Auch nach Gesetzesänderung - Cannabis kann Kündigungsgrund sein
Ein Kündigungsgrund kann auch nach Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes – KCanG – grundsätzlich auch dann gegeben sein, wenn der Bereich der eigenen Wohnung durch die Auswirkungen des Cannabiskonsums überschritten wird, da dann ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und damit eine erhebliche Störung des Hausfriedens in Betracht kommt. Dies hat das AG Brandenburg entschieden.
Seit 1. April 2024 ist durch das Konsumcannabisgesetz der Besitz zum Eigenkonsum von bis zu 25 Gramm Cannabis ausdrücklich erlaubt. Der Besitz von Cannabis unterhalb dieser Grenze stellt daher im Gegensatz zu der früheren Rechtslage grundsätzlich keinen Kündigungsgrund mehr dar. Dennoch kann der Vermieter wegen einer Störung des Hausfriedens zur Kündigung berechtigt sein, wenn der Bereich der eigenen Wohnung durch die Auswirkungen des Cannabiskonsums überschritten wird. In dem vom AG Brandenburg entschiedenen Fall hatte der Mieter ausweislich der beigezogenen Strafakte des AG Brandenburg nicht nur Cannabisverschnitt, sondern darüber hinaus 14,45 Gramm netto Amphetamin besessen, ohne zugleich Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein. Ferner ging das Gericht aufgrund des Umfangs des in der Wohnung vorgefundenen Bargeldes in Wert von € 2.050 sowie einer aufgefundenen Feinwaage davon aus, dass es sich bei der Wohnung des Mieters um eine sog. „Bunkerwohnung“ gehandelt hat, aus der heraus Handel mit Betäubungsmitteln betrieben wurde, was dann aber auch Auswirkungen auf die gesamte umliegende Nachbarschaft hat insbes. auf die minderjährigen Kinder, die in dem selben Hauseingang wohnen und im Hausflur an der Wohnungstür des Mieters vorbeigehen müssen. Darin liegt nach Auffassung des Gerichts ein erheblicher Verstoß gegen mietrechtliche Verpflichtungen, die die fristlose Kündigung der Vermieterin rechtfertigen (AG Brandenburg, Urteil v. 30.04.2024, 30 C 196/23, GE 2024, S. 508).
Eigenbedarf - Kündigung erst nach Umbauantrag zulässig
Ist für die beabsichtigte Eigennutzung eines vermieteten Mehrfamilienhauses eine Baugenehmigung erforderlich und entscheidet sich der Vermieter, diese nicht einzuholen, weil er der Auffassung ist, eine solche sei nicht erforderlich, stellt die Kündigung wegen Eigenbedarfs nach Auffassung des AG Hamburg eine unzulässige Vorratskündigung dar. Der Vermieter kann eine Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Räume für sich oder seine Haushaltsoder Familienangehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Sind für die Realisierung des konkreten Eigennutzungswunsches Umbauten erforderlich, muss zum Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung zwar noch keine ins einzelne gehende Planung vorliegen; allerdings müssen die Vorstellungen, die der Vermieter hinsichtlich seines Raumbedarfs hat, verwirklicht werden können (so bereits LG Hamburg, Urteil v. 25.06.2009, 333 S 67/08, ZMR 2010, S. 528 sowie AG Hamburg, Urteil v. 27.11.2013, 319a C 209/12, ZMR 2014, S. 456, wonach bei geplanten Umbaumaßnahmen – hier: Dachgeschossausbau und Zusammenlegung zweier Wohnungen – mit denen der Eigenbedarf begründet wird, bei Ausspruch der Eigenbedarfskündigung zwar noch keine Baugenehmigung oder ein Vorbescheid vorliegen muss; das Bauvorhaben aber soweit konkret geplant sein muss, dass die Realisierung des Bauvorhabens geprüft werden kann). In dem vom AG Hamburg entschiedenen Fall kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs für einen ihrer Gesellschafter, der das gesamte Haus mit den drei dort vorhandenen Wohnungen zukünftig mit seiner Familie als Einfamilienhaus nutzen wollte. Hierzu würden u.a. die verschließbaren Wohnungseingangstüren entfernt und Badezimmertüren wieder eingesetzt werden, sodass letztlich der ursprüngliche Zustand des Gebäudes, bei dem es sich nach der Erbauung im Jahre 1936 zunächst um ein Einfamilienhaus gehandelt hatte, wiedergestellt werde. Das Gericht wertete die Kündigung als unzulässige Vorratskündigung, da der Umbau nach der Landesbauordnung genehmigungsbedürftig war, die Vermieterin diese Genehmigung zum Zeitpunkt der Kündigung aber nicht eingeholt hatte. Zwar setze die Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarfs auch bei durch den Selbstnutzungswunsch erforderlichen Umbaumaßnahmen nicht voraus, dass eine Baugenehmigung schon bei Ausspruch der Kündigung vorliegt. Es genügt insoweit, wenn die Baugenehmigungsfähigkeit gegeben ist. Allerdings müssen die geplanten Umbaumaßnahmen bei Ausspruch der Eigenbedarfskündigung so konkret geplant sein, dass die Realisierbarkeit des Bauvorhabens geprüft werden kann. Eine Kündigung ins Blaue hinein ohne entsprechende verlässliche baustatische und baugenehmigungsrechtliche Vorprüfung ist nicht ausreichend. Ausreichend ist aber grundsätzlich, wenn die Genehmigung beantragt wurde bzw. bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu erwarten ist. Dies war vorliegend nicht der Fall, da die Vermieterin der Auffassung war, eine Baugenehmigung sei nicht erforderlich und diese daher nicht eingeholt hat. Die Kündigung war daher als sog. Vorratskündigung unwirksam und die Räumungsklage abzuweisen (AG Hamburg, Urteil v. 26.10.2023, 49 C 294/22, GE 2024, S. 599).
