Alles über die Wohnungseigentümerversammlung – Zentrales Organ zur Willensbildung der Wohnungseigentümer

Auf der Eigentümerversammlung einer Wohnungseigentümergemeinschaft werden wichtige Entscheidungen rund um die Immobilie getroffen. Derzeit finden wieder zahlreiche Eigentümerversammlungen statt. HAUS + GRUND MÜNCHEN informiert alle immostar-Leser über die wichtigsten Punkte: Von der Vorbereitung, über Fristen und Rechnungsprüfungen bis zu Beschlussfassungen.

„Die Wohnungseigentümerversammlung ist das oberste Verwaltungsorgan der Wohnungseigentümergemeinschaft. Gemäß §23 WEG werden dort die Angelegenheiten geregelt, über die die Wohnungseigentümer nach dem Gesetz oder nach Vereinbarung der Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können.

 

Vorbereitung der Eigentümerversammlung

 

Bereits im Vorfeld der Einberufung einer Eigentümerversammlung muss ein Verwalter sorgfältige Arbeit leisten. Neben der Beachtung zahlreicher Formalien muss die Eigentümerversammlung inhaltlich gut vorbereitet werden, damit ein reibungsloser Ablauf gewährleistet ist. Zu den Aufgaben des Verwalters im Vorfeld einer Eigentümerversammlung gehört es, den Abschluss der Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan zu fertigen und beides dem Verwaltungsbeirat zur Prüfung vorzulegen.

 

Rechnungsprüfung

 

Die Prüfung der Abrechnungsunterlagen hat regelmäßig in den Geschäftsräumen der Verwaltung stattzufinden, BGH, Urteil vom 11.2.2011, V ZR 66/10. Weder der Verwaltungsbeirat noch ein einzelner Eigentümer hat Anspruch auf Herausgabe der Abrechnungsunterlagen, BayObLG, Beschluss vom 28.1.2003, 2Z BR 140/02. Allerdings können sie sich gegen Kostenerstattung vom Verwalter Kopien anfertigen lassen. Kosten von EUR 0,20 pro Kopie sind nicht unangemessen, Kosten von EUR 0,72 sind dagegen bedenklich, OLG München, Beschluss vom 26.07.2007, 32 Wx 73/07.

 

Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen

 

Auch jeder Wohnungseigentümer kann Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen. Dieses Recht betrifft alle Unterlagen, insbesondere Rechnungen, Bankunterlagen, Angebote, Verträge, etc. Die Eigentümer sind berechtigt, mit ihrem Smartphone die Belege abzufotografieren. Der Anspruch auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen ergibt sich aus dem Gesetz, § 18 Abs. 4 WEG. Er besteht allerdings gegenüber der Eigentümergemeinschaft. Wenn der Verwalter eine Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen nicht zulässt, muss der Wohnungseigentümer daher die Wohnungseigentümergemeinschaft verklagen. Diese Vorgehensweise ist nicht nur sperrig, sondern verursacht der WEG, somit auch dem klagenden Wohnungseigentümer erhebliche Kosten, auch wenn er den Prozess vollständig gewinnt. In der Regel wird der Verwalter aber den Anspruch erfüllen. Auch hier hat die Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen in den Geschäftsräumen der Hausverwaltung nach entsprechender Terminsvereinbarung zu erfolgen. Dies ist sowohl für den Verwalter als auch für den Eigentümer aufwändig. In der Praxis empfiehlt es sich daher, den Verwalter unter Angabe der einzusehenden Unterlagen darum zu bitten, diese per E-Mail als Scan zu übersenden.

 

Die Tagesordnung

 

Die gründliche Ausarbeitung der Tagesordnung gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Verwalters im Vorfeld der Versammlung. Alle relevanten Angelegenheiten, zu denen auf der Eigentümerversammlung Beschlüsse gefasst werden sollen, müssen in der Tagesordnung ausreichend bestimmt angekündigt werden. Welche Punkte der Verwalter in die Tagesordnung aufnimmt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen.

