Streit um Wohnfläche – Beweissicherung ist zulässig Behauptet der Mieter eine Wohnflächendifferenz, kann er, auch wenn die behauptete Wohnflächendifferenz nur unerheblich ist, Anspruch auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens haben. Dies hat das LG Berlin II entschieden.
Streit um Wohnfläche – Beweissicherung ist zulässig
Ein selbständiges Beweisverfahren, auch Beweissicherung genannt, ist die vorsorgliche Beweisaufnahme vor Beginn eines möglichen Prozesses und dient der Feststellung tatsächlicher Umstände (z.B. Zustand der Mietsache bei Rückgabe für Ersatzansprüche des Vermieters, Mängel von Handwerkerleistungen). Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Beweisverfahrens ist das Vorliegen eines rechtlichen Interesses des Antragstellers. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein Rechtsstreit anhängig oder zu erwarten ist und das zu sichernde Beweismittel darin zumindest möglicherweise „benutzt“ werden kann i.S.v. § 493 ZPO (so LG Chemnitz, Beschluss v. 09.10.2002, 11 T 3719/02, ZMR 2003, S. 116); ferner dann, wenn die Feststellungen der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen können so z.B. wenn gutachterliche Feststellungen zur Höhe einer Mietminderung dazu führen können, auf Grundlage des Gutachtens einvernehmlich einen bestimmten Minderungsbetrag festzulegen (OLG Saarbrücken, Beschluss v. 05.05.2021, 2 W 11/21, MDR 2021, S. 998).
Ferner können Mängel durch ein selbstständiges Beweisverfahren festgestellt und bewertet werden, damit dann in einem anschließenden Rechtsstreit der Umfang der Minderung bestimmt werden kann. Ein selbstständiges Beweisverfahren ist ferner sinnvoll, wenn streitig ist, ob ein Mangel überhaupt vorliegt bzw. wer ihn zu vertreten hat (z.B. bei Feuchtigkeits- und Schimmelschäden). Unzulässig ist ein selbstständiges Beweisverfahren dagegen zur Prüfung der Frage, ob die für eine Wohnung vereinbarte Miete die ortsübliche Miete um mehr als 50% übersteigt, da sich das Beweisverfahren nicht auf die Feststellung des Werts einer Sache richten kann. Unzulässig ist ein Beweisverfahren nach einem neuen Beschluss des BGH auch zum Zwecke der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete i.S.v. § 558 Abs. 2 S. 1 BGB oder zur Feststellung von Wohnwertmerkmalen, mit deren Hilfe Zu- und Abschläge vom Mittelwert der einschlägigen Mietspiegelspanne vorgenommen werden können. Die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens lässt sich weder mit der Ausgestaltung des in den §§ 558 ff BGB geregelten Mieterhöhungsverfahren noch mit den hiermit verfolgten Zwecken vereinbaren. Auch ist die Anordnung eines solchen Beweisverfahrens zur Vermeidung eines Rechtsstreits über eine vom Vermieter begehrte Mieterhöhung nicht erforderlich (BGH, Beschluss v. 15.07.2025, VIII ZB 69/24, NZM 2025, S. 808).
In dem vom LG Berlin II entschiedenen Fall behauptete die Mieterin, die Wohnflä-che ihrer Wohnung sei um ca. 5 m² geringer als im Mietvertrag angegeben und stellte Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab. Das LG Berlin II sah das Rechtsschutzinteresse der Mieterin als gegeben an, weil die Klärung der tatsächlichen Wohnfläche auch zukünftige Rechtsstreitigkeiten um Mieterhöhungen und Nebenkostenabrechnungen vermeiden könne. Allerdings hat die Mieterin keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, da sie kein konkretes streitiges Verfahren aufgezeigt hat, das sie mit Aussicht auf Erfolg auf Grundlage der Feststellungen des Beweisverfahrens hätte anstrengen können. Die Vermieterin war auch nicht verpflichtet, die im Mietvertrag zugrunde gelegte Wohnfläche hinsichtlich der von der Mieterin geäußerten Bedenken zu überprüfen oder zu erklären, dass sie zukünftig bei Abrechnungen und Mieterhöhungen eine geringere Wohnfläche zugrunde legen werde (LG Berlin II, Beschluss v. 30.04.2025, 64 S 85/23, GE 2025, S. 966).
Schimmelbefall – Hinweispflicht des Vermieters nach Fenstererneuerung
Nach dem Einbau neuer, dichtschließender Fenster ist es Sache des Vermieters, die notwendigen Vorkehrungen gegen Feuchtigkeit zu treffen und ggfs. die zur Vermeidung von Schimmelbildung erforderlichen neuen Verhaltensanforderungen zu ermitteln. Der Vermieter muss den Mieter sachgerecht und präzise auf die neuen Anforderungen an dessen Heiz- und Lüftungsverhalten im veränderten Raumklima hinweisen. Dies hat das LG Hamburg entschieden.
Feuchtigkeit in den Räumen entsteht nicht nur in Form von Wasserdampf beim Waschen, Baden oder Duschen, sondern auch durch Pflanzen in der Wohnung sowie durch die Bewohner selbst. Diese Feuchtigkeit schlägt sich nach bauphysikalischen Erkenntnissen über die Bildung von Tauwasserpunkten immer an der kältesten Stelle des Raumes nieder. Nach Einbau von isolierverglasten Fenstern ist diese kälteste Stelle nicht mehr das Fenster, sondern eine Mauer, i.d.R. eine Außenmauer, die jetzt eine schlechtere Wärmeisolierung als die neuen Fenster aufweist. Dies hat zur Folge, dass sich die im Raum entstehende Feuchtigkeit an dieser Mauer niederschlägt und bei unzureichendem Heizen oder Lüften zu Schimmelbildung führt. Die Frage nach der Pflicht des Mieters, im Anschluss an vom Vermieter durchgeführte Maßnahmen (z.B. nach Einbau von dichtschließenden Fenstern), sein Heizungs- und Lüftungsverhalten zu ändern und den jetzt fehlenden natürlichen Luftaustausch durch verstärktes Heizen und Lüften auszugleichen, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.