Heimlich aufgenommene Videos sind kein Beweismittel
Videos, die heimlich aufgenommen worden sind und als Beweis für eine unerlaubte Untervermietung dienen sollen, können nach einem neuen Urteil des BGH eine fristlose Kündigung nicht stützen. Der Vermieter ist zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache unbefugt d.h. ohne Zustimmung durch den Vermieter einem Dritten überlässt (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Bestreitet der Mieter die Gebrauchsüberlassung an einen Dritten liegt die Beweislast beim Vermieter. In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte das LG Berlin die Räumungsklage eines Wohnungsunternehmens wegen unerlaubter Untervermietung abgewiesen, weil es die von der Vermieterin mit Hilfe eines Detektivs heimlich veranlassten Videoaufnahmen nicht als Beweismittel gelten ließ. Das LG Berlin stufte dies als grundrechtswidrig ein, da andere Maßnahmen und Indizien zum Beweis der unbefugten Untervermietung ausreichend gewesen wären. Die Revision der Vermieterin zum BGH hatte keinen Erfolg. Der BGH bejahte nach einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Interessen das Interesse des Mieters am Ausschluss der Erhebung und Speicherung seiner Daten. Demgegenüber müssten die Interessen der Vermieterin zurücktreten, weil zur Zweckerreichung mildere Mittel zur Verfügung standen. Die von der Mieterin verlangte Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts wurde vom BGH jedoch abgelehnt, da die Überwachungsmaßnahmen nicht ohne sachlichen Grund und lediglich fahrlässig veranlasst worden sein (BGH, Urteil v. 12.03.2024, VI ZR 1370/20).
Kalte Dusche für Vermieterin - Fristlose Kündigung
Der Vermieter kann dem Mieter fristlos kündigen, wenn dieser anlässlich eines Streits einen Eimer Wasser aus dem Fenster schüttet und dabei in Kauf nimmt, dass der unter dem Fenster stehende Vermieter dabei getroffen wird. Dies hat das AG Hanau entschieden. Der Vermieter kann das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos d.h. ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls insbes. eines Verschuldens des Mieters und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund liegt auch dann vor, wenn der Mieter den Hausfrieden nachhaltig stört (§§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB). In dem vom AG Hanau entschiedenen Fall war unstreitig, dass die Mieterin an zwei Tagen hintereinander jeweils einen mit Wasser gefüllten Eimer aus dem Fenster in den Hof schüttete, als sich die Vermieterin im Hof befand. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung eines Zeugen stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Mieterin die Vermieterin mit den Wassergüssen getroffen und gänzlich durchnässt hat. Daraufhin hatte die Vermieterin den Mietvertrag fristlos gekündigt. Die Mieterin räumte zwar ein, Wasser aus dem Fenster gegossen zu haben, um die Vermieterin daran zu hindern, ihr Fahrrad woanders hinzustellen; getroffen habe sie die Vermieterin mit dem Wasserschwall allerdings nicht – jedenfalls nicht absichtlich. Dagegen bestätigte der Zeuge, dass er die Vermieterin an beiden Tagen „klatschnass wie bei der Ice-Bucket-Challenge“ im Hof angetroffen hat, auch wenn er keinen der Schüttvorgänge mit eigenen Augen gesehen hat. Zudem erinnerte sich der Zeuge, die Mieterin direkt nach dem ersten Vorfall am Fenster stehend gesehen und von ihr vernommen zu haben, sie „würde es wieder tun“. Nach Auffassung des Gerichts begründet bereits das Schütten eines Eimer Wassers aus dem Fenster in den Hof eines vermieteten Gebäudes an sich ein vertragswidriges Verhalten, das den Hausfrieden stört und die gegenseitige Rücksichtnahmepflicht nachhaltig verletzt. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses ist daher unzumutbar, da es sich nicht um eine Bagatelle oder um ein lediglich unhöfliches Verhalten handelt, sondern um einen auch strafrechtlich relevanten Sachverhalt. Eine Kündigung ist daher selbst dann gerechtfertigt, wenn die Mieterin keine Absicht gehabt habe, die Vermieterin zu treffen, sondern dies nur in Kauf genommen hat. Dies ist nach Überzeugung des Gerichts der Fall gewesen. Daher war auch keine vorherige Abmahnung notwendig. Dementsprechend hatte die Mieterin auch die Kosten des Räumungsprozesses zu tragen (AG Hanau, Beschluss v. 19.02.2024, 34 C 92/23, WuM 2024, S. 398).
Kündigung - Auch zu falschem Termin wirksam
In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass ein Kündigungsschreiben z.B. eine ordentliche Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarfs einen unzutreffenden z.B. einen zu frühen Kündigungstermin enthält oder ein Kündigungstermin im Kündigungsschreiben überhaupt nicht genannt ist. Dazu hat der BGH jetzt in einem neuen Urteil entschieden, dass zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen einer (ordentlichen) Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses nicht die Angabe der Kündigungsfrist bzw. des Kündigungstermins gehört. Ergibt die Auslegung der Kündigungserklärung des Vermieters nach dem objektiven Empfängerhorizont (§ 133, 157 BGB), dass der Vermieter ordentlich und unter Einhaltung einer Frist kündigen will, entspricht es regelmäßig seinem erkennbaren (hypothetischen) Willen, dass die Kündigung das Mietverhältnis mit Ablauf der (gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten) Kündigungsfrist zum nächsten zulässigen Termin beendet. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter in der Kündigung einen zu frühen Kündigungstermin angibt, sofern sein (unbedingter) Wille erkennbar ist, das Mietverhältnis auf jeden Fall zu beenden (BGH v. 10.04.2024, VIII ZR 286/22, NJW-RR 2024, S. 692).