 

Anspruch auf Aufnahme von Tagesordnungspunkten

 

Allerdings kann jeder Eigentümer die Aufnahme von Tagesordnungspunkten verlangen, wenn diese vom Verwalter noch innerhalb der Ladungsfrist aufgenommen werden können und die Behandlung dieser Tagesordnungspunkte ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Jeder Wohnungseigentümer hat das Recht, einen bestimmten Punkt auf die Tagesordnung setzen zu lassen. Dabei entspricht ein Verlangen, dass ein bestimmter Punkt auf der Eigentümerversammlung besprochen wird, ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn Gründe dafür vorliegen, ihn zu erörtern und zum Gegenstand einer Abstimmung zu machen. Es gilt ein großzügiger Maßstab, da die Wohnungseigentümer ihre Angelegenheiten im Wesentlichen in der Eigentümerversammlung regeln und somit im Zweifel jeder Punkt, den ein Wohnungseigentümer selbst für wichtig erachtet, gegebenenfalls kurz erörtert werden muss, LG München I, Beschluss v. 30. 8. 2011, 36 T 6199/11.

 

Formalien

 

In der Einladung sind der Ort, der Tag und die Uhrzeit sowie die Tagesordnung mitzuteilen. Für die Gültigkeit von Beschlüssen ist es erforderlich, dass ihr Gegenstand in der Einladung zur Versammlung ausreichend bezeichnet ist. Anderenfalls kann dieser Mangel eine Beschlussanfechtung begründen. Die Tagesordnungspunkte und die vorgesehenen Beschlüsse müssen so genau bezeichnet werden, dass die Wohnungseigentümer verstehen und überblicken können, was in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert und beschlossen werden soll und welche Auswirkungen der vorgesehene Beschluss insoweit auf die Gemeinschaft und sie selbst hat; eine schlagwortartige Bezeichnung reicht regelmäßig aus, BGH, Urteil vom 13.1.2012, V ZR 129/11und vom 8.5.2015, V ZR 163/14. Die Wohnungseigentümer sollen so vor Überraschungen bewahrt werden und die Möglichkeit haben, sich vorzubereiten. Der Beschlussgegenstand ist umso genauer in der Einladung zu bezeichnen, je größer seine Bedeutung und je geringer der Wissensstand des einzelnen Eigentümers hierzu ist, OLG München, NZM 2006, 934. Über diese Punkte darf der Verwalter im Rahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung nach eigenem Ermessen entscheiden. Gab es in vorangegangenen Eigentümerversammlungen schon eine Vorbefassung und hat kein Eigentümerwechsel stattgefunden, darf die Bezeichnung des Beschlussgegenstands ausnahmsweise auch geringfügiger ausfallen, AG Kassel, Urteil vom 4.12.2014, 800 C 1010/14. Darüber hinaus können den Wohnungseigentümern in der Einladung Berichte, Informationen, Beschlussantragsvorschläge sowie Angebote für Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen übersendet werden, sofern es der Durchführung der Eigentümerversammlung dienlich ist, AG Brühl, Urteil vom 4.6.2012, 23 C 413/11.

 

Übertragung auf den Verwalter

 

Im Hinblick auf eine Erhaltungsmaßnahme soll eine Delegation auf den Verwalter regelmäßig dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn die Wohnungseigentümer selbst die grundlegende Entscheidung über deren Vornahme getroffen haben und der Verwalter nur über die Ausführung im Einzelnen entscheiden soll. Die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses über eine Kompetenzverlagerung auf den Verwalter setzt nicht voraus, dass in dem Beschluss zugleich ausdrücklich ein für den Verwalter verbindlicher Entscheidungsmaßstab vorgegeben wird. Der Verwalter muss bei der Durchführung der Maßnahme aber das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und die Maßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen so durchführen, dass dies dem Interesse der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen gerecht wird, BGH, Urteil vom 05.07.2024, V ZR 241/23.

