpunkt des Kündigungszugangs alles ihm Zumutbare unternommen hat, um den Eintritt der Härte bis zur kündigungsbe- dingten Beendigung des Mietverhältnisses abzuwenden. Dies erfordert zwingend die EntfaltungvonAnmietbemühungen noch vor Ablauf der Kündigungsfrist. Der Mieter darf daher die Ersatzwohnraumsuche nicht mit der Begründung zurückstellen er habe an den Erfolgsaussichten seiner Rechtsverteidigung gegen den Räumungsanspruch nicht ernsthaft zweifeln müssen (LG Berlin, Urteil 28.09.2023, 67 S 101/23, WuM 2023, S. 767).

 

Einbauküche - Abwälzung von Reparaturkosten ist unwirksam

 

Eine Allgemeine Geschäftsbedingung in einem Formularmietvertrag über Wohnräume, wonach eine bei Anmietung vorhandene Einbauküche dem Mieter unentgeltlich zur Leihe überlassen wird und der Mieter die Kosten für Instandhaltungen und Reparaturen trägt, ist nach einem Urteil des AG Besigheim wegen unange- messener Benachteiligung des Mieters unwirksam. Der Vermieter ist gem. § 535 BGB verpflichtet, die vermietete Wohnung einschließlich aller mitvermieteten Einbauten in vertragsgemäßem Zustand zu erhalten d.h. auf seine Kosten alle notwendigen Reparaturen bzw. Erneuerungen durchzufüh- ren. Keine Instandhaltungspflicht des Vermieters besteht z.B. für Gegenstände und Ausstattungen, die der Mieter selbst in die Mieträume eingebracht hat. Die gesetzliche Instandhaltungspflicht des Vermieters gilt auch nicht für Gegenstände und Einbauten, die der Mieter von seinem Mietvorgänger erworben hat bzw. die ihm von diesem unentgeltlich überlassen wurden. Eine Formularklausel, wonach vom Vormieter stammende, in der Wohnung zurückgelassene Mobilarteile (z.B. Herd, Kühlschrank, Schränke, Bodenbeläge) in das Eigentum des Mieters übergehen, ist überraschend und wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam; insbesondere wenn der Mieter keinen Kontakt zum Vormieter hatte.

Daher kann diese Klausel keine Freizeichnung des Vermieters von seinen gesetzlichen Instandhaltungspflichten bewirken (AG Hamburg, Urteil v. 05.05.2020, 314b C 56/19, ZMR 2020, S. 663).

 

Gleiches gilt nach einem neuen Urteil des AG Besigheim für eine Formularklausel, wonach eine bei Anmietung vorhandene Einbauküche dem Mieter unentgeltlich zur Leihe überlassen wird und der Mieter die Kosten für Instandhaltungen und Reparaturen trägt. In dem vom AG Besigheim entschiedenen Fall bestand nach einem De-fekt an der Dunstabzugshaube, die Bestandteil der Einbauküche war, Streit zwischen den Parteien über die Kosten der Reparatur bzw. Erneuerung. Dazu enthielt der Formularmietvertrag folgende Klausel: „Die Einbauküche ist nicht Bestandteil des Mietvertrags. Sie gehört dem Vermieter und wird dem Mieter kostenlos zum Gebrauch überlassen. Für Instandhaltungen und Reparaturen muss der Mieter aufkommen.“ Eine solche Klausel könnte nach Auffassung des Gerichts nur dann wirksam sein, wenn sie nicht formularvertraglich d.h. für eine Mehrzahl von Vertragsabschlüssen vorgefertigt ist; sondern zwischen den Parteien individuell ausgehandelt d.h. der Inhalt zur Disposition gestellt worden wäre. Eine solche ausgehandelte Individualvereinbarung lag zur Überzeugung des Gerichts nicht vor. Der Vermieter war daher für die mitvermietete Einbauküche instandhaltungspflichtig und damit zur Tragung der Reparaturkosten verpflichtet (AG Besigheim, Urteil v. 22.06.2023, 7 C 442/22, WuM 2023, S. 470).

 

Kündigungsschutz - Mietzeit über ein Jahr ist nicht nur vorübergehend

 

Eine Vermietung zumlediglichvorübergehendenGebrauch liegt typischerweise bei der Inanspruchnahme von Hotel- und Pensionszimmern sowie Ferienwohnungen vor; ferner während einer zeitlich befristeten Berufstätigkeit oder zeitlich bestimmter Veranstaltungen. Nach einem Urteil des LG Berlin fehlt es an der Kurzfristigkeit i.d.R. jedenfalls dann, wenn die Nutzungszeit einen Zeitraum von mehr als einem Jahr beträgt. Die ordentliche Kündigung von Wohnraum durch den Vermieter setzt grundsätzlich ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses d.h. einen gesetzlichen Kündigungsgrund z.B. Eigenbedarf voraus (§ 573 Abs. 1 BGB). Ein freies Kündigungsrecht des Vermieters, wie es z.B. bei Geschäftsräumen besteht, ist damit bei Mietverhältnissen über Wohnraum weitgehend ausgeschlossen und gilt nur in den gesetzlich bestimmten Ausnahmefällen. Ausgenommen vom Kündigungsschutz sind z.B. Wohnräume, die nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet sind (§ 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

 

Ein „vorübergehender Gebrauch“ liegt allerdings nicht schon bei einer vertraglichen Befristung der Gebrauchsüberlassung vor. Vielmehr muss nach dem Gebrauchszweck das Ende des Mietverhältnisses entweder zeitlich genau fixierbar oder von einer Bedingung abhängig sein, deren Eintritt in naher Zukunft gewiss ist. Daher ist Wohnraum nur dann vorübergehend vermietet, wenn ein vorübergehender Sonderbedarf gedeckt werden soll. In einem solchen Fall muss nicht nur die kurzfristige Vertragsdauer, sondern auch der Vertragszweck, der die Kurzfristigkeit sachlich begründen kann, im Mietvertrag genannt sein. In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall hatten die Parteien einen als „Mietvertrag zum vorübergehenden Gebrauch“ bezeichneten Vertrag über die streitgegenständliche Wohnung abgeschlossen; verlängerten diesen allerdings mehrfach auf insgesamt mehrere Jahre. Dazu hat das LG Berlin ausgeführt, dass eine Vermietung zum lediglich vorübergehenden Gebrauch typischerweise vorliegt bei der Inanspruchnahme von Hotel- und Pensionszimmern sowie Ferienwohnungen; ferner während zeitlich befristeter Berufstätigkeit oder bestimmter Veranstaltungen z.B. Unterkünfte für die Dauer einer Messe, Unterbringung eines auswärtigen Monteurs oder eines ausländischen Wissenschaftlers bis zur Erledigung des Arbeitsziels. An der Kurzfristigkeit fehlt es dagegen – so das LG Berlin – i.d.R. jedenfalls dann, wenn die Nutzungszeit einen Zeit-raum von mehr als einem Jahr beträgt. Die Kündigung des Vermieters, die nicht auf einen gesetzlichen Kündigungsgrund gestützt worden ist, war daher unwirksam (LG Berlin, Urteil v. 13.09.2023, 67 S 51/22, GE 2023, S. 1147).

 

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