Beschädigung durch Notarzteinsatz - Vermieter muss zahlen
Wird eine Wohnungseingangstür bei einem Notarzt- oder Feuerwehreinsatz beschädigt oder zerstört, damit sich das Rettungspersonal Zutritt zu der Wohnung verschaffen konnte, hat nach einem neuen Urteil grundsätzlich der Vermieter für eine Instandsetzung oder einen Austausch der Türe zu sorgen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schaden Folge einer Pflichtverletzung des Mieters war. Der Vermieter ist verpflichtet, die Mietsache während der Dauer des Mietverhältnisses in vertragsgemäßem Zustand zu erhalten d.h. alle dafür notwendigen Reparaturen und Erneuerungen auf seine Kosten vorzunehmen. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Mieter den Schaden an der Mietsache verschuldet hat. Dann ist der Mieter zum Ersatz des Schadens verpflichtet. In der vorliegenden Streitsache kam es infolge einer Erkrankung der Mieterin zu einem Einsatz von Notarzt und Feuerwehr. Da die Mieterin die Wohnungstür nicht öffnete, wurde diese von der Feuerwehr aufgebrochen und dabei zerstört. Die Mieterin behauptete, sie sei aufgrund einer plötzlichen und schweren Erkrankung nicht mehr in der Lage gewesen, dem Notarzt die Wohnungstür zu öffnen. Der Vermieter behauptet, eine Zerstörung der Wohnungstür sei zur zwangsweisen Öffnung nicht erforderlich gewesen. Es hätte genügt, den Glaseinsatz einzuschlagen. Ferner sei nicht nachvollziehbar, warum die herbeigerufene Feuerwehr die Wohnungstür nicht mit dem für Notfälle hinterlegten Generalschlüssel geöffnet habe. Das Gericht betonte, dass eine Leistungsfreiheit des Vermieters allenfalls dann gegeben gewesen wäre, wenn die Tür infolge einer von der Mieterin zu vertretenden Verletzung mietvertraglicher Pflichten beschädigt oder zerstört worden wäre. Hiervon ging das Gericht aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht aus. Danach stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich die Mieterin zum Zeitpunkt der gewaltsamen Türöffnung in einer Notsituation befand und nicht mehr in der Lage war, die Tür selbst zu öffnen. Der Feuerwehrmann gab bei seiner Vernehmung als Zeuge an, dass die Mieterin beim Eintreffen der Feuerwehr auf Klingeln und Klopfen nicht reagiert habe. Gleichzeitig sei ihm vom Nachbar mitgeteilt worden, dass die Mieterin zuvor um Hilfe gerufen habe. Aus Sicht der Einsatzkräfte sei daher Eile geboten gewesen und die Tür geöffnet worden. Da es sich um eine Sicherheitstür mit diversen Einbruchsicherungen gehandelt habe, sei eine Öffnung letztlich nur mit einer Säbelsäge möglich gewesen. Dies habe zur vollständigen Zerstörung der Tür geführt. Während der Öffnung der Tür sei die Mieterin blutend im Badezimmer liegend gesehen worden. Ein Generalschlüssel sei zu diesem Zeitpunkt nicht vor Ort gewesen. Damit stand für das Gericht fest, dass die Mieterin nicht mehr in der Lage war, die Tür selbstständig zu öffnen und die gewaltsame Öffnung daher nicht verschuldet hat. Ein plötzlicher gesundheitlicher Notfall stelle keine Verletzung der Obhutspflicht des Mieters dar. Daher war der Vermieter aufgrund seiner gesetzlichen Instandhaltungspflicht zur Erneuerung der Wohnungseingangstüre auf seine Kosten verpflichtet (AG Hildburghausen, Urteil v. 22.05.2024, 21 C 133/23, WuM 2024, S. 383).
Eigenbedarf - Wer zählt zu den Familienangehörigen?
Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs setzt voraus, dass der Vermieter die vermieteten Räume als Wohnung für sich oder seine Haushaltsoder Familienangehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Strittig und von den Mietgerichten unterschiedlich entschieden war bislang die Frage, wer zu den Familienangehörigen zählt. Nach zahlreichen amts- und landgerichtlichen Entscheidungen zählen dazu nicht nur Verwandte in gerader Linie (Kinder, Eltern, Großeltern usw.), sondern auch weiter entfernte Verwandte wie z.B. Cousinen und Cousins, wenn ein besonders enger sozialer Kontakt zum Vermieter besteht. Dieser Auffassung ist der BGH in einem neuen Urteil nicht gefolgt. Danach umfasst der Begriff der Familienangehörigen nur Personen, denen das Prozessrecht (§ 383 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 52 Abs. 2 Nr. 2 StPO) ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gewehrt. Ein bestimmter Grad der Verwandtschaft oder eine besondere persönliche Bindung ist nicht erforderlich. Dementsprechend zählen zu den Familienangehörigen die Verwandten in gerader Linie (Kinder, Eltern, Großeltern usw.), Verwandte in der Seitenlinie bis zum 3. Grad (Geschwister, Neffen und Nichten, Tanten und Onkel) sowie Verschwägerte bis zum 2. Grad (Schwiegerkinder und –eltern, Schwager und Schwägerin – nicht aber der sog. „Schwippschwager“; ferner die Ehegatten – selbst dann, wenn sie getrennt leben, ein Scheidungsantrag bereits eingereicht ist oder die Scheidung schon vollzogen wurde (BGH v. 02.09.2020, VIII ZR 35/19, WuM 2020, S. 730). Weiter entfernte Verwandte (z.B. die im 4. Grad verwandten Cousins und Cousinen) zählen (entgegen der Auffassung einiger Mietgerichte) auch dann nicht zu den Familienangehörigen, wenn ein besonders enger sozialer Kontakt besteht. Entscheidend ist nach Auffassung des BGH, für welchen Personenkreis der Gesetzgeber eine typischerweise vorliegende besondere soziale Bindung angenommen hat. Dies trifft auf Personen zu, denen der Gesetzgeber ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gewährt. Daher ist es sachgerecht, diese gesetzgeberischen Wertungen auch für die Familienangehörigen i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB und § 577a Abs. 1a S. 2 BGB heranzuziehen, da diese Privilegierungen ebenfalls in der persönlichen Verbundenheit begründet sind. Auf eine Einzelfallbetrachtung des Näheverhältnisses zwischen Vermieter und begünstigter Person, kommt es nicht an (BGH v. 10.07.2024, VIII ZR 276/23).
Stromdiebstahl - Laden von E-Auto mit Allgemeinstrom nicht immer Kündigungsgrund
Trotz wiederholt unerlaubter Stromentnahme aus einer Allgemeinsteckdose eines Mehrfamilienhauses zum Aufladen eines E-Autos, liegt nach einem neuen Urteil des AG Leverkusen eine zur Kündigung berechtigende Pflichtverletzung des Mieters (noch) nicht vor, wenn der Mieter vor der Kündigung nicht abgemahnt wurde, der Schaden geringfügig (hier: unter 50 €) ist und der Mieter sofort eine Ausgleichszahlung in mehrfacher Höhe des Schadens angeboten hat. Der Vermieter ist zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt, wenn der Mieter durch sein Verhalten den Hausfrieden nachhaltig stört (§§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB). Dies ist der Fall bei Diebstählen innerhalb des Anwesens; auch beim sog. Stromdiebstahl d.h. Entnahme von Strom aus der Leitung eines Mietshauses für die eigene Wohnung (so bereits LG Köln, Urteil v. 17.03.1994, 1 S 251/93, NJW-RR 1994, S. 909). Eine außerordentliche fristlose Kündigung ist ohne vorherige Abmahnung auch gerechtfertigt, wenn der Mieter oder ein Dritter, dessen Verhalten sich der Mieter zurechnen lassen muss, seine Wohnung über ein an die von ihm wieder in Betrieb genommene Baustromversorgung angeschlossenes Kabel mit Strom versorgt. In dem vom AG Leverkusen entschiedenen Fall, hatte der Mieter sein E-Auto, einen sog. Plug-in-Hybrid mehrfach an der Allgemeinsteckdose im Keller aufgeladen. Obwohl der Mieter dies sofort nach Beanstandung durch Bewohner des Hauses unterließ, sich entschuldigte und versprach, das Auto dort nicht mehr zu laden, beharrte der Vermieter auf seiner fristlose Kündigung. Die Klage wurde vom Gericht abgewiesen. Entscheidend war für das Gericht, dass der Mieter sein Fehlverhalten sofort eingestanden und sich entschuldigt hatte, wodurch keine Wiederholungsgefahr bestand und der Hausfrieden durch das Verhalten des Mieters nur in sehr geringfügigem Maße als gestört angesehen werden konnte. Ferner hatte der Mieter zur Wiederherstellung des Hausfriedens eine Wiedergutmachung in mehrfacher Höhe des Schadens angeboten, den das Gericht unter Zugrundelegung der Stromaufnahme des Plug-in-Hybrids und der Anzahl der Ladevorgänge auf unter 50 € schätzte (AG Leverkusen, Urteil v. 17.05.2024, 22 C 157/23).