 

Information der Eigentümer

 

Eine ordnungsmäßige Beschlussfassung kann es erfordern, den Wohnungseigentümern schon in der Einladung zur Eigentümerversammlung Informationen zur Verfügung zu stellen, um ihnen eine inhaltliche Befassung mit dem Beschlussgegenstand und eine ausreichende Vorbereitung auf die Eigentümerversammlung zu ermöglichen. Das kann etwa bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan oder über eine namhafte Sonderumlage für umfangreiche Sanierungsmaßnahmen der Fall sein, vgl. BGH, Urteil vom 13.1.2012, V ZR 129/11. Den Eigentümern ist vor der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung hinreichend Gelegenheit zu geben, sämtliche Abrechnungsunterlagen einzusehen. Es genügt hierzu nicht, dass der Verwalter die entsprechenden Unterlagen lediglich mitführt, ohne die Eigentümer auf deren Vorhandensein und die Einsichtsmöglichkeit hinzuweisen, OLG Köln, Beschluss vom 11.12.2006 – 16 Wx 200/06. Der Verwalter ist nicht berechtigt, die Einsichtnahme in Abrechnungen anderer Eigentümer mit Hinweis auf Datenschutz zu verweigern. Denn eine Abrechnung kann nur geprüft werden, wenn auch die Einsichtnahme in die Abrechnungen anderer Eigentümer möglich ist.

 

Beschlussfassung in der Regel mit einfacher Mehrheit

 

Gemäß § 19 Abs. 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer über eine ordnungsgemäße Verwaltung und Benutzung mehrheitlich. Zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Benutzung gehört die ordnungsgemäße Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Unter den Begriff der Erhaltung fallen nach Vereinheitlichung des Begriffes durch das WEMoG sowohl Instandsetzungsmaßnahmen (Reparaturen), als auch Instandhaltungsmaßnahmen (Wartung/ Pflege), als auch modernisierende Instandsetzungen. Der Wohnungseigentümergemeinschaft steht die Entscheidungskompetenz darüber zu, in welcher Art und Weise Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt werden. Ihr steht dabei ein weitreichendes Ermessen zu, z. B. können die Wohnungseigentümer dem Verwaltungsbeirat oder einem gewählten Bauausschuss durch Mehrheitsbeschluss beratende und vorbereitende Aufgabenbereiche übertragen. Unzulässig ist jedoch die Übertragung der Entscheidungskompetenz über das Ob und Wie einer Instandhaltungsmaßnahme auf lediglich zwei Wohnungseigentümer als Arbeitskreis, OLG Düsseldorf, NZM 2002, 1031. Gleiches gilt für die Übertragung der Beschlusskompetenz auf den Verwaltungsbeirat, ohne dass eine Vereinbarung hierzu vorliegen würde. Solche Beschlüsse sind nicht nichtig, aber anfechtbar.

 

Bestandsaufnahme

 

Eine ordnungsgemäße Verwaltung erfordert vor dem Beschluss über das Ob und das Wie einer Sanierungsmaßnahme eine Bestandsaufnahme über den Umfang der Schäden und deren mögliche Ursachen. Ansonsten kann die Wohnungseigentümergemeinschaft keine sachgerechte Entscheidung treffen. Aufgrund dieser Überlegungen entspricht es auch ordnungsgemäßer Verwaltung, einen Sachverständigen mit den Sanierungsuntersuchungen und der Erstellung eines Sanierungsplans zu beauftragen, wenn sowohl die Ursachenforschung als auch die Entwicklung der Schadensbeseitigung umfassend ist, zum Beispiel bei der Sanierung einer Tiefgarage oder bei größeren Fassadensanierungsarbeiten.

 

Einholung von Vergleichsangeboten

 