In einem vom LG Hamburg entschiedenen Fall verlangt die Mieterin vom Vermieter die Beseitigung von Feuchtigkeitsund Schimmelschäden in ihrer Mietwohnung. In dem Berufungsverfahren vor dem LG Hamburg trägt die Mieterin vor, der Sachverständige habe in seinem Gutachten festgestellt, dass die vom Vermieter eingebauten 3-fach isolierten Kunststofffenster gegen die vorher vorhandenen alten zugigen Holzfenster ausgetauscht worden sind. Hierdurch hat sich das Raumklima verändert. Die Mieterin argumentierte, es gehöre zum Risikobereich des Vermieters, wenn sich durch das Auswechseln der Fenster die relative Luftfeuchtigkeit erhöhe und der Taupunkt dadurch auf den Außenwandbereich verlagert werde.
Der Vermieter könne dann vom Mieter kein anderes Heizungs- und Lüftungsverhalten verlangen. Um eine solche Pflicht zu begründen, sei ein sachgerechter präziser Hinweis des Vermieters auf die Anforderungen im veränderten Raumklima erforderlich. Derartige Hinweise sind ihr vom Vermieter unstreitig nicht erteilt worden. Nach den Feststellungen des Gerichts weist die Wohnung im Schlaf-/Arbeitszimmer in der linken Außenwandecke unter der Fensterbank und zwischen Gardinenbrett und Fenster auf einer Fläche von ca. 0,5 m² dunklen punktförmigen Schimmel auf. Im Wohnzimmer ist auf der Tapete und der Fußleiste auf etwa 0,4 m² Schimmelpilzbildung vorhanden. Für das Gericht stand fest, dass diese Schimmelpilzbildungen nicht baubedingt z.B. durch von außen eindringende Feuchtigkeit war. Vielmehr ging das Gericht davon aus, dass ein unzureichendes Lüftungs- und Heizungsverhalten der Mieterin ursächlich für diesen Wandel war. Allerdings trifft nach Auffassung des Gerichts die Mieterin hieran kein Verschulden.
Infolge der Erneuerung der Fenster ist nach den Ausführungen des Sachverständigen eine Veränderung hinsichtlich des erforderlichen Heizungs- und Lüftungsverhalten eingetreten. Im Gutachten ist ausgeführt, dass die neu eingebauten Fensterelemente mit Isolierverglasung und Falzdichtungen gegenüber den in der Bauzeit häufig verwendeten Einfachfenstern zwar eine deutlich geringere Neigung zu einem Beschlagen aufweisen.
Allerdings wird dadurch die bewohnerunabhängige Grundlüftung bei geschlossenen Fenstern reduziert im Gegensatz zu den zugigen Fenstern älterer Bauart. Durch eine übliche gründliche und regelmäßige Stoßlüftung zweimal täglich von ca. 8 bis 15 Minuten kann aber die in den Räu-men entstandene Feuchtigkeit abgeführt werden. Ein solches zweimal tägliches Stoßlüften wird von der Rechtsprechung als zumutbar angesehen. Allerdings muss der Vermieter nach dem Einbau neuer dichtschließender Fenster die notwendigen Vorkehrungen gegen Feuchtigkeit treffen und die zur Vermeidung von Schimmelbildung erforderlichen neuen Verhaltensanforderungen ggfs. mit Hilfe eines Architekten oder Handwerkers ermitteln. Diese neuen Verhaltensanforderungen muss der Vermieter dann dem Mieter mitteilen und den Mieter sachgerecht und präzise auf die neueren Anfor-derungen an dessen Heiz- und Lüftungsverhalten im nunmehr veränderten Raumklima hinweisen.
Weißt der Vermieter den Mieter nicht auf den erhöhten Lüftungsbedarf und das entsprechend zu verändernde Lüftungsverhalten hin, insbes. wie oft und wie lange gelüftet werden muss, kann dem Mieter die Entstehung von Feuchtigkeitsschäden grundsätzlich nicht angelastet werden. Solche Hinweise hat die Mieterin von der Vermieterin unstreitig nicht erhalten, sodass die Mieterin für die entstandenen Feuchtigkeitsund Schimmelschäden nicht verantwortlich gemacht werden kann. Eine davon abweichende Auffassung vertritt das LG Landshut: Danach genügt der Vermieter seinen Hinweispflichten zu einem den Einzelfall angemessenen Lüftungsverhalten seitens des Mieters, wenn er ein „vermehrtes richtiges Lüften“ reklamiert.
Der Vermieter muss nicht mit einem hinreichend konkreten Lüftungskonzept aufwarten, da er angesichts seines Hinweises erwarten darf, der Mieter werde sein Lüftungsverhalten kritisch hinterfragen und dem sozial Üblichen anpassen, d.h. die Räume mindestens zweimal täglich querlüften (LG Landshut, Urteil v. 08.01.2025, 15 S 339/23, NZM 2025, S. 177). Anders ist die Rechtslage, wenn der Austausch der Fenster nicht während des laufenden Mietverhältnisses erfolgt ist, sondern der Mieter die Wohnung bereits mit erneuerten Fenstern bezogen hat. In diesem Fall besteht keine Hinweispflicht des Vermieters (LG Hanau, Beschluss v. 02.06.2023, 2 S 106/22, ZMR 2025, S. 311) (LG Hamburg, Urteil v. 28.02.2025, 316 S 35/24, ZMR 2025. S. 704).

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