Vorgetäuschter Eigenbedarf - Hohe Anforderungen an Erstattung von Detektivkosten
Detektivkosten sind in einem Räumungsverfahren nach einer Eigenbedarfskündigung nur dann erstattungsfähig, wenn sie sich, gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien und der Bedeutung des Streitgegenstands in vernünftigen Grenzen halten, prozessbezogen sind und die Einschaltung eines Detektivs zur Klärung des mit der Kündigung geltend gemachten Eigenbedarfs aus Sicht eines vernünftigen Mieters sachgerecht ist, d.h. der Detektiv als Zeuge den Ausgang des Verfahrens beeinflusst hat. Dies hat das LG Berlin entschieden. Der Vermieter kann eine vermietete Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Räume für sich oder seine Familien- oder Haushaltsangehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Kündigt der Vermieter wegen Eigenbedarfs, obwohl ihm bekannt ist, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen, kann dies schwerwiegende Konsequenzen haben u.a. ein strafrechtliches Verfahren wegen Betrugs sowie Schadensersatzansprüche des Mieters. Diese umfassen nach ständiger Rechtsprechung Ersatz aller mit dem Umzug in Zusammenhang stehenden Kosten, Kosten des Maklers für die Anmietung einer Ersatzunterkunft sowie die Mehrkosten (Mietdifferenz) für die Anmietung einer vergleichbaren Wohnung. Ferner Prozesskosten sowie Aufwendungen des Mieters für Detektivkosten zum Zweck der Überprüfung, ob der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter tatsächlich die gekündigte Wohnung bezieht und diese bewohnt. Nach einem neuen Beschluss des LG Berlin sind Detektivkosten – auch wenn die Einschaltung des Detektivs sachgerecht war – nur dann erstattungsfähig, wenn der Mieter den Aufwand durch entsprechende Rechnungsbelege, in denen die erbrachten Leistungen im Einzelnen beschrieben und die hierfür jeweils berechneten Entgelte ausgewiesen werden, nachweisen kann. Die Vorlage einer Vereinbarung über eine Pauschalvergütung reicht nicht aus. In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall konnte der Mieter einen Ermittlungsbericht des Detektivs und der danach aufgegliederten Kostenrechnung nicht vorlegen. Da der Stundenaufwand nicht im Einzelnen nach der jeweils entfalteten Tätigkeit aufgeschlüsselt war, konnte nicht überprüft werden, ob die Kosten in Bezug auf die jeweilige Ermittlungstätigkeit als erforderlich anzusehen sind. Dementsprechend verneinte das Gericht die Erstattungsfähigkeit der Detektivkosten (LG Berlin 18.01.2023, 80 T 489/22, GE 2024, S. 238).
Eigenbedarf - Kündigung auch wegen gewerblicher Nutzung zulässig
Der Vermieter kann eine Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Räume als Wohnung für sich oder seine Familien- oder Haushaltsangehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Danach müssen die vermieteten Räume grundsätzlich zu Wohnzwecken benötigt werden. Ein Benötigen zu anderen z.B. gewerblichen oder beruflichen Zwecken stellt keinen Eigenbedarf dar. Benötigt der Vermieter die Räume nur teilweise für Wohnzwecke, überwiegend aber für gewerbliche bzw. freiberufliche Zwecke (z.B. Architekturbüro), kann der Vermieter die Kündigung zwar nicht auf Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB), aber auf ein allgemein berechtigtes Interesse i.S.d. § 573 Abs. 1 BGB stützen, da der Wunsch des Vermieters, seine Wohnung auch für eigene berufliche Zwecke zu nutzen, im Hinblick auf die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit grundsätzlich zu beachten ist. Durch die Formulierung „insbesondere“ in § 573 Abs. 2 BGB kommt nämlich zum Ausdruck, dass die Aufzählung dort nicht abschließend ist und § 573 Abs. 1 auch dann als Generalklausel anwendbar bleibt, wenn die besonderen Kündigungstatbestände des § 573 Abs. 2 BGB (z.B. Eigenbedarf) nicht vorliegen. Dieses allgemeine berechtigte Interesse des Vermieters ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht geringer zu bewerten als der gesetzlich geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken (so bereits BGH, Urteil v. 26.09.2012, VIII ZR 330/11, WuM 2013, S. 47). Dementsprechend hat der BGH in einem neuen Urteil entschieden, dass es für das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses regelmäßig ausreicht, wenn dem Vermieter ein beachtenswerter bzw. anerkennenswerter Nachteil entstünde, wenn er die Wohnung, nicht nur zu Wohnzwecken, sondern zugleich überwiegend für eine freiberufliche Tätigkeit (hier: Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei) nutzen will und ihm dies verwehrt würde. Nicht erforderlich ist nach Auffassung des BGH, dass die Vorenthaltung der Mieträume für den Vermieter einen noch größeren „gewichtigen“ Nachteil hätte wie es z.B. bei einer Kündigung wegen Hinderung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) erforderlich wäre. Der ernsthafte, auf nachvollziehbare und vernünftige Gründe gestützte Entschluss des Vermieters, die Wohnung zugleich überwiegend freiberuflich zu nutzen, weist nämlich eine größere Nähe zum Eigenbedarf aus als zum Tatbestand einer Verwertungskündigung, bei der strengere Voraussetzungen gelten d.h. ein „gewichtiger“ Nachteil vorliegen müsste (BGH v. 10.04.2024, VIII ZR 286/22, NJW-RR 2024, S. 692).