Vor der Vergabe eines Auftrages zur Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum ist der Verwalter verpflichtet, mehrere vergleichbare Angebote einzuholen. Kein Wohnungseigentümer kann verpflichtet werden, der Vergabe von Sanierungsarbeiten auf der Grundlage von Konkurrenzangeboten zuzustimmen, die erst noch eingeholt werden müssen, BayObLG, 26.1.1999, NZM 1999, 767. Nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung sind vor der Beschlussfassung mehrere Angebote, in der Regel mindestens drei Konkurrenzangebote, einzuholen, um den Eigentümern einen Überblick über die am Markt erhältlichen Leistungen zu verschaffen und eine Überteuerung zu vermeiden, LG München I, Urteil vom 13.07.2022, 1 S 2338/22 WEG, ZWE 2022, 362. Gerade in den heutigen Zeiten sind Handwerksbetriebe oft überlastet und zeitlich nicht in der Lage oder auch sonst nicht dazu bereit, Angebote gegenüber Wohn ungseigentümergemeinschaften zu erteilen, zumal unter Baufirmen auch bekannt ist, dass sie den Zuschlag nicht zwingend erhalten, sondern das Angebot vor allem dazu dient, dem Verwalter bei den Anforderungen der Rechtsprechung an die Einholung von drei Vergleichsangeboten behilflich zu sein. In Ballungsgebieten, wie in München, fällt es den Verwaltern deshalb häufig schwer, überhaupt mehrere Vergleichsangebote zu bekommen. Nach der zuvor zitierten Entscheidung des LG München I erfordert der Einwand, dass Vergleichsoder Konkurrenzangebote nicht zu erlangen gewesen seien, die konkrete Darlegung und ggf. auch den Beweis, dass der Verwalter ausreichende Anstrengungen unternommen hat, die erforderlichen Konkurrenzangebote zu erhalten. In diesem Fall muss also im Einzelnen dargelegt werden, welche Unternehmen mit welchem Auftrag wann angeschrieben wurden und wie sie auf die Erstellung von Angeboten reagiert haben, insbesondere warum diese abgelehnt wurden. Damit sich die Eigentümer auf die Beschlussfassung vorbereiten können, kann es nach der Rechtsprechung erforderlich sein, dass den Wohnungseigentümern die Angebote innerhalb der Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 WEG vorliegen, BGH, Urteil vom 24.1.2020, V ZR 110/19.

 

Grundlagenbeschluss

 

Die Wohnungseigentümer können den Beschluss über die Sanierung, das heißt über die Frage, ob eine Sanierung durchgeführt wird, isoliert fassen – sogenannter Grundlagenbeschluss. Dabei wird in einem ersten Beschluss geregelt, welche Sanierungsmaßnahme durchgeführt wird. In einem zweiten Schritt wird dann die Auftragsvergabe beschlossen. Diese Vorgehensweise ist für die Praxis empfehlenswert. Zwischen dem ersten Beschluss darüber, ob eine Sanierung überhaupt durchgeführt wird, und dem zweiten Beschluss muss ausreichend Zeit liegen, um entsprechende Vergleichsangebote einzuholen. Diese werden dann in der zweiten Versammlung zur Beschlussfassung über die Auftragsvergabe den Wohnungseigentümern als Entscheidungsgrundlage vorgelegt. Bei einem derartigen Vorgehen kann der zweite Beschluss über die Auftragsvergabe nicht mehr mit der Begründung angefochten werden, dass ein Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf gar nicht bestehen würde.

 

Lohnt sich eine Klage?

 

Für wesentliche Entscheidungen, wie etwa bei größeren Sanierungsmaßnahmen, muss der Verwalter Sorge dafür tragen, dass die Eigentümer bei der Beschlussfassung über eine ausreichende Entscheidungsgrundlage verfügen. Ist dies nicht der Fall, so kann ein entsprechender Eigentümerbeschluss nach § 44 Abs. 1 WEG mit der Beschlussklage (Anfechtungsklage) innerhalb der Monatsfrist beim zuständigen Amtsgericht angegriffen werden. Ein einfaches Schreiben an den Verwalter genügt dazu aber nicht. Wenn ein Eigentümer gegen einen Beschluss vorgehen will, muss er Klage erheben. Zwar besteht für eine Klage, für die das Amtsgericht in erster Instanz zuständig ist, kein Anwaltszwang. Allerdings ist eine solche Klage an strenge Formalien gebunden. Mit der Gesetzesänderung im Jahre 2020 wurde die Rechtslage dahingehend geändert, dass ein klagender Eigentümer über seine Mitgliedschaft in der WEG auch dann an den Kosten des Rechtsstreits beteiligt wird, wenn er den Rechtsstreit vollständig gewinnt. Es muss also vor Klageerhebung gut abgewogen werden, ob man tatsächlich gerichtlich gegen einen Eigentümerbeschluss vorgehen will. Dies gilt umso mehr, als beispielsweise formelle Fehler auch nach Klageerhebung durch einen – diesmal formell korrekten Eigentümerbeschluss – geheilt werden können. In solchen Konstellationen kommt es am Ende oft zum selben Ergebnis, man hat aber dennoch erhebliche Verfahrenskosten produziert. Dies sollte vermieden werden.“

 

Georg Hopfensperger Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet-und Wohnungseigentumsrecht

 

hug-m.de


Kommentar schreiben

Kommentare: 0