
Gemäß einer Beschlussvorlage der Münchner Stadtkämmerei soll der Münchner Stadtrat eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes von derzeit 535% auf 824% beschließen, damit die sog. Aufkommensneutralität gewahrt bleibt. Dies ist zweifelhaft und wird von der Stadt selbst mit dem angesprochenen „Risikopuffer“ relativiert. Dieser Risikopuffer ist wohl sehr großzügig bemessen. Über ein höheres Grundsteueraufkommen soll offensichtlich versucht werden, den maroden Stadthaushalt zu sanieren - zu Lasten der Eigentümer, aber auch der Mieter, auf die die Grundsteuer i.d.R. als Betriebskosten umgelegt wird.
Die Schuld für dadurch eintretende Grundsteuererhöhungen schiebt die Stadt auf das Flächenmodell des Freistaates Bayern. Dies ist unseriös und parteipolitisch bedingt. Die Stadt hätte es selbst in der Hand gehabt, durch eine moderate Erhöhung des Hebesatzes Eigentümer und Mieter vor drastischen Erhöhungen zu bewahren.
Flächenmodell schützt Eigentümer und Mieter
Nachvollziehbar ist, dass Städten wie München mit auch in Zukunft steigenden Immobilienwerten ein wertabhängiges Modell - wie in vielen anderen Bundesländern - lieber gewesen wäre. Dann wäre nämlich die Grundsteuer schon aufgrund der Wertsteigerungen Jahr für Jahr weiter gestiegen ohne Zutun der Stadt d.h. ohne Erhöhung des städtischen Hebesatzes. Nicht so beim Flächenmodell des Freistaates, bei dem Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer ausschließlich die Grundstücks- und Wohnflächen sind; nicht aber die Werte. Nachdem die Flächen eines Grundstücks - anders als die Werte – i.d.R. unverändert bleiben, schützt das Flächenmodell Eigentümer und Mieter für die Zukunft vor laufenden Erhöhungen; es sei denn, die Stadt erhöht wiederum ihren Hebesatz.
Grundsteuerbescheide erst ab Januar 2025
Bereits im Jahr 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht die derzeit geltende Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert die Grundsteuer bis spätestens 1.1.2025 neu zu regeln. Bund, Länder und Gemeinden hatten somit über sechs Jahre Zeit. Jetzt, wenige Wochen vor Inkrafttreten der Neuregelung, wissen mehr als 90% aller Haushalte immer noch nicht, wie viel sie ab Januar nächsten Jahres bezahlen müssen. In einer Pressekonferenz Anfang Oktober hat die Münchner Stadtkämmerei verkündet, dass die Bescheide erst „ab Januar 2025“ verschickt werden d.h. erst irgendwann im Laufe des nächsten Jahres werden Münchens Hauseigentümer und Mieter wissen, was sie ab 1. Januar bezahlen müssen. Ein unglaublicher und historisch wohl auch einmaliger Vorgang, der nicht damit entschuldigt werden kann, dass es Bürger in anderen Städten und Gemeinden nicht besser geht. Und wieder Wasser auf die Mühlen derer, die überzeugt sind, dass in unserem Staat immer weniger funktioniert und die ihren Unmut darüber bei den nächsten Wahlen zum Ausdruck bringen werden. Grundsteuer selbst berechnen. Berechnen können die Eigentümer die Höhe der im nächsten Jahr zu zahlenden Grundsteuer selbst, indem sie den Grundsteuermessbetrag zum 01.01.2025, den ihnen das Finanzamt mit dem Grundsteuermessbescheid mitgeteilt hat, mit dem Hebesatz von 824% multiplizieren. Das Ergebnis ist dann die jährliche Grundsteuer. Beispiel: Beträgt der vom Finanzamt mit Grundsteuermessbescheid mitgeteilte Grundsteuermessbetrag zum 01.01.2025 € 101,67, beträgt die jährlich zu zahlende Grundsteuer € 837,76 (€ 101,67 * 824%).
Erlassmöglichkeit
In Fällen, in denen aufgrund des gesetzlich vorgeschriebenen Systemwechsels bei der Grundsteuer eine unangemessen hohe Steuerlast eintritt, kann vom Grundstückseigentümer gem. Art. 8 Bayerisches Grundsteuergesetz ein Antrag auf Erlass der festgesetzten Grundsteuer gestellt werden; z.B. wenn die Lage des zu bewertenden Grundstücks von den in der Gemeinde ortsüblichen Verhältnissen abweicht oder die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes überschritten ist. Der Erlassantrag ist i.d.R. jährlich bis zu dem auf den Erlasszeitraum folgenden 31. März zu stellen.
Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender Haus + Grund München
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