Kaution – Abrechnung auch noch nach Verjährung ohne Förmelei zulässig
Schadensersatzansprüche des Vermieters z.B. wegen Schäden in der Mietwohnung verjähren in der kurzen gesetzlichen Verjährungsfrist von sechs Monaten nach Rückgabe der Mietsache. Der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution verjährt dagegen erst in drei Jahren. Rechnet der Vermieter über die Kaution später als sechs Monate nach Rückgabe der Mietsache ab, sind seine eventuell bestehenden Gegenansprüche zwar verjährt; allerdings ist gem. § 215 BGB auch die Aufrechnung mit einer verjährten Forderung statthaft, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte. Dies setze aber nach Auffassung zahlreicher Amts- und Langerichte voraus, dass die gegenseitigen Ansprüche gleichartig sind. Diese Gleichartigkeit sei aber nicht gegeben, wenn sich der Vermieter innerhalb der 6-monatigen Verjährungsfrist nicht dazu entschieden hat, dass er anstatt der Naturalrestitution d.h. der Herstellung des ursprünglichen Zustands Geldersatz verlangen will, da auch der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution auf Geld gerichtet ist. Der BGH widersprach in einem neuen Urteil dieser Auffassung. In dem zugrundliegenden Fall stellte der Vermieter nach dem Auszug des Mieters Schäden an der Wohnung u.a. am Parkett fest. Er bezifferte den Schaden auf € 1.175 und zahlte daher die Kaution von € 780 nicht zurück. Der Mieter erhielt die Abrechnung erst mehr als sechs Monate nach seinem Auszug. Amts- und Landgericht gaben dem Mieter Recht, da der Vermieter seine Forderung nicht rechtzeitig gestellt hat. Für die Aufrechnung nach Verjährung sei notwendig, dass die Ansprüche gleichartig sind. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Wenn der Vermieter statt seines Anspruchs gegen den Mieter auf Herstellung des ursprünglichen Zustands d.h. auf Behebung der Schäden Geldersatz verlangen wollte, dann hätte er dies in der 6-monatigen Verjährungsfrist tun müssen. Da die Abrechnung über die Kaution aber erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgte, könne mangels Gleichartigkeit der Ansprüche keine Aufrechnung mit der Kaution erfolgen. Der BGH widersprach dieser Auffassung. Sinn und Zweck der Barkaution ist, dass damit vom Mieter verursachte Schäden reguliert werden können. Die Ausübung der Ersetzungsbefugnis innerhalb der 6-monatigen Verjährungsfrist ist nach Auffassung des BGH „reine Förmelei“. Schließlich erfolgt die Ausübung der Ersetzungsbefugnis durch den Vermieter mit der Abrechnung über die Barkaution, die nicht innerhalb der 6-monatigen Frist erfolgen muss (BGH v. 10.07.2024, VIII ZR 184/23).
Auszug von Mitmieter – Anspruch auf Untervermietung ohne Zuschlag
Im Falle des Auszugs eines von mehreren Mietern haben nach einem neuen Urteil des LG Berlin die in der Wohnung verbleibenden Mieter ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 553 Abs. 1 BGB, den bisher im Innenverhältnis auf den ausgezogenen Mitmieter entfallenden Anteil der Miete durch die Aufnahme eines zahlungspflichtigen Untermieters zu kompensieren, sofern dadurch die Gefahr einer vom ausziehenden Mieter veranlassten Beendigung des gesamten Mietverhältnisses beseitigt oder verringert wird. Gem. § 553 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse hieran besteht. Dies ist der Fall, wenn ihm vernünftige Gründe zur Seite stehen, die seinem Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen (so zuletzt BGH, Urteil v. 27.09.2023, VIII ZR 88/22, GE 2023, S. 1241). In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall begehrten die drei Mieter nach Auszug eines der Mieter von der Vermieterin die Erteilung der Erlaubnis zur teilweisen Gebrauchsüberlassung eines Zimmers der von ihnen gemieteten 3-Zimmerwohnung. Die Vermieterin machte die Erlaubnis u.a. von der Zahlung eines Untermietzuschlags abhängig. Das AG sowie die 67. Kammer des LG Berlin nahmen ein berechtigtes Interesse an der Gestattung der Untervermietung auch ohne Mieterhöhung an. Ein Untermietzuschlag wird ausnahmsweise nur dann bewilligt, wenn wegen einer vermehrten Belastung der Wohnung die Gestattung ohne Ausgleich für den Vermieter unzumutbar ist. Ein Untermietzuschlag (§ 553 Abs. 2 BGB) erfordert eine an sämtlichen Umständen des Einzelfalls ausgerichtete Zumutbarkeitsprüfung. Schematische Wertungen sind wegen des sich aus dem Wortlaut der Norm („Zuzumuten“) und des Ausnahmecharakters der Vorschrift nicht gerechtfertigt. Danach liegen jedenfalls bei der unveränderten Belegung der Wohnung mit drei Personen keine Umstände für eine Unzumutbarkeit für den Vermieter vor (LG Berlin, Urteil v. 09.01.2024, 67 S 184/23, GE 2024, S. 149).
Kettenrauchender Nachbar - 20 % Mietminderung!
Nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Dieser Anspruch betrifft nicht nur den baulichen Zustand der Mietsache, sondern erstreckt sich auch auf andere Aspekte des vertragsgemäßen Gebrauchs wie z.B. auch das Abstellen von Immissionen. In dem vom AG Bremen entschiedenen Fall weist die Wohnung nach Auffassung des Gerichts wegen Immissionen in Form von Zigarettenrauch einen Mangel auf, der ihre Tauglichkeit zu vertragsgemäßem Gebrauch herabsetzt. Der Mieter behauptet, der Nachbar rauche nahezu rund um die Uhr in seiner Wohnung mit der Folge, dass der Zigarettenrauch sowohl durch das Treppenhaus als auch durch die Fenster an der Vorder- und Rückseite des Gebäudes in seine Wohnung hineinzieht. Er leide seit Jahrzehnten ganzjährig unter einer starken Pollen-, Tierhaar- und Hausstauballergie und reagiert auf den ununterbrochen in seine Wohnung ziehenden Zigarettenqualm mit Nieß- und Hustenreiz, Atembeschwerden, Halsreizungen und Kopfschmerzen. Auch die übrigen Hausmitbewohner in der 1. und 2. Etage würden durch den in ihre Wohnung ziehenden Rauch belästigt. Nach Ergebnis der Beweisaufnahme stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass in die Wohnung des Mieters bei geöffneten Fenstern in sämtliche Räume Zigarettenrauch, herrührend aus der Erdgeschosswohnung, eindringt und die Wohnqualität hierdurch erheblich beeinträchtigt ist. Eine Zeugin, deren Wohnung oberhalb der Wohnung des Nachbarn liegt, bekundete, man könne den Rauch eigentlich immer riechen, auch im Hausflur. Man könne nicht lüften, weil auf Dauer das Fenster bei dem Raucher gekippt sei, vor allem im Sommer; dann sei auch häufig die Balkontür offen. Sie habe, um ungestört lüften zu können, schon ihren Schlafrhythmus umgestellt, um nachts Lüften zu können, wenn bei dem Verursacher die Fenster geschlossen seien. Ein solcher erheblicher Mangel begründet nach Auffassung des Gerichts eine Mietminderung um 20 % (AG Bremen, Urteil v. 17.05.2024, 17 C 332/22, WuM 2024, S. 382).
