"Wer ein Mietshaus erbt, das 10 Millionen wert ist, der kann doch locker 2 Millionen Erbschaftsteuer zahle", solche und ähnliche Argumente bekommt man bei Diskussionen über die Erbschaftsteuer regelmäßig zu hören; begleitet von Ausführungen über den – wie immer betont wird - "leistungslosen" Erwerb des Erben, den der Staat mit einer möglichst hohen Erbschaftsteuer abschöpfen muss. Die Gegenfrage, was denn der Staat dafür geleistet hat - schließlich ist das Erbe nur der Rest dessen, was nach lebenslanger Zahlung von zahlreichen und immer höher werdenden Steuern, Gebühren, Sozialabgaben etc. noch übrig ist - bleibt meist unbeantwortet wie auch die Frage, was denn diejenigen dafür geleistet haben, an die der Staat die Einnahmen weitergeben will.
Fakt ist: Solche Neiddiskussionen helfen nicht weiter - weder Eigentümern noch Mietern, die ebenfalls betroffen sind; nämlich dann, wenn das Mietshaus - was immer häufiger der Fall ist - verkauft werden muss, weil die Erben die exorbitant gestiegene Erbschaftsteuer mit den Mieteinnahmen nicht finanzieren können. Beispiel aus der Praxis: Ein Mietshaus in der Maxvorstadt mit 15 Wohnungen, Grundstück ca. 600 m² und einer Gesamtwohnfläche von ca. 1.000 m² wurde vor 20 Jahren an den im letzten Jahr verstorbenen Eigentümer vererbt. Erbschaftsteuer damals: € 380.000 (19% aus dem damaligen Steuerwert von € 2.000.000). Nach dem Tod des Eigentümers im letzten Jahr wurde die vom Erben (Sohn) zu zahlende Erbschaftsteuer auf € 2.300.000 (23% aus heutigem Steuerwert von 10.000.000) festgesetzt. Steigerung: 600%. Die Steigerung der Mieten, aus denen die Erbschaftsteuer finanziert werden muss, betrug in den letzten 20 Jahren lediglich ca. 40% (von € 10/m² im Jahr 2004 auf derzeit durchschnittlich € 14/m²). Die Folge: Vor 20 Jahren konnte die Erbschaftsteuer mit den Mieten noch finanziert werden. Das Haus konnte gehalten werden. Nach dem Erbfall im letzten Jahr können mit den derzeitigen Mieten nicht einmal die Zinsen für ein entsprechendes Darlehen gezahlt werden; geschweige denn die Tilgung. Fraglich ist ferner, ob der Erbe, der jetzt knapp 60 Jahre alt ist, ein Darlehen in Höhe der Erbschaftsteuer überhaupt noch bekommt.
Gewerbliche Investoren haben ihr Interesse am Kauf des Hauses bereits bekundet. Für die Mieter bedeutet dies, dass dann regelmäßig „ein anderer Wind im Haus weht“. Während die alteingesessenen Hauseigentümer ganz überwiegend nach dem Grundsatz „leben und leben lassen„ handeln d.h. Mieterhöhungsspielräume nicht ausschöpfen oder einem Mieter auch mal die Miete stunden, wenn er in vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten ist, zählt beim gewerblichen Investor, der ja auch seinen Anlegern Rechenschaft und Rendite schuldig ist, nur eines: Die Kasse muss stimmen. Da werden dann die Mieten bis zum letzten Cent erhöht und Mieter auch mal hinaus modernisiert. Dann folgt der große Katzenjammer bei Politikern und Medien - aber niemand fragt, warum es überhaupt so weit gekommen ist; warum das Mietshaus, das seit Generationen in Familienbesitz ist, plötzlich verkauft wird. Mit unseren Vorschlägen und Forderungen zur Lösung dieser Problematik stoßen wir regelmäßig auf breite Zustimmung in der Bevölkerung; aus gutem Grund auch bei den Mieterverbänden.
Aber was hat sich in der Politik trotz der breiten Zustimmung bisher getan: Nichts! Dieses Nichtstun ist ein Spiel mit dem Feuer. Immer mehr alteingesessene private, soziale Vermieter sind „angefressen“: Von einer zunehmenden Schieflage in Gesetzgebung und Rechtsprechung zu Lasten der Eigentümer und Vermieter verbunden mit einem überbordenden Formalismus und Bürokratismus; und nicht zuletzt vom Damoklesschwert der energetischen Sanierungspflicht, das über jedem Mietshaus hängt. Da kann die Erbschaftsteuer, wenn sich hier nicht bald etwas grundlegend ändert, das K.O.-Kriterium für den privaten Hausbesitz sein. Und das wäre in jedem Einzelfall eine Katastrophe nicht nur für den betroffenen Eigentümer; sondern auch für dessen Mieter. Daher werden wir von Haus + Grund München bei diesem Thema nicht locker lassen und u.a. mit der Veranstaltung "ImmoFokus" im Münchner Literaturhaus, über die wir in der nächsten Ausgabe der Bayerischen Hausbesitzerzeitung auch ausführlich berichten werden, wiederum versuchen, nicht nur unsere Gäste, sondern auch Politiker und Medien über die Folgen auch für die Mieter aufzuklären, wenn private Vermieter vom Wohnungsmarkt verdrängt werden.
Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender Haus + Grund München
Mehr Informationen und interessante Urteile unter www.immostar.de/recht
Kommentar schreiben