Fristlose Kündigung bei Missachtung von Hausverbot
Der Vermieter kann wegen wiederholter Lärmbelästigungen und Störungen des Hausfriedens einem Besucher des Mieters gegenüber ein Hausverbot wirksam aussprechen. Dessen Missachtung berechtigt nach einem Beschluss des LG Hamburg zur fristlosen Kündigung des Mietvertrags. Laufende und erhebliche Lärmbelästigungen stellen eine Störung des Hausfriedens dar, die den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen kann (§ 543 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach dem der Kündigung des Vermieters zugrundeliegenden unbestrittenen Sachverhalt kam es wiederholt zu erheblichen Belästigungen der Mitmieter des Hauses durch Besucher des Mieters, Streitigkeiten zwischen der Mieterin und ihrem (damaligen) Freund sowie zu zahlreichen Einsätzen von Polizei und Rettungswagen. Das LG Hamburg bestätigte die Auffassung des Amtsgerichts, dass die fristlose Kündigung auch dann wirksam wäre, wenn der Mieterin das Verhalten ihres Freundes nicht hätte zugerechnet werden können. Die Mieterin war der Auffassung, sie könne gar keine Pflichtverletzung durch Unterlassen der Durchsetzung des ausgesprochenen Hausverbots begehen, weil die Vermieterin für ihre Wohnung kein Hausverbot aussprechen könne, da sie als Mieterin das Besitzrecht inne habe und bestimmen dürfe, wer sich in ihrer Wohnung aufhalte. Diese Auffassung verkennt, dass es von diesem i.d.R. zutreffenden Grundsatz eine Ausnahme gibt. Danach kann der Vermieter, wenn der Besucher in der Vergangenheit wiederholt den Hausfrieden in erheblichem Maße gestört hat, sehr wohl ein Hausverbot aussprechen (vgl. Schmidt-Futterer BGB § 535 Rn. 296). Unter Berücksichtigung des vorliegenden Sachverhalts sah das Gericht gegen die Berechtigung des Hausverbots keine durchgreifenden Bedenken. Eine strafrechtliche Verurteilung ist weder für ein Hausverbot noch für eine fristlose Kündigung Voraussetzung. Die fristlose Kündigung war daher wirksam (LG Hamburg, Beschluss v. 09.02.2024, 311 S 89/23, WuM 2024, S. 208).
Mietminderung wegen Legionellen?
Eine Legionellenkonzentration von über 100 KbE/100ml Wasser, aber deutlich unter 3.000 KbE/100ml Wasser rechtfertigt nach Aufhebung eines Duschverbots keine Mietminderung, da in solchen Fällen keine akute Gesundheitsgefahr besteht. Dies hat das AG Dresden entschieden.Ein Mangel der Mietwohnung, durch den der Gebrauchswert der Mietsache nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird, berechtigt den Mieter zu einer Minderung der Miete. Dieses Minderungsrecht des Mieters ist unabhängig von einem Verschulden des Vermieters. Dementsprechend kann auch ein Befall des Trinkwassers mit Legionellen zur Mietminderung berechtigen. In dem vom AG Dresden entschiedenen Fall kündigte der Vermieter wegen Zahlungsverzug mit der Miete. Der Mieter wendete ein, ein Zahlungsverzug liege nicht vor, weil er wegen eines Legionellenbefalls des Trinkwassers zur Minderung der Miete berechtigt gewesen sei. Eine konkrete Gesundheitsgefährdung liege nach seiner Auffassung bereits bei einem Messwert ab 100 KbE (= koloniebildende Einheiten) / 100ml vor. Er sei daher zur Mietminderung von 25 % berechtigt gewesen. Das AG Dresden wies daraufhin, dass bei der Bestimmung, wann ein Mangel i.S.v. § 536 BGB vorliegt, nicht auf die Empfindlichkeiten oder gesundheitlichen Besonderheiten des Mieters abzustellen ist, sondern auf einen Durchschnittsnutzer, dessen gesundheitliche Reaktionen sich im Rahmen des für den Vermieter Erwartbaren halten, sofern ein besonders empfindlicher Mieter nichts Besonderes vereinbart hat. Die Auslegung, bei der auf den Durchschnittsnutzer abzustellen ist, ergibt bei Heranziehung der Handlungsanweisungen in dem Arbeitsblatt W551 des DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfachs), dass bei Überschreitung des technischen Maßnahmewerts von 100 KbE/100ml für den Durchschnittsmieter keine akute Gesundheitsgefährdung besteht. Erst bei einer Überschreitung ab 10.000 KbE/100ml kann von einer möglichen Gesundheitsgefahr ausgegangen werden. Vorliegend wurden ausweislich der Hausmitteilungen über die Legionellenprüfungen Werte zwischen 2.800 KbE/100ml und in der Folgezeit ein Wert von 200 KbE/100ml gemessen. Der Mieter wurde ausweislich der vorgelegten Hausmitteilungen auch hinreichend über die Legionellenprüfungen und deren Ergebnisse informiert. Bei den gemessenen Werten kann daher nicht von einer Gesundheitsgefahr für den Mieter ausgegangen werden. Ein Recht zur Mietminderung bestand somit nicht. Der Vermieter war aufgrund des vorliegenden Zahlungsverzugs zur fristlosen Kündigung berechtigt (AG Dresden 16.02.2023, 143 C 2593/22; so auch AG Langen 27.03.2024, 55 C 72/23, wonach ein in anderen Wohnungen des Hauses festgestellter Legionellenbefall, der noch dazu den Grenzwert von 1.000 KbE/100ml nicht überschreitet, nicht zur Mietminderung berechtigt).
Verwertungskündigung bei 20 % Kaufpreisabschlag
Ein Kaufpreisabschlag von 15 – 20 % bei einem vermieteten Objekt im Vergleich zu einem unvermieteten Objekt stellt nach einem Urteil des AG Dachau einen erheblichen Nachteil dar, der den Vermieter zur Verwertungskündigung berechtigt. Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses d.h. ein Kündigungsgrund liegt vor, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Eine Hinderung der angemessenen wirtschaftlichen Verwertung kann vorliegen, wenn die Tatsache, dass die Wohnung vermietet ist, zu einer erheblichen Reduzierung des Verkehrswertes der Wohnung im Vergleich zu ihrem Wert in unvermietetem Zustand führt. Unterschiedlich beurteilt wird von den Gerichten, wie hoch der Mindererlös sein muss, um eine Kündigung begründen zu können; ferner die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Vermieter dadurch „erhebliche Nachteile“ erleidet. Grundsätzlich stellt die Rechtsprechung extrem hohe Anforderungen an eine Kündigung wegen Hinderung der wirtschaftlichen Verwertung. In dem vom AG Dachau entschiedenen Fall wurde in der Räumungsklage des Vermieters vorgetragen, dass er bei Fortbestehen des Mietverhältnisses einen erheblichen Kaufpreisabschlag von mehr als 20 % hinnehmen müsse und zudem einen weiteren Verlust erleide, da er durch das Mietverhältnis an der Nutzung einer bestehenden Baugenehmigung für einen Neubau im Garten des Hauses gehindert wird. Nach Auffassung des Gerichts liegt ein erheblicher Nachteil i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB vor, wenn die Grenze von 15 – 20 % Mindererlös überschritten wird. Bei einer Überschreitung der 20 %-Grenze spielt es für die Beurteilung eines „erheblichen Nachteils“ für den Vermieter auch keine Rolle mehr, in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen sich der Vermieter ansonsten befindet. Nachdem der vom Gericht beauftragte Sachverständige einen Mindererlös von 26,7 % infolge der Vermietung festgestellt hatte, gab das Gericht der Räumungsklage statt (AG Dachau, Urteil v. 10.05.2024, 4 C 240/22, GE 2024, S. 697).
Mietpreisbremse - Vermieter muss Vormiete nicht prüfen
Nach den Bestimmungen der sog. Mietpreisbremse darf die bei Neuabschluss eines Wohnungsmietvertrages vereinbarte Miete nicht um mehr als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete d.h. i.d.R. der Mietspiegelmiete liegen. Eine Ausnahme liegt u.a. dann vor, wenn bereits im vorangegangenen Mietverhältnis eine höhere Miete vereinbart war. In diesem Fall darf der Vermieter diese Miete bei Neuabschluss auch dann verlangen, wenn sie mehr als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Allerdings muss der Vermieter den Mieter über den konkret von ihm in Anspruch genommenen Ausnahmetatbestand Auskunft erteilen d.h. den Mieter spätestens durch eine entsprechende Formulierung im Mietvertrag darüber informieren, dass die Miete mehr als 10 % über der ortsüblichen Miete liegt und dies gem. § 556g BGB zulässig ist, weil die Vormiete (Miete ein Jahr vor Beendigung des Vormietverhältnisses) bereits so hoch war wie die nunmehr verlangte Miete. Geschuldete Vormiete ist bei einem Vormietverhältnis, das ebenfalls bereits der Mietpreisbremse unterlag, die Miete, die nach diesen Vorschriften zulässig war. War die ursprünglich vereinbarte Vormiete unzulässig überhöht, ist als geschuldete Vormiete die auf die zulässige Höhe reduzierte Miete anzusehen (BGH, Urteil v. 19.07.2023, VIII ZR 229/22, NJW-RR 2023, S. 1246). Will sich der Vermieter auf die höhere Vormiete berufen, genügt es nach einem neuen Urteil des BGH, wenn der Vermieter dem Mieter die Höhe der mit dem Vormieter vertraglich vereinbarten Vormiete z.B. im Mietvertrag mitteilt (siehe § 4 Abs. 1 des Formularmietvertrags für Wohnraum des Haus- und Grundbesitzervereins München und Umgebung e.V.). Eine Verpflichtung des Vermieters, nicht nur diese ihm ohne Weiteres bekannte, vertraglich vereinbarte Vormiete anzugeben, sondern diese auch auf ihre Zulässigkeit nach den Regeln der §§ 556d ff BGB zu überprüfen, und nur die hiernach zulässige Miete mitzuteilen, besteht grundsätzlich nicht (BGH, Urteil v. 29.11.2023, VIII ZR 75/23, ZMR 2024, S. 